Deus Ex: Human Revolution - Director's Cut - Review
Zurück in die Zukunft: Deus Ex meistert den Sprung auf die Wii U
Was passiert, wenn der Mensch zur Maschine wird? Wie weit lassen sich organisches Leben und anorganische Technologie verbinden? Und: Wie würde die Gesellschaft auf eine solche (R)Evolution reagieren? Diese Fragen - und mehr - stellte sich Square Enix vor etwas mehr als zwei Jahren, als Deus Ex: Human Revolution für PC, Xbox 360 und PlayStation 3 erschien. Das Spiel kam bei Spielern und Presse sehr gut an und auch finanziell war es ein großer Erfolg. Als dann die Nintendo Wii U angekündigt wurde, merkten die Verantwortlichen wohl schnell: "Hey, das Spiel passt perfekt auf die Plattform und mit dem GamePad lassen sich coole Sachen anstellen! Lasst es uns dort neu auflegen!". Gesagt, getan: Seit einer Weile ist Deus Ex: Human Revolution - Director's Cut erhältlich und ich habe das erweiterte "Quasi-Remake" einem ausführlichen Check unterzogen.
Schleichen wie Sam oder doch lieber Ballern wie Rambo? Ihr habt die Wahl.
Das Fundament bleibt natürlich das gleiche, das Spiel selbst hat sich nur marginal verändert: Noch immer schleicht oder ballert ihr euch mit Adam Jensen durch relativ weitläufige Areale, knipst Gegner entweder in Sam-Fisher-Manier aus dem Hinterhalt aus oder streckt sie á la Rambo im Kugelduell nieder, noch immer lauft ihr außerhalb der Missionen durch eine offene Spielwelt, in der an allen Ecken und Enden interessante Details versteckt sind. Nebenmissionen gibt es wie Sand am Meer und oft erzählen diese sogar eine recht spannende Geschichte, während die Mainquest zahlreiche moralische Fragen rund um Menschlichkeit, Toleranz und Evolution aufwirft. Deus Ex: Human Revolution war schon vor zwei Jahren ein packendes Spiel mit einer starken Story und daran hat sich natürlich bis heute nichts geändert. Gleichzeitig sind aber auch die spielerischen Probleme zum großen Teil gleich geblieben: Während der Stealth-Part meistens ziemlich gut funktioniert und mehrere Lösungswege anbietet, macht Deus Ex als First-Person-Shooter eine denkbar schlechte Figur und spielt sich viel zu hakelig. Das ist leider auch im Director's Cut so, man gewöhnt sich allerdings nach einer Weile dran - trotzdem hätte man an der Mechanik feilen können. Die Zeit und Arbeit sind stattdessen in andere Bereiche geflossen.
Zum Beispiel in die Bosskämpfe, die im Original noch den wohl kräftigsten Kritikpunkt überhaupt darstellten. Vor allem diejenigen, die das ganze Spiel über schleichend verbracht hatten, waren von den Bossfights enttäuscht, die dem Spieler einen Rambo-Lösungsweg aufzwangen. Der Director's Cut hat sich diesem Manko angenommen und nun nicht nur die Areale vergrößert, in denen gekämpft wird, sondern bietet nun auch Schleichern alternative Wege zum Ziel, indem man zum Beispiel Geschütze hackt oder explosive Fässer in die Luft jagt. Straight Right bzw. Square Enix geben auch an, die KI verbessert zu haben - davon merkt man jedoch nicht allzu viel, oft verhalten sich die Feinde immer noch ziemlich blöd. Beispielsweise dann, wenn sie mich in einem Lüftungsschacht sehen und sich allesamt davor versammeln, sodass ich sie mit einem ferngezündeten Sprengsatz entweder im Plenum ausschalten oder einfach durch den anderen Ausgang durch den nun völlig leeren Raum verschwinden kann. Trotzdem macht das Auskundschaften der Möglichkeiten in den großen Umgebungen viel Spaß und so fallen diese kleineren Probleme nicht ganz so schwer ins Gewicht. Erst ab ca. der Mitte der Kampagne fällt die auf Dauer etwas abwechslungsarme Spielmechanik verstärkt auf und sorgt in so manchen öden Missionen leider Gottes für kurze Phasen der Langeweile. Dennoch: Die Story, Spielwelt, Charaktere und das gesamte Weltbild, das Human Revolution inszeniert, sind so packend und glaubwürdig, dass man unbedingt wissen möchte, wie es weitergeht und wie der Plot schlussendlich abgeschlossen wird.
Wii U GamePad, Miiverse, Remote-Play & Co. - so muss eine Portierung aussehen!
