Demonstration in Karlsruhe - Wenn Spieler sich wehren [Update: Jetzt mit Video und so]

Herrje, was für eine Schlammschlacht. Nachdem die IFNG der ESL eigentlich am gestrigen Tag in der Technologiehauptstadt Karlsruhe stattfinden sollten, gab es bereits im Vorfeld heftige Kritik seitens der Politik Schrägstrich CDU und Grünen. Nach langem hin und her räumte Turtle Entertainment gemäß dem Motto "Der Klügere gibt nach" das Feld und die Politiker freuten sich. Doch die Spieler da draußen waren entschieden dagegen und so riefen sie die Independent Friday Night Games ins Leben, die unter dem Motto Aktion Jugendkultur eine Demonstration in Karlsruhe arrangierte. Da die Demo gerade einmal einige Meter von meinem Arbeitsplatz entfernt war, nutzte ich natürlich die Chance und stürzte mich ebenfalls ins Demogetümmel...









Doch was erwartet man persönlich von einer Demo für Spiele, E-Sports und IFNG? Meine schlimmsten Befürchtungen sahen in etwa so aus, dass eine handvoll Klischee-Gamer sich aufrafft, durch die Karlsruher Straßen zu ziehen und dabei etwas rumzukreischen, wie doof die Idee hinter dem Begriff "Killerspiel" doch ist. Zumindest der Start der Bewegung sah ganz danach aus. Nach der Absage des Intel Friday Night Game in Karlsruhe waren die Kommentarzahlen der offiziellen Ankündigung am bersten. Viele regten sich auf, doch wirklich tun konnte niemand was. Vereinzelt entdeckte ich dann in den Kommentaren einen Link zu einem Blog namens Killerspielschublade.blog.de - ein doofer Titel mit einer zu Beginn extrem hässlichen Seite. "Naja, wieder ein Projekt, welches im Nirvana verschwindet..." dachte ich mir und beachtete die Seite nicht weiter.

Doch als ich die folgenden Tage öfter durch das Netz surfte, stieß ich immer wieder vereinzelt auf eben diese Seite. Erst bei kleinen Blogs angefangen, wurde die Seite auch bald in Regionalzeitungen gelistet, die von der geplanten Demonstration Wind bekommen hatten. Nach einem Relaunch und einer passenden Projektseite namens "Aktion Jugendkultur" rief der Veranstalter Norman 'Scorpion' Schlorke zusammen mit weiteren Engagierten Spielern dann schließlich zum Independent Friday Night Game auf - als Anlehnung an die Intel Friday Night Games. Das Datum war gestern, der 5. Juni - der Tag, an dem auch das ESL Event stattfinden sollte. Die Route ging dabei quer durch Karlsruhe. Vorbei an wichtigen Plätzen (Marktplatz) und Hauptstraßen. Alles natürlich von der Stadt genehmigt - man wollte ja kein Risiko eingehen. So ging es dann auch gestern los, begonnen am Europaplatz auf direktem Weg zum Marktplatz, wo auch die Kundgebung und eine Ansprache über Spiele, Spieler und Spielekiller folgte. Unterstüzung holte man sich hier von Jörg Tauss. Obwohl ich aus Zeitgründen leider die Ansprachen verpasst habe, ließ ich mir sagen, dass die Rede durchaus Hand, Fuß und bissige Kritik zu bieten hatte.

Tetris, Parolen und friedliches Miteinander


Überrascht war ich von der Menge, die mich am Marktplatz erwartete. Obwohl sich "zwischen 500-1500" angekündigt hatten - was ich für sehr optimistisch hielt - fand ich geschätzt knapp 250-300 Leute vor, die bewaffnet mit Bannern, Megafonen und ihrer lauten Stimme durch die Straßen zogen und neugierige Blicke auf sich zogen. Mit Sprüchen wie "Wir sind hier, wir sind laut - weil ihr uns die Spiele klaut" und "E-Sport ist kein Mord" zog der Spielermob durch die Straßen und bewegte auch spontan einige Leute zum mitmachen. Wo wir von den Leuten sprechen. Angenehm überrascht war ich auch von dem bunten Mix an Altersgruppen. Trotz überwiegend jugendlicher Teilnehmer fanden sich auch Familien und ältere Leute unter den Demonstranten. "Spielen kann man in jedem Alter. Damals war es Pong, heute ist es halt dieses Counter. Ding." meinte ein 58-jähriger Mitdemonstrant. "Unser 19-jährigher Sohn hat uns auf dieses Event aufmerksam gemacht. Wir sind extra von Heidelberg hierher gefahren, denn hier ist jeder Kopf wichtig. Und ja, wir spielen auch selbst sehr gerne - auch mit unserem Sohn und auch "Killerspiele". Trotzdem funktioniert unsere Familie besser, wie die mancher Politiker" äußerte sich ein sichtlich motivierter Herr mir gegenüber, bevor die gesamte Truppe, angeführt von den Organisatoren in auffälligen, orangenen Shirts angestachelt durch ein Megafon anfing, die Tetris-Titel Melodie zu singen: "Dim dididim dididim..." - naja, ihr wisst, was ich meine ;-) Großartig war es auf alle Fälle.

