Scram Kitty and his Buddy on Rails - Review

Erinnert ihr euch noch an WiiWare, Nintendos fehlkonzipiertes Gegenstück zum XBLA Marktplatz und dem PlayStation Store? Nicht? Kein Wunder: In knapp fünf Jahren sind gerade einmal eine Handvoll nennenswerter Titel erschienen. Besser gelaufen ist es da mit dem eShop der Wii U, der von Indie-Entwicklern oft in höchstem Maße gelobt wird. Zu den größten Fans zählt das Entwicklerstudio dakko dakko, das mit Scram Kitty and his Buddy on Rails auch gleich ein exklusives Spiel beigesteuert hat. Scram Kitty hat aber nicht nur einen bizarren Namen und Look. Dahinter verbirgt sich ein wahnwitziger 2D-Shooter auf Schienen, der sich anders anfühlt als alles, was man sonst mit dem Genre in Verbindung bringt. Aber anders ist bekanntlich nicht immer besser.

Scram Kitty and his Buddy on Rails. Das ist ein Name, den man sich auf der Zunge zergehen lassen muss; sowas hört man nicht alle Tage. Und sowas spielt man auch nicht alle Tage, denn wie gerade eben bereits im Teaser angedeutet, ist dieses Spiel anders als seine Genre-Kollegen. Wobei es ja eigentlich schon hier schwierig wird - welches Genre wird mit Scram Kitty denn überhaupt bedient? Den Trailern nach zu urteilen, dürfte das Spiel ein mehr oder weniger klassischer Twin-Stick-Shooter á la Super Stardust sein, nur eben auf Schienen. Das hatte ich jedenfalls erwartet. Doch schon die ersten Minuten im Spiel zeigen: Verkehrter konnte ich kaum liegen. Denn erstens kann man mit keinem der beiden Analog-Sticks schießen. Zweitens spielt das Geballere sowieso nur eine untergeordnete Rolle. Und drittens sind die Levels keine schienengeleiteten Schläuche, sondern offene Areale, in denen zur Erkundung geladen wird. Ein ungewohntes Konzept; und eines, das leider nicht so recht aufgehen will.


Scram Kitty and his Buddy on Rails
Sieht aus wie ein Twin-Stick-Shooter, oder? Doch verkehrter könnte man kaum liegen.


Space Invaders, ein bisschen Mario Galaxy und ganz viel .. ja, was denn?



Die Grundidee klingt zunächst interessant: Man steuert eine Art kleines Raumschiff (den "Buddy on Rails", ihr wisst schon) auf Magnetbahnen durch offene Areale und kann auf Knopfdruck springen, um von einer Magnetbahn auf die nächste zu wechseln - im offenen Raum wirkt dann eine Art Gravitationssystem, das nicht von ungefähr an Super Mario Galaxy erinnert. Springt man also kräftig genug, kann man sich mehrfach um einen kleinen "Planeten" drehen, bevor man irgendwo wieder von der Magnetbahn angezogen wird und landet. Die Physik ist durchdacht, das System eine coole Idee, die Steuerung aber ziemlich gewöhnungsbedürftig. Ein Tutorial gibt es gleich überhaupt nicht, in den ersten vier Übungslevels muss man durch reines Ausprobieren selbst darauf kommen, wie was funktioniert und was das Ziel des Spiels eigentlich ist. Es hätte Scram Kitty beileibe nicht geschadet, wenn ein Tutorial ein wenig Background-Info und Basiswissen vermittelt hätte - so verkommt vor allem die erste Stunde zu einem frustigen Kampf mit der Steuerung. Hat man den Dreh irgendwann mal raus, beginnt Scram Kitty, langsam Spaß zu machen - der Weg bis dorthin dürfte so manchem Spieler aber zu lang sein.

Hat man die vier Übungslevels endlich geschafft, öffnet sich die Levelkarte und man wird einfach ins kalte Wasser geschmissen. Die Levels sind plötzlich extrem groß, eine Übersichtskarte gibt es nicht, und der Schwierigkeitsgrad zieht stark an - so stark, dass man den Frust quasi schon fühlen kann, wenn er sich langsam nach jedem "Wo muss ich hin?", "Was hat mich jetzt wieder getroffen?" und "Wo ist diese verdammte Katze?" heranschleicht. Das Ziel eines jeden Levels ist nämlich ein- und dasselbe: Vier entführte Katzen gilt es zu retten, die in den Arealen versteckt sind, und jede erfordert eine konkrete Herangehensweise. Die eine gibt es für das Erreichen des Zielpunktes, die zweite für das Bezwingen eines Bosses, die dritte für das Sammeln aller (!) goldenen Münzen im Level, und die vierte, die ist eine ganz besondere Qual. Die liegt einfach irgendwo im Level herum und hat man sie sich einmal geschnappt, haut sie an irgendeinen anderen Fleck ab, an dem ihr sie erneut fangen müsst - und das nicht nur ein oder zwei, sondern oft vier bis fünf Mal, und unter permanentem Zeitdruck. Ist der Counter abgelaufen, beginnt das Katz-und-Maus-Spiel (höhö) wieder von vorne. Das macht auf Dauer keinen Spaß, vor allem dann nicht, wenn ausgerechnet die komplexe Steuerung zum größten Hindernis wird.