Besondere Mühe hat man in die Integration des Wii U GamePad investiert. Und ich muss sagen: Das hat sich richtig gelohnt, denn mit dem GamePad spielt sich Deus Ex noch eine ganze Klasse besser als einem klassischen Controller! Teilweise hat sich das Team von ZombiU inspirieren lassen und so zum Beispiel das Hacken auf den GamePad-Bildschirm verlagert, während das Geschehen in Echtzeit am Fernseher weitergeht. Außerdem wurde nicht nur das gesamte Inventar auf den Touchscreen verschoben, auch der "Skilltree" mit den zahlreichen Augmentationen sowie das Handbuch und so weiter lassen sich nun bequem mit dem Stylus oder dem Finger manövrieren. Sehr angenehm ist auch das Verwalten der Ausrüstung, das ähnlich einem Puzzle funktioniert - per Touch ist das Verschieben und Platzieren der Gegenstände in den einzelnen Slots viel intuitiver als mit Analogstick. Und wie es sich für eine gute Portierung gehört, bietet der Director's Cut - logisch - auch die Option, ohne Fernseher ausschließlich am GamePad gespielt zu werden. Gut eingebunden wurde übrigens auch das Miiverse, über das man Screenshots mit Notizen oder gar Sprachnachrichten weiterleiten kann. Sehr schön!
Inhaltlich verspricht der Titel "Director's Cut" eigentlich, dass es auch neue Story-Fäden oder ähnliches auf die Disc geschafft haben. Das ist leider nicht der Fall, dafür sind aber der DLC "The Missing Link" und satte acht Stunden an Audio-Kommentaren der Entwickler mit an Bord. Und für diejenigen, die Probleme im Spiel haben, gibt es sogar ein komplettes Handbuch, das quasi einer Komplettlösung entspricht - sehr cool und wahrlich sehr praktisch, wenn man mal nicht weiter weiß und die Kollegen im Miiverse nicht helfen wollen. Auch technisch bleibt alles grob beim Alten, viel hat man an Grafik und Sound offensichtlich nicht geändert. Größtenteils sieht Detroit im Jahre 2027 wirklich schick aus, manche Umgebungen allerdings wirken blass und leblos, die eine oder andere Textur veraltet - hier hätte man ruhig noch ein bisschen Make-Up aufsetzen können. Dafür sind Soundtrack und Sprachausgabe wie schon im Original klasse und wer mag, kann auch problemlos auf die englische Tonspur umschalten.
Fazit von Tim:
Wenn es um Portierungen für die Wii U geht, dann ist Straight Right definitiv das richtige Studio dafür! Schon Mass Effect 3 hat das Team aus Australien wunderbar auf die Nintendo-Plattform gebracht, mit Deus Ex: Human Revolution - Director's Cut hat es sein Können erneut bewiesen. Auf der Wii U ist das dritte Deus Ex die wohl beste Version des Spiels: Man hat das GamePad brillant eingebunden, sodass es sich anfühlt, als wäre das Spiel wahrlich dafür geboren und komplett um die Features des Controllers herum designt worden. Schade, dass sich nicht alle Entwickler die Mühe machen, ihr Spiel an das GamePad anzupassen - denn Deus Ex zeigt, wie stark eine gute Two-Screen-Erfahrung das Spielerlebnis aufwerten kann. Inhaltlich und mechanisch bleibt abgesehen davon fast alles beim Alten, der neue Content beläuft sich auf die Integration des DLCs und ein paar nette, aber kaum revolutionäre Audio-Kommentare. Besitzt ihr das Spiel also schon, dann braucht ihr es nicht noch einmal kaufen. Habt ihr Human Revolution aber noch nie gespielt, dann ist die Wii-U-Version die ultimative Fassung - auch wenn sie leider und unverständlicherweise mehr kostet als auf Xbox 360, PS3 und dem PC.
Straight Right zeigt, wie gut eine Portierung auf der Wii U sein kann, wenn man sich wirklich Mühe gibt: Besser spielt sich Deus Ex 3 weder auf dem PC noch Xbox 360 oder PS3. Trotzdem rechtfertigt das nicht den deutlichen Aufpreis zu den anderen Versionen.
- nach wie vor ein tolles Action-Rollenspiel
- freie Wahl zwischen Schleichen und Action
- tolle Story, glaubwürdig inszenierte Welt
- überarbeitete Bosskämpfe, mehr Lösungswege
- vorbildliche Integration des Wii U GamePad
- Miiverse-Einbindung, Off-TV-Play & Hacken
- Soundtrack & Klangkulisse sind fantastisch
- Wii-U-Version: starker Aufpreis zu PS3 & 360
- KI immer noch mit teils enormen Problemen
- Shooter-Mechanik hakelig und relativ schwer
- Abwechslungsarmut ab ca. Mitte der Kampagne
Tim hat Deus Ex: Human Revolution - Director's Cut auf der Nintendo Wii U gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Square Enix zur Verfügung gestellt.
#1 | 13. November 2013 um 18:42 Uhr