Wii Fit U - Review

Bis vor ein paar Jahren bedeuteten Videospiele für manche, dass der entsprechende Gamer faul auf der Couch sitzt, sich nicht bewegt und durch den Genuss von Chips sowie Cola immer dicker wird. Wenn er dann dazu noch eine Brille auf der Nase und ein kariertes Hemd trägt, ist das Klischee perfekt. Mittels Bewegungssensoren, die in allen aktuellen und auch zukünftigen Konsolen-Generationen zum Einsatz kommen, konnte das Wohnzimmer allerdings in eine Muskelbude umfunktioniert werden. Mit großem Erfolg: Nintendos Vorzeige-Fitnessprogramm Wii Fit befindet sich mittlerweile in jedem gut sortierten Wii-Haushalt. Kein Wunder, dass es mit der Wii U eine neue Auflage des altbewährten Systems gibt - spannende Änderungen sowie viele verbrauchte Kalorien inklusive. Das verspricht zumindest die sportlich-aussehende Verpackung.

Am gewohnten Konzept des Fitnessprogrammes hat sich natürlich kaum etwas geändert. Immer noch stehe ich mit einem Handtuch um den Hals vor meinem Fernseher und überlege, welches Trainingsprogramm ich als nächstes angehe. Dabei stehe ich natürlich auf meinem Wii Balance Board und führe die rhythmischen Bewegungen des Stepping-Trainings durch; nur mal so am Rande erwähnt. Irgendwie kann ich dabei am besten denken. Schnell ist dann auch der Plan für die kommenden Wochen festgelegt, schließlich sollen die Kilos runter, bevor der, durch Weihnachts-Süßkram leider unvermeidbare, Winterspeck auf die Hüften kommt. Eine tägliche Rotation aus Yoga, Balance, Muskel, Tanzen und Aerobic; schon sollte alles so laufen, wie geplant. Dabei kann natürlich schnell eine Flaute auftreten, immerhin stehen dabei fast die gleichen Übungen an, wie auch bei den beiden Vorgängerspielen. Eine entsprechende Erklärung ist dabei oftmals überflüssig, schließlich weiß jeder, der die beiden anderen Wii Fit-Games gezockt hat, wie die Übungen durchgeführt werden müssen. Aber da Nintendo mich jedes mal auf’s Neue damit quält, müsst auch ihr leiden: Generell steht das Balance Board im Zentrum der Übungen, da hier, dank der vier Waagen, die Druckempfindlichkeit gemessen wird. Beine rauf oder runter, Schwerpunkt verlegen, Balance halten - es können verschiedene Elemente gemessen werden; nicht nur, wie lange ihr als Palme (eine Yoga-Übung) gerade stehen könnt. Des Weiteren gibt es Übungen, die die Armbewegung per Wiimote messen, wie zum Beispiel die Vergrößerung des Bizeps. Da der Sport natürlich möglichst effektiv ausfallen soll, überwacht ein virtueller Trainer die verschiedenen Lektionen, inklusive ermutigenden Sprüchen bzw. Tipps.


Wii Fit U


Und Eins, Und Zwei, und Drei



Das Prinzip von Wii Fit U hört sich sicherlich auf den ersten Blick albern an. Was soll ein bisschen zappeln vor dem Bildschirm schon ändern? Schummelt man sich durch die Übungen, passiert sicherlich nichts. Doch viele Ärzte haben bereits bei Wii Fit darauf hingewiesen, dass man die allgemeine Gesundheit und das Wohlempfinden durchaus steigern kann. Gleichzeitig bietet die Anwendungen einen guten Einstieg, um auch außerhalb der vier Wände aktiv zu werden. Genau diesen Effekt hat auch wieder der neueste Ableger der Reihe. Es macht einfach einen heiden Spaß, sich nach einem anstrengenden Tag ein bisschen auspowern zu können und dabei zu beobachten, wie die Kalorien schmelzen. Und tatsächlich, nach ein paar Tagen im Training fühle ich mich nicht mehr ganz so schlapp, habe mehr Energie und verschiedene "Ich liege zu viel rum"-Leiden haben sich aufgelöst. Genau das, was ein teurer Vertrag im Fitnessstudio meiner Wahl nicht geschafft hat. Außerdem gibt es ein knuffiges Schweinchen, was sich, je nach trainierter Zeit, im Design ändert, freischaltbare Spielmodi, individuell zu erreichende Ziele, ein Wii Fit-Alter und stetige Tipps, um besser zu werden sowie zahlreiche weitere, kleinere Antriebselemente. Mehr Motivation brauche ich zumindest nicht.