Nachwirkungen


So zog der Spielerzug durch die Innenstadt mit dem Ziel der Karlsruher Schwarzwaldhalle. Die Halle, wo auch das IFNG der ESL stattfinden sollte. Auf dem Weg dorthin schlossen sich auch noch einige Personen an. So waren es laut Polizeiberichten bis zu 400 Demonstranten, die durch die Straßen zogen. Angekommen an der Halle gab es noch das obligatorische Dankeschön und noch ein letztes, lautes aufbahren, bevor die Demo ihren friedlichen Ausklang fand. Begeistert waren alle - zwar waren es nur eine hand voll Spieler, aber es war ein erstes Zeichen. Ein Zeichen, dass man die zunehmende Stigmatisierung der Computerspiele nicht weiter stillschweigend hinnehmen möchte. Natürlich wird nun kein Gegner der Spiele bekehrt werden, aber es hat zumindest einmal erste Wellen geschlagen. Wenn schon der Spiegel mal was positives schreibt und eine Jugend-Spiele-Bewegung unterstützt, ist das doch immerhin ein Anfang. Ich hoffe, die Demo war nur ein erster Schritt und wird in Zukunft auch in größeren Städten für Bewegung sorgen. Denn im Endeffekt wollen wir doch nur eines - spielen.

UPDATE:

Na holla! Dank dem lieben mobilemicha gibt es nun auch ein tolles Video von der Demonstration - mit einem wirklich großartigen Soundtrack und tollen Bildern. Ihr könnt es wahlweise bei Youtube beglotzen oder ihr klickt einfach in folgendes Video:




Kommentare & Likes

Deine Meinung ist gefragt.
  • Hardcora
    #1 | 6. Juni 2009 um 15:10 Uhr
    schöner Artikel. Und schade, dass ich gestern keine Zeit hatte, sonst hätte ich mir das auch gern mal angeschaut :]

    Bei der aktuellen politischen Lage gibt es aber sicherlich noch genug Chancen zu gewissen Contra-Demos. Leider.
  • Darius
    #2 | 6. Juni 2009 um 21:12 Uhr
    Schön, das doch ein paar Hundert Leute teilgenommen haben - mal sehen wie der Tenor & das Feedback auf die Aktion ausschauen. Frau Buchwurm düfte ja dezent rotieren und hat bestimmt schon kugelsichere Fenster und Selbstschussanlagen im Garten installiert, wer weiß das den bösen Killerspielern sonst noch einfällt, wenn die sogar schon demonstrieren ...

      
  • Micha
    #3 | 6. Juni 2009 um 21:12 Uhr
    Mittlerweile gibt es auch ein Video bei youtube:

    [youtube.com]
  • Philipp
    #4 | 6. Juni 2009 um 21:58 Uhr
    Danke sehr! TOlles Video - werd ich gleich hochladen  

    //edit: Ist drin. Danke nochmal - und wunderschöner Soundtrack!  
  • Flo aka Skrieger
    #5 | 7. Juni 2009 um 00:42 Uhr
    Toll Aktion Leute Geiles Video
    Hoffe das es den Politikern jetzt ein wenig die Augen geöffnet hat
    aber ich glaube es muss noch mehr solche Aktionen geben in ganz deutschland und wenn es in meiner Nähe ist werde ich natürlich auch mit machen
  • DarkRaziel
    #6 | 7. Juni 2009 um 09:44 Uhr
    Ist eine sehr schöne Aktion, denn wir dürfen uns nicht mehr alles Gefallen lassen von den geldgeilen Politikern, welche Denken mit einen Verbot ist die Ursache verschwunden.

    Denn hält das Gesetzt von der Rauschmittelbetäubung Leute davon Ab dieses Zeug zu konsumieren NEIN.

    Also bringen solche Gesetze rein gar nichts, denn die Leute bzw. in diesem Falle wir Gamer davon ab weiterhin Spiele zu spielen, welche man uns per Gesetz verbieten möchte.

    Solche Demos müssten Bundesweit gemacht werden, damit jeder Gamer auch in der Lage ist daran teil zu nehmen, welcher aus Finanziellen nicht soweit fahren kann.

    Habe das Video auch schon weiter verbreitet um auf das Thema aufmerksam zu machen, denn es geht uns alle an.
  • bloedfish
    #7 | 7. Juni 2009 um 15:18 Uhr
    Jup, sehr schöne Aktion. Hoffe das wird es bald auch in anderen deutschen Städten geben.

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