Ori and the Blind Forest - Preview
Der Kleine zwischen den Großen: 30 Minuten im Wald von Nibel
Wenn ihr durch die Kölner Messehallen gelaufen seid, dann kennt ihr das Bild: Überall quetschen sich die großen AAA-Games aneinander, an riesigen Ständen mit deckenhoher Aufmachung - selbst Nintendo ging mit seinem verhältnismäßig reduzierten Stand zwischen Deep Silver und Warner Bros. Entertainment unter. Aber wer die Augen offen hält, der entdeckt hier und da auch mal ein kleines, unscheinbares, aber dafür umso spannenderes Indie-Spiel - so ist es mir mit Ori and the Blind Forest passiert. Auf der E3 hatte mich die Ankündigung schon richtig neugierig gemacht und jetzt konnte ich auf der gamescom erstmals selbst mit Ori durch den sterbenden Wald streifen, Seelen einsammeln und mir einen ersten Eindruck vom potentiellen Download-Juwel verschaffen.
Handhabung und Spieldesign fallen dementsprechend simpel aus: Ori lässt sich per Analogstick oder Digikreuz bequem durch die zweidimensionale Welt bewegen, kann auf Knopfdruck hüpfen und nach dem Einsammeln eines bestimmten Items Gegner angreifen - allerdings nur indirekt über "geworfene Seelen", sodass man doch immer einen gewissen Abstand zu Feinden halten sollte. Im Wesentlichen war das auch schon das gesamte Repertoire, das mir in der Demo zur Verfügung stand, und auch das finale Spiel scheint dem nicht mehr allzu viel hinzuzufügen. Im weiteren Spielverlauf erhält man selbstverständlich immer mehr Fähigkeiten hinzu, die dann das Erschließen neuer Areale ermöglichen. In der Anspielversion erlernte Ori zum Beispiel noch den an Super Meat Boy erinnernden Wandsprung, mit dem man auch senkrechte Wände problemlos erklimmen kann. Die Welt als solche ist theoretisch also schon von Anfang an frei erkundbar, jedoch öffnet sie sich erst dann in ihrer ganzen Fülle, wenn man die entsprechenden Fertigkeiten erlangt hat - ganz so, wie man es eben schon von Super Metroid etc. kennt. Damit einhergehen dürfte wohl oder übel auch das berüchtigte Backtracking; inwiefern das auf Dauer lästig werden könnte, lässt sich anhand des kurzen spielbaren Ausschnitts aber kaum erahnen.
Ori and the Blind Forest gibt sich also spielerisch weit konservativer, als die farbenprächtige, wunderschöne grafische Gestaltung es vermuten ließe. Ob diese Konservativität gut oder schlecht ist, lasse ich mal dahingestellt - vielleicht kommen im späteren Spielverlauf ja noch ein paar interessantere und ungewöhnliche Elemente hinzu. Bislang beliefen sich auch die Puzzles nur auf müdes Verschieben von Steinblöcke und Sammeln von Schlüsseln - da sollte dann doch später noch mehr drin sein, hoffe ich. Zumindest für visuelle Abwechslung ist aber allemal gesorgt. Über weite Strecken ist die Spielwelt, der sterbende Wald von Nibel, zwar unheimlich und düster, aber überall leuchten Objekte in prächtigen Farben auf und der vorsichtige Einsatz mehrerer "Layers" im Level lässt das Ganze sogar angenehm dreidimensional wirken. Vor allem durch die starken Kontraste und die wunderbaren Leuchteffekte von Ori und den Seelen sieht Ori jedenfalls wundervoll aus und da sich daran bis zum Release im Herbst/Winter kaum noch etwas ändern dürfte, können sich alle Besitzer einer Xbox One schon mal auf ein grafisches Kleinod einstellen - für den PC und die Xbox 360 erscheint das Spiel ebenfalls, aber erst etwas später.
Ein bisschen was zu meckern habe ich allerdings trotzdem noch: Das Speichersystem des "Soul Links" hat mir persönlich nicht unbedingt so gut gefallen. Das System funktioniert so, dass man bestimmte Seelen einsammeln muss und nach jeweils drei Stück einen Soul Link freischaltet, mit dem man das Spiel zu einer beliebigen Zeit genau ein Mal speichern kann - stirbt man danach beispielsweise eine halbe Stunde später, ist der gesamte erreichte Fortschritt ab dem Soul Link weg. Das empfinde ich als ein fragwürdiges System, weil nicht immer klar erkennbar ist, wann ein schwieriger Part des Spiels wartet - und wenn man sich den Soul Link extra aufhebt, nur um an der nächsten Stelle zu sterben, dann ist das sicherlich nicht spielspaßfördernd. Auch das Upgraden diverser Fähigkeiten ist nur an diesen Soul Links möglich. Dafür hätte es sicher eine bessere Lösung gegeben, aber warten wir mal ab, wie sich das System in der Vollversion präsentiert. Mit genug Seelen könnte sich das Problem auch relativieren.
Ich hatte in Köln auf jeden Fall meinen Spaß mit der Demo von Ori and the Blind Forest und freue mich schon auf das fertige Spiel, allerdings habe ich meine Erwartungen an das eigentliche Gameplay mal vorsichtig heruntergeschraubt - der Demo nach zu urteilen, gibt sich das Spiel ziemlich konservativ und weit weniger extravagant als zunächst erhofft. Trotzdem bin ich nach wie vor wahnsinnig gespannt auf die Geschichte und die Atmosphäre, und alleine der wunderbaren Inszenierung wegen sollte man sich Oris Abenteuer vormerken. Ori hat nach wie vor das Zeug zum ersten Download-Juwel für die Xbox One.
#1 | 18. August 2014 um 19:03 Uhr
#2 | 20. August 2014 um 14:25 Uhr
#3 | 11. März 2015 um 16:04 Uhr