Road Not Taken - Review

Falsche Abzweigungen können echt nervig sein: Mal landet man in Polen, statt am italienischen Strand; mal löst man die Aufgabe falsch und kommt nie zu einem Ergebnis und manchmal, ja, da gehen Kinder im stärksten Wintersturm verloren und das, obwohl die Aufsichtsperson nur wenige Schritte nebenan steht. Aber im ganzen Trubel rund um die leckeren Beeren kann das schon mal passieren. Zum Glück gibt es Dich, den Spieler, der im neuesten Rätselspiel Road Not Taken strategisch vorgehen muss, um Kinder zu retten und Geheimnisse aufzudecken.

Entwickler SpryFox ist kein unbeschriebenes Blatt, sondern konnte sich bereits durch die Mobile-Spiele SteamBirds Survival, Pandapoet und Highgrounds einen Namen machen. Der wirkliche Kassenschlager für das Unternehmen ist jedoch ein Puzzlespiel namens TripleTown, bei dem es darum geht, mit drei oder mehr Spielelementen größere Objekte zu erstellen. Zum Beispiel ergeben drei Büsche einen Baum und drei Bäume verwandeln sich in ein Haus. Wieso ich das erzähle? Nun, zum einen ist TripleTown wirklich ein tolles Spiel, zum anderen erinnern verschiedene Spielelemente an Road Not Taken: So gibt es in beiden Titeln mysteriöse Geheimnisse zu entdecken. Geheimnisse, die nicht nur hübsch aussehen, sondern den Spielfluss erheblich beeinflussen. Gleichzeitig ähneln sich beide Grafikstile und es gilt ein unverwechselbares strategisches Vorgehen.

Road Not Taken
Mit ein bisschen Mühe und Zuneigung, enthüllt der Waldhüter sogar sein Antlitz ohne Umhang.


Rechts, Links oder doch lieber in die Schlangengrube?



Bleiben wir doch zu Beginn bei dem angedeuteten Spielvorgehen, welches ja zentral in diesem Spiel (beziehungsweise generell in Videospielen) ist. Ziel von Road Not Taken ist es, in der Rolle eines Waldhüters die Welt der Bewohner in Ordnung zu bringen, denn nach einem heftigen Wintersturm sind diese nämlich im Wald verloren gegangen. So weit, so bekannt. Dabei folgt das Spiel generell einem Rogue-like (History-Fact: benannt nach einem Computerspiel aus dem Jahr 1980) Spielprinzip, welches einen das ein oder andere Mal ganz schön ins Schwitzen bringt. Innerhalb der verschiedenen prozedural generierten Level bewegt sich der Waldhüter anhand eines Rastersystems und versucht die Kinder zu ihren Eltern zu bringen. Klingt einfach, ist es aber spätestens nach dem fünften Jahr und damit entsprechend dem fünften Level nicht mehr. Um wirklich erfolgreich zu sein, müssen Objekte zusammengeführt, miteinander kombiniert (siehe TripleTown) und umsortiert werden. Eine harte Herausforderung, denn während man versucht Kind A zu Mutter A zu bringen, verfolgt einen ein fieser Bienenschwarm und es gilt mit vier Bäumen einen Weg zur nächsten Ebene freizuschalten. Aber immer Vorsicht, dass sich nicht wilde Bestien aus dem Umhergeschubse der Figuren ergeben! Uff. Ganz ähnlich wie Kith, welcher schon für den Preview-Artikel zu Road Not Taken seine Haare raufte, vergingen auch bei mir nur wenige Momente, in denen ich locker-flockig durch die Level lief.

