Mittelerde: Mordors Schatten - Review

Ich gebe zu, die Headline ist nicht sonderlich kreativ, aber doch sehr passend. Vielleicht fehlt noch etwas, vielleicht sowas wie: "Sie zu begeistern, sie alle zu verzaubern". Denn wer denkt, dass Mittelerde: Mordors Schatten nur eine schnöde Verwertung der Markenrechte ist - der hat weit gefehlt. Warner Bros. Interactive haben nicht zuletzt mit den Batman-Spielen von Rocksteady bewiesen, dass man durchaus bereit ist, großartige Videospiele zu produzieren, die den Comic- und Film-Vorlagen nicht nur in jeder Hinsicht ebenbürtig sind, sondern auch vollkommen davon losgelöst begeistern können. Warum Mittelerde: Mordors Schatten trotz aller Copy-Cat-Unkenrufe genau so ein großartiges Spiel geworden ist, das ihr nicht verpassen solltet, erkläre ich euch in meiner Review.

Das Spielejahr 2014 hat wirklich lange gebraucht, um mir einen echten Überraschungshit zu präsentieren. Ausgerechnet das Team von Monolith hat mir nun ein großartiges Spiel vorgelegt, bei dem noch im Vorfeld große Skepsis kursierte. Alles kopiert, vor allem von Assassin's Creed und Batman, das war seinerzeit noch der Vorwurf. Ganz so falsch lagen die Kritiker nicht, doch wie sagt man so schön: "Lieber gut kopiert, als schlecht selbst gemacht!". Und genau hier fängt die Begeisterung für Mittelerde: Mordors Schatten an.


Der Tod ist nicht das Ende



Trotz schwieriger Lizenz-Verhältnisse konnte Monolith Productions bei der Entwicklung regelrecht aus dem Vollen schöpfen. Nicht nur die Filme, sondern auch nahezu alle Buchvorlagen standen den britischen Entwicklern offen. Herausgekommen ist eine Story, die sich irgendwo zwischen Tolkiens "Der Hobbit" und den "Herr der Ringe" Büchern abspielt und ein tolle Geschichte fernab der bekannten Bücher abliefert.

Unsere Spielfigur, der Hauptprotagonist Talion, wachte als Waldläufer jahrhundertelang an der schwarzen Mauer, um das Böse Saurons fernzuhalten. Doch eines Tages konnte auch er der dunklen Macht nicht standhalten und wurde niedergestreckt. Aber nicht nur das: seine ganze Familie verlor bei einem Angriff sein Leben; der Sohn, die Frau, und schließlich Talion selbst haben das Zeitliche gesegnet. Doch der Tod wollte Talion nicht. Der Tod hat sich für eine andere Variante entschieden. Eine, bei der ihr in Form des Waldläufers wiederbelebt werdet und zudem ein Geist Teil von euch wird: Celebrimbor. Wiederbelebt und mit neuer Macht ausgestattet schwört ihr auf Rache! Doch das ist natürlich nicht so einfach. Es gilt einiges aufzuklären und sich mit eurem Geist zu arrangieren, bis ihr euch eurer Rache widmen könnt.


Mittelerde: Mordors Schatten
Große Gegner, kein Problem - Talion kann damit umgehen


Nur ein toter Ork ist ein guter Ork!



Im Mittelpunkt unseres Rachefeldzugs steht das Töten von Orks. Dabei wird neben einfachem Fußvolk auch zwischen Hauptmännern und Häuptlingen unterschieden. Als geniales und eigenständiges System tritt hier "Nemesis" in Kraft - eine Art Spiel-Hirn, das sich merkt welche Orks ihr tötet, wie ihr selbige tötet oder bei welchen ihr wann und wie versagt. All diese Informationen werden gespeichert und im weiteren Spielverlauf verwendet. Da alle Orks mit individuellen Merkmalen ausgestattet sind, die auch für jeden Spieler neu ausgewürfelt werden, bekommt das Ganze eine sehr persönliche Note.

Das funktioniert wunderbar und ist großartig integriert. Wenn mich "Gluk Froschblut" mit den Worten "Ich habe dich bereits getötet, aber ich tue es gerne noch einmal!" begrüßt, wissen wir, dass wir diesem Ork bereits begegnet sind - und seiner Aussage nach versagt haben. Das funktioniert, weil wir nach einer Niederlage nicht wirklich sterben, sondern nur "neu geboren" werden. Hängt ein wenig mit dem Geist zusammen, mit dem wir seit unserem Tod quasi eine Kooperation eingegangen sind. Celebrimbor. Ein Elf, über den wir noch vieles erfahren müssen ...


Mittelerde: Mordors Schatten
Ein ungleiches Duo - Der Geist und der Waldläufer.