Das Prinzip geht auch jetzt noch auf und kann mich erneut in den Fitnessbann ziehen. Nach nur einer Woche wurde das erste Ziel erreicht, nach einer erneuten Festlegung wird einfach fleißig weitertrainiert. Also alles gut im Sportwunderland? Naja, Enttäuschung kam schon auf, immerhin sind nur 19 Aktivitäten wirklich neu. Sinnvoll sind diese nur zum Teil, da es zwar durchaus nette Ideen gibt, die Umsetzung aber mehr als dürftig ist. Da wäre zum Beispiel "Mii-Suche", bei dem es nur gilt, auf dem Balance Board zu laufen und mit dem GamePad zu "lenken". Richtungseingaben werden vollkommen ungenügend umgesetzt und auch das Steuern mit dem GamePad ist viel zu ungenau, es sei denn, man möchte sich permanent im Kreis drehen. Solche Übungen, die nur darauf ausgelegt sind, stupide geradeaus zu laufen, gibt es genügend. Aber wieso sollte ich das zuhause machen und nicht einfach draußen, wo man nicht mit "Eingabeschwierigkeiten" leben muss? Zwar gab es bereits in den Vorgängerteilen eine solche Übung ("Jogging"), aber auch hier war der Sinn durchaus fragwürdig. Wieso dann mehr in diese Richtung gehen? Ähnlich ärgerlich sind die neuen Tanz-Übungen, bei denen zwar zwei Wiimote Plus zum Einsatz kommen, aber irgendwie auch hier mehr oder weniger auf der Stelle getreten wird. Über neue Step-Schritte hätte ich mich mehr gefreut, auch wenn die Armbewegungen durchaus genau und überzeugend auf dem Bildschirm erscheinen.

Vollkommen deplatziert wirkt zudem das GamePad. Es ist zwar wirklich eine nette Idee, dass ich mich nicht zwischen Sofa und TV quetschen muss, um Sport zu treiben, ansonsten macht die Handhabung aber keinen Spaß. Stetig muss der recht große Controller hochgenommen und abgelegt werden, da er während der Übungen kaum Verwendung findet. Wobei das ein generelles Manko von Wii Fit ist, denn auch beim ersten Spiel nervte es mich gewaltig, stetig zur Fernbedienung zu greifen und sie nur wegzulegen, um eine kurze Übung auszuführen. Entgegen den früheren Videos gibt es zudem recht wenige Aufgaben, die den neuen Controller verwenden. Schade, ich hatte mir wirklich mehr erwartet, als einen weiteren Aufguss von Altbekanntem.


Wii Fit U


Motivationsschub, Motivationsstütze: Miiverse und Fit Meter!?



All diese teilweise bekannten Fehler können aber wirklich ignoriert werden, wenn es um das wahre Highlight von Wii Fit U geht: den sogenannten Fit Meter. Dieses steckt man sich vor dem Verlassen des Hauses an den Gürtel und schon misst es fleissig die zurückgelegte Entfernung in Form von Schritten. Dabei handelt es sich aber keineswegs um einen schnöden Schrittzähler, da, dem Barometer sei Dank, gleichzeitig auch verbrauchte Kalorien und Höhenunterschiede gemessen werden. Wie oft hatte ich früher ein schlechtes Gewissen, wenn ich mal mein Fitnessprogramm "vergessen" habe. Endlich tue ich auch etwas für mich und meinen Körper, indem ich einfach nur zur Uni und zurück laufe. Schließlich können die ermittelten Daten per Infrarotsensor an die Konsole übertragen und im täglichen Sportablauf berücksichtigt werden. Ein nettes Gimmick sind zudem die Wanderstrecken: vorhandene Schritte oder Höhen führten mich an den Gipfel der Pyramiden, die Spitze des Eiffelturms oder haben mich Sydney erkunden lassen. Sicherlich nur ein kleiner Anreiz, aber dank freischaltbaren T-Shirts eine nette Idee. Für rund 19,99 Euro kann der eifrige Sportfreund sowieso nichts falsch machen, gerade wenn der tägliche Ablauf mehr kontrolliert werden soll.