Man muss einfach mit Bedacht vorgehen, jeden Raum genau inspizieren und überlegen, was für eine Errungenschaft benötigt wird. Gleichzeitig gilt es das umfassende Geheimnis-Buch im Auge zu behalten, um mögliche Vorteile zu erarbeiten, während die Gegenstände auf dem Spielfeld von A nach B geschubst werden. Richtig, schubsen, denn in Road Not Taken wird Muskelkraft nur selten benötigt, da man als stattlicher Waldhüter (oder Waldhüterin, wer weiß das schon) über magische Fähigkeiten verfügt. Leider strengt nur jedes Anheben an und auch ein fieser Wintersturm zehrt die Kräfte auf, daher bitte unbedingt einen Blick auf den Energievorrat werfen. Es kommen also ganz schön viele Elemente zusammen, wenn man erfolgreich sein will. Doch zum Glück gibt es Momente, in denen Hilfe nicht fern ist oder in denen das Zurücklassen eines Kindes die sichere Alternative ist. Egal was die Moral dazu sagt: Stirbt man im Level, kann man keine Kinder mehr retten, da das Leben als Waldhüter beendet wird und man selber bei Null anfängt - typisch Rogue-like eben. Dann lieber welche zurücklassen, zum Bürgermeister teleportieren und innerhalb der kommenden Levels weitere verirrte Seelen retten. Logisch, oder?

Road Not Taken
Nur wenn vier Bärenstatuen beieinander stehen, öffnen sich die Türen. Aber da sind richtige Bären im Weg. Und andere Statuen. Und ein Kind - von den sich stets mitbewegenden Wichteln reden wir gar nicht erst. Vorschläge?


Ein sicherer Tod



15 Jahre, 15 Level - das Leben als Waldhüter ist anstrengend, ereignisreich, knifflig und sehr kurz. Daran schuld sind nicht nur die ewigen Versuche im Spiel vorwärts zu kommen, obwohl man vergessen hat am Schrein einen kleinen Checkpoint einzurichten, sondern gleichzeitig die beschränkte Lebensspanne. Egal wie gut man sich anstellt, wie viele Kinder man gerettet hat, nach 15 Level ist die Karriere als Waldhüter vorbei. Da hilft alles Weinen und Speichern nicht. Fies, aber genau das ist der Kick an Road Not Taken: Einmal im Level, muss man spielen und dabei versuchen erfolgreich zu sein. Ist man es nicht, sind nicht nur die Eltern, die Bewohner des Dorfes und der Bürgermeister enttäuscht, sondern man darf ganz am Anfang (Jahr 1) erneut beginnen. Ich hoffe nicht nur ich war frustriert, als ich mit Liebe alles für das perfekte Spiel vorbereitet, zum Schluss meine Energie nicht beachtet hatte und im Wintersturm gestorben bin. Natürlich ohne am Schrein zu beten, denn wer spielt schon mit Sicherheitsleine, vor allem wenn es gilt die Trophäen-Liste zu komplettieren?

Road Not Taken bietet abseits des düsteren Waldes mit all seinen merkwürdigen Bewohnern und komplexen Geheimnissen eine soziale Komponente, die sich ein kleines Stückchen auf die Arbeit als Waldhüter auswirkt. Am Ende jedes erfolgreichen Levels besteht die Möglichkeit das angrenzende Dorf zu erkunden und sich mit den hiesigen Bewohnern zu unterhalten. Diese haben nette Tipps parat, vor allem wenn man ihnen Essen, Geld oder Rohstoffe spendet, welche man unterwegs gefunden oder als Belohnung für das fertige Level bekommen hat. Gleichzeitig stärkt sich dadurch die Beziehung zu ihnen und man kann sogar Partnerschaften eingehen oder mehr über die eigene Identität erfahren. Aber überlegt, wem ihr eure Gefühle schenkt, denn manche Charaktere mögen sich untereinander nicht und de-freunden einen mal schnell. Im Dorf selber lassen sich auch nützliche Tränke kaufen oder im eigenen Haus die Errungenschaften und gesammelten Dinge bestaunen. Lustig dabei: Als neuer Dorfbewohner bekommt man gleich ein zweistöckiges Haus mit gefühlten 20 Räumen spendiert. So sollte es auch im wirklichen Leben laufen.

Road Not Taken
So ein großes Haus... nur für dich allein. Und eine Katze. Und Schätze. Und gefangene Monster.


So ein schöner Wald



Abgesehen vom kniffligen, aber süchtigmachenden Spiel, bietet Road Not Taken einen wunderschönen Grafikstil. Jedes Level, jeder darin enthaltende Bildschirm und jede Ausgabe des eigenen Waldhüters sieht anders aus und kann durch die komplexe Einfachheit der Präsentation überzeugen. Komplexe Einfachheit, was für ein Ausdruck: Zwar sind das Menü, das Interface und die Umgebung schlicht gehalten, die Liebe zum Detail lässt sich aber stark erkennen. Es ist einfach einzigartig, vor allem in 1080p, da die Farben einfach strahlen und die kleinen, aber feinen Effekte für Gänsehaut sorgen. Highlights sind zudem die wenigen Zwischensequenzen, da hier der Charme des Spiels noch deutlicher wird. Abstriche müssen übrigens nicht beim Thema Sound gezogen werden, da alles harmonisch passt, nicht überladen wirkt und sich sehr im Hintergrund hält. Was in diesem Fall wirklich perfekt ist, da alles andere nur unwillkommene Ablenkung wäre. Eine Sprachausgabe gibt es nicht, aber das ist in diesem Fall auch nicht tragisch, würde vielleicht den Zauber des vermeintlich niedlichen Kinderspiels nur ruinieren.

Road Not Taken ist eben soviel mehr als ein reines und x-beliebiges Videospiel: Die Präsentation wirft einen vom Hocker; das Spielprinzip ist leicht, aber dennoch schwer und die Poesie hinter dem Spiel erkennt jeder, der sich das gleichnamige Gedicht von Robert Frost durchliest. Man will einfach, auch wenn es nicht möglich ist, alle Wege gehen, jedes Versteck erkunden, jede Lebensmöglichkeit durchlaufen und vor allem jedes Kind retten. Es macht süchtig.



Fazit von Lenela:

Auch wenn Road Not Taken auf den ersten Blick ein zuckersüßes Spiel für die Jüngeren unter uns ist, sollten die alten Hasen keinen Bogen um den neuesten SpryFox-Titel machen: Ein ausgeklügeltes Puzzle-Spiel mit komplexen Mechaniken treibt schnell den Schweiß in das Gesicht und führt auch ganz gern mal zu frustigen Momenten. Vor allem, wenn das Kind nur zwei Felder von der Mutter entfernt steht, sie sich aber nicht finden. Die technische Umsetzung lässt keine Wünsche offen und 13 Level hört sich vielleicht wenig an, sind aber letztendlich sehr schwer zu erreichen. Aber ich will nicht zu viel verraten, denn am besten schlüpft ihr selber in euer Waldhüterkostüm, versucht Kinder zu retten und lasst euch einfach vom Wintersturm gefangen nehmen - aber bitte wisst dabei immer, welche Straße ihr nehmen sollt.

Besonders gut finde ich ...
  • Komplexes, aber dennoch leicht zu erlernendes Spielprinzip
  • Schwerer, aber nicht zu herausfordernder Schwierigkeitsgrad
  • Einfache Steuerung mit praktischem Menü
  • Unglaublich schöne Präsentation
  • Mit jedem Karrierestart eine neues Leben
Nicht so optimal ...
  • Frust kommt auf, aber nur, wenn man nicht genug nachdenkt
  • Manche Hinweise überlappen sich am Bildschirmrand
  • Ruckler beim Kombinieren von Objekten

Lenela hat Road Not Taken auf der PlayStation 4 gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Spry Fox zur Verfügung gestellt.

Road Not Taken - Boxart
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  • Entwickler:Spry Fox
  • Publisher:Spry Fox
  • Genre:Puzzle-Adventure
  • Plattform:PC, PS4, PSVita
  • Release:06.08.2014
    (PS Vita) 2024