Scram Kitty and his Buddy on Rails
Scram Kitty kommentiert das Geschehen auf GamePad oder TV - eine Minimap wäre besser gewesen.


Übung macht den Meister



Abermals erschwert wird das Rettungsvorhaben durch die Feindeswellen, die stets auf den armen Buddy on Rails losgehen. Der gute Buddy ist zwar mit einem Arsenal an Waffen gesegnet, seine Standard-Kanone ist allerdings extrem schwach - und außerdem kann sie nur in eine einzige Richtung feuern, nämlich geradewegs nach vorne, und damit wird es verdammt schwierig, diagonal oder seitlich anrückende Gegner zu treffen. Das Resultat sind unglaublich zähe, sehr passive Kämpfe, in denen man die meiste Zeit nicht mit Feuern, sondern mit Ausweichen verbringt - stets in der Hoffnung, endlich den "right Spot" zu finden, um das feindliche Schiff abknallen zu können. Es ist kein uninteressantes Konzept und geht in den verwinkelten Levels mit Gravitations-Einschlag teilweise sehr gut auf, an anderen Stellen aber funktioniert es nur bedingt. Speziell dann, wenn es mächtigen Bossen an den Kragen gehen soll, die einfach mal über zwanzig Treffer einstecken können, zeigen sich die Tücken des Systems überdeutlich. Irgendwann hat man das Kämpfen einfach satt. Besonders blöd ist dann natürlich auch noch, dass die Feinde immer wieder neu spawnen und man die Levels nicht komplett säubern kann.

Trotz dieser heftigen Kritkpunkte ist Scram Kitty aber beileibe kein schlechtes Spiel. Im Gegenteil: Wenn man sich das Können nach vielen Stunden und viel, viel Übung angeeignet hat, dann funktioniert das gesamte Spielprinzip ziemlich gut, und dann macht es richtig Spaß, mit Buddy an den Rails entlangzusausen, sich um Planeten zu drehen und die Kätzchen aus den Fängen der Weltraummäuse zu befreien. Doch der Weg dorthin ist lang, steinig und frustrierend und damit stellt sich das Spiel leider selbst ein Bein. Was vor allem deshalb schade ist, weil überall gute Ideen drinstecken und auch das Design gelungen ist: Dass die titelgebende Scram Kitty das Geschehen wahlweise auf dem GamePad oder dem Fernseher mit witzigen Sprüchen kommentiert, gehört zu einem der Highlights des Spiels, und auch der Sound untermalt die Ereignisse mit elektro-synthetischen Melodien durchaus stimmungsvoll.



Tim

Fazit von Tim:

Schade, dass dakko dakko sich ausgerechnet mit den kleinen Dingen in der Entwicklung verzettelt, denn das Gameplay-Fundament von Scram Kitty ist clever, durchdacht und innovativ. Wirklich: Die Idee mit den Magnetbahnen und dem Gravitationssystem ist großartig und an der reinen Umsetzung scheitert das Spiel nicht. Allerdings ist es ein Unding, ein solch kompliziertes und gleichzeitig auch noch extrem schweres Spiel ohne Tutorial zu veröffentlichen und darauf zu setzen, dass der Spieler schon alles von alleine herausfindet - das sorgt in den ersten Stunden für viel Frust und zehrt unnötig an den Nerven. Ein umfangreiches Tutorial wäre hier absolut Pflicht gewesen. Ebenfalls doof: die immer wiederkehrenden Feinde und das Fehlen einer Minimap. Scram Kitty stellt sich an vielen Stellen leider selbst ein Bein und degradiert sich damit selbst von der Download-Perle zum Durchschnittstitel. So oft wie hier habe ich lange nicht mehr geflucht und die Konsole frustriert abgeschalten. Irgendwann ist es zwar besser geworden, irgendwann begann das Spiel, Spaß zu machen, doch der Weg bis dorthin war entschieden zu lang. Wer eine echte Herausforderung sucht, ist gut bedient - alle anderen sollten lieber auf ein Sonderangebot warten oder absolut frustresistent sein.

Scram Kitty steckt voller guter Ideen, scheitert aber ausgerechnet daran, sich selbst zu präsentieren: Ohne Tutorial dauert der Weg bis hin zum Spielspaß entschieden zu lang.

Besonders gut finde ich ...
  • cooles Magnetbahnen- & Gravitations-Konzept
  • witzige Präsentation mit Moderator Scram Kitty
  • nach Eingewöhnungszeit eingängige Steuerung
  • ziemlich anspruchsvoller Schwierigkeitsgrad
Nicht so optimal ...
  • kein Tutorial, sehr schwieriger Einstieg ins Spiel
  • zähe, passive Kämpfe statt Twin-Stick-Action
  • Katzen immer auf die gleiche Art retten
  • fehlende Minimap sorgt für Übersichtsprobleme

Tim hat Scram Kitty and his Buddy on Rails auf der Nintendo Wii U gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Dakko Dakko zur Verfügung gestellt.

Scram Kitty and his Buddy on Rails - Boxart
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  • Entwickler:Dakko Dakko
  • Publisher:Dakko Dakko
  • Genre:Arcade-Action
  • Plattform:WiiU
  • Release:15.05.2014