Ein weiteres neues Feature ist natürlich das Miiverse, welchem der Nintendo Wii U eigen ist. Nach dem Beenden einer Übung können die Ergebnisse oder Fotos mit Freunden geteilt werden; dank Community-Funktion ist der Austausch mit Gleichgesinnten sowieso gesichert. Abgesehen vom harten Training lohnt sich immer ein Blick auf die schwitzende Konkurrenz, denn durch das Highscore-Feature können in Wii Fit U (endlich) kleinere Konkurrenzkämpfe ausgetragen werden. Elemente, die eigentlich kaum jemand wirklich benötigt, aber dennoch dazu führen, sich mehr mit dem Programm zu beschäftigen und aktiver zu werden. Ich gehe die 30 bis 60 Minuten pro Tag förmlich auf, wenn ich sehe, dass ich meinen Zielen auf kleinen, aber stetigen Schritten näher komme. Zudem ist es ein gutes Gefühl, wenn Freunde und auch Unbekannte zu den noch so kleinsten Elementen gratulieren, während es im Fitnessstudio doch eher anonym zugeht. Und genau das ist es doch, wenn man seinen Körper etwas rüsten möchte, ohne sich der Öffentlichkeit direkt preiszugeben, oder? Falls doch mal Wettbewerb auf dem Plan steht, lassen sich Freunde und Community-Mitglieder auch "bekämpfen": Ihr habt die Wahl die entsprechenden Highscores zu vergleichen, um so zu sehen an welchen Stellen ihr noch schlechter abschneidet als euer Nachbar.



Fazit von Lenela:

Mit Wii Fit U hat Nintendo bereits bekannte Stärken erneuert und weitere aufgebaut. Die Verknüpfung mit dem Miiverse und die verschiedenen Communitys machen nicht nur Spaß, sondern bauen gerade schüchterne Menschen auf und führen zu einem positiveren Selbstwertgefühl. Das Rad neu erfunden hat Nintendo natürlich nicht, jedoch war dies auch nicht unbedingt notwendig. Dank Fit Meter bekommt das Heimsportlern dennoch eine neue Dimension und erweitertet das „Aktivsein“ auf den gesamten Tag. Fehlen im Endeffekt nur noch die wirklich neuen, umwerfenden Sportarten. Im Yoga-Bereich gibt es deutlich mehr Übungen als die, die Nintendo ins Spiel eingebaut hat. Zudem stellt sich die Frage, wieso das GamePad nicht häufiger Verwendung findet und wieso Übungen aus Wii Fit Plus zugunsten der albernen Tänze gestrichen wurden.

Perfekt ist das „neue“ Abenteuer nicht, aber gerade durch die kostenlose Testversion (für 31 Tage), welche sich durch den Kauf des Fit Meters in eine unbegrenzte Vollversion verwandelt, kann jeder Fitness’ler ohne Bedenken zugreifen. Zumindest wenn ein Balance Board schon vorhanden ist, wenn nicht muss auf das Bundle Mitte Dezember gewartet werden. Mittlerweile trainiere ich schon fast zwei Wochen und entdecke fast täglich neue Elemente, es gibt also eine wahre Menge an spannenden Einstellungen oder kleinen Gameplay-Elementen.

Besonders gut finde ich ...
  • Unterschiedliche Einstellungsmöglichkeiten
  • Community dank Wii Fit Lobby sowie Miiverse
  • Einige neue Übungen
  • Aufpolierte Grafik
  • Fit Meter ist eine tolle Ergänzung
  • Off-TV-Play
  • Eigene Trainingelemente sortieren sowie vorgefertigte Trainings
Nicht so optimal ...
  • Kaum neue Highlights innerhalb der Sportkategorien
  • Viele versteckte Funktionen im Menü
  • GamePad-Einbindung hätte besser sein können
  • Zwei WiiMote Plus für manche Übungen nötig

Lenela hat Wii Fit U auf der Nintendo Wii U gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Nintendo zur Verfügung gestellt.

Wii Fit U - Boxart
  •  
  • Entwickler:Nintendo
  • Publisher:Nintendo
  • Genre:Fitness
  • Plattform:WiiU
  • Release:01.11.2013
    (Retail) 13.12.2013