Ein Gameplay-Mix aus einem Guss



Im Vorfeld der Veröffentlichung wurde ja bereits vieles kritisiert, zum Beispiel die unverkennbare Ähnlichkeit bei diversen Gameplay-Elementen. Auch wenn Monolith etwaige Klon-Vorwürfe bestritten hat, lässt sich das auch im fertigen Produkt nicht von der Hand weisen. Doch so schlimm ist das alles gar nicht: Ja, das Kampfsystem erinnert stark an das Free-Flow-System aus der Batman Arkham Reihe von Rocksteady, und ja, diese Hüpf- und Klettereinlagen, gepaart mit den zu erobernden Türmen, kennt man sicherlich schon aus Assassin's Creed. Doch Mittelerde: Mordors Schatten ist weitaus mehr als ein Klon. Es ist ein eigenständiges Spiel, das gekonnt bestehende, gut funktionierende Gameplay-Elemente verbindet und ein tolles neues Spielerlebnis kreiert. Genau genommen hat man hier die Formel und Philosophie von Blizzard Entertainment aufgegriffen. Schon der Volksmund sagt: "Gut kopiert ist besser als schlecht selbstgemacht!" - oder so ähnlich.

Mittelerde: Mordors Schatten spielt sich einfach großartig. Die großzügig offene Welt lässt euch die Wahl, ob ihr aktuelle Hauptaufträge, Nebenquests oder einfach nur das Böse ansich verfolgt. Damit könnt ihr 15-20, aber auch über 50 Stunden in der Welt von Mordor verbringen, ohne dass es euch langweilig wird. Die Hauptaufträge bringen natürlich auch die Story voran und werden mit Zwischensequenzen gekürt, aber auch viele Nebenaufträge sind einen Blick wert, da ihr dadurch eure Fertigkeiten verbessern könnt.

Mit Runen verbessert ihr eure drei Hauptwaffen, zwischen denen ihr jederzeit wechseln könnt. Schwert, Dolch oder Bogen - ihr habt die Wahl und je nach Aufrüstung seid ihr mehr oder weniger effektiv unterwegs. Fähigkeiten schalten zudem besondere Combos und Fertigkeiten frei, die ihr mit den jeweiligen Waffen ausführen könnt. Attribute steigern lediglich eure Basiswerte, also zum Beispiel mehr Lebenspunkte oder mehr Elbenpfeile im Köcher. All das kostet "Geld", das ihr durch das Erledigen von Aufgaben erhaltet - insbesondere in den besagten Nebenmissionen.

Hier funktioniert das Spiel also wie ein handelsübliches RPG, bei dem ihr Erfahrungspunkte sammelt und diese dann in die Verbesserung eures Charakters steckt. Neben all den Haupt- und Nebenmissionen bietet euch das Spiel auch eine lustige Beschäftigungsvariante: das Rächen von Freunden. Mit der Zeit schaltet ihr spezielle Aufgaben frei, bei denen ihr den Tod eines Freundes (oder neuerdings auch von Random-Usern) rächen könnt. Dabei müsst ihr den Ork niederstrecken, der selbiges mit eurem Freund getan hat. Durchaus ein amüsantes Feature.


Mittelerde: Mordors Schatten
Mein Schatz!


Ein Hauch von Held



Talion ist der typische Antiheld, mit dem man sich sofort identifiziert und dessen Geschichte man gerne spielen möchte. Die Rache steht dabei meist im Hintergrund, auch wenn sie ständig präsent ist. Vielmehr interessiert uns das "Warum?" und damit verbunden auch die Frage nach "Wer steckt dahinter?" - hinter dem Mord an der Familie, an Talion und seinem Geist-Begleiter.

Mir hat das Ork/Uruk-Metzeln wirklich super Spaß gemacht, vor allem, weil dank des Nemesis-Systems alles irgendwie protokolliert wird. Habe ich viele per Brandbomben ins Jenseits befördert, dann sprechen die Orks darüber: "Steh nicht so nah am Feuer oder halte dich vom Grog fern". Diese dynamische Komponente ist wirklich großartig ins Spiel integriert und wird euch immer wieder überraschen und begeistern. Neben dem tollen Gameplay, das zum Ende hin ggf. schon etwas zur Routine wird, haben mir vor allem die Möglichkeiten im Spiel imponiert. Man kann im späteren Verlauf Orks übernehmen und somit eine eigene Armee erstellen und sogar Intrigen mit kontrollierten Hauptmännern sind möglich, superwitzig und effektiv.

Technisch begeistert das Spiel auf der PlayStation 4 ebenfalls. Zwar sind keine 4K-Auflösungen wie auf dem PC möglich, aber das Gezeigte spielt auf einem hohen Niveau. Die Texturen sind knackig scharf und auch mit Effekten wird nicht gegeizt, so dass sich ein gewisses Next-Gen-Gefühl einstellt. Das alles wird noch durch die großartige Präsentation und die tolle deutsche Synchronisation abgerundet, so dass man wirklich von einem gelungenen Hit sprechen kann.




Kithaitaa

Fazit von Darius:

Großartig! Monolith Productions ist zurück - oder so. Wie auch immer, das neueste Werk der Briten ist ein tolles Action-Adventure geworden, das zwar im Vorfeld mit vielen Vorurteilen zu kämpfen hatte, diese aber schlussendlich am Endprodukt abprallen lies. Mittelerde: Mordors Schatten ist ein tolles Spiel, das bereits gut funktionierende Gameplay-Elemente miteinander verbindet und daraus ein tolles neues Erlebnis macht. Insbesondere das Nemesis-System verleiht der Story und dem Spielgeschehen eine dynamische Komponente und wirkt zu jeder Zeit frisch. In diesem Jahr habe ich in kaum ein anderes Spiel derartig viele Spielstunden gesteckt - das sollte zu denken geben. Auf jeden Fall bekommt es meine uneingeschränkte Kaufempfehlung! =)

Besonders gut finde ich ...
  • Tolle Inszenierung und Präsentation
  • Spannende Story fernab der bekannten Bücher
  • Cinematics und Erzählrhythmus
  • Open-World mit vielen Gameplay-Freiheiten
  • Next-Gen-Grafik mit knackigen Texturen
  • Sehr gute deutsche Synchronisation (englisch teils schlechter, Stichwort: Indien Zwerg)
  • Nemesis-System
  • Spielzeit (über 20h, mit Nebenquests etc. weit mehr)
  • Racheaufträge für getötete Freunde =)
Nicht so optimal ...
  • Wiederholende Gameplay-Mechaniken
  • Teils hackelige Steuerung

Darius hat Mittelerde: Mordors Schatten auf der PlayStation 4 gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Warner Bros. Interactive zur Verfügung gestellt.


Tim

Fazit von Tim:

Wow! Ganz entgegen meiner Erwartungen ist Shadow of Mordor ein verdammt gutes Spiel geworden - und das gleich im allerersten Anlauf. Was Monolith hier geschaffen hat, wirkt auf den ersten Blick zwar zusammengeklaut (Kampf- und Stealth-System kennt man quasi 1:1 aus Batman, die Schmiedetürme und das Klettern in ähnlicher Form aus Aussassin's Creed), entpuppt sich auf den zweiten aber als eine richtig gelungene Mischung. Das Beeindruckende daran ist aber, wie hochwertig die einzelnen Mechaniken umgesetzt wurden und wie dynamisch sie ineinander greifen. Shadow of Mordor steht zu keiner Zeit im Schatten seiner Vorbilder, sondern spielt locker auf mindestens der gleichen Höhe mit. Es macht einfach wahnsinnig viel Spaß, mit Tallion und Celebrimbor durch das düstere Mordor zu streifen, Orks aufzumischen, Collectibles zu sammeln und die Hauptmänner und Häuptlinge taktisch auszuschalten. Schön ist dabei auch, dass sich das Spiel nicht nur auf etablierte Mechaniken verlässt, sondern auch einiges Neues mitbringt, so zum Beispiel das hochspannende Nemesis-System, das den Orks tatsächlich einen eigenen Charakter verleiht. Stunde um Stunde habe ich mich in dieser wunderschönen und interessanten Welt verloren - und das ist gleichzeitig auch neben den Routine-Erscheinungen im Endgame der vielleicht einzige Kritikpunkt. Denn bei all den Reizen der offenen Welt geht ausgerechnet die Story ein bisschen unter und das ist insbesondere deshalb doof, weil man erst ab etwa der Hälfte der Hauptaufträge alle spielerischen Möglichkeiten freigeschaltet hat - so habe ich viele Stunden mit unnötigen Limits gespielt. Für einen Erstling ist Shadow of Mordor aber auf jeden Fall ein ganz fantastisches Abenteuer, und ich möchte in der Zukunft unbedingt mehr davon sehen. Nach Batman: Arkham Asylum hat Warner Bros. hier einen weiteren Diamant im Lineup, der in einer Fortsetzung nur noch geschliffen werden muss!

Besonders gut finde ich ...
  • dynamisches Kampfsystem á la Batman Arkham
  • gelungene Stealth- und Klettermechaniken
  • cooles Nemesis-System mit Taktik-Komponente
  • große offene Welt, in der es viel zu tun gibt
  • überzeugende Rollenspiel-Elemente & Skills
  • großartige Präsentation (Grafik & Akustik)
  • lange Spielzeit von mehr als 20 Stunden
Nicht so optimal ...
  • Story geht zugunsten der Welt etwas unter
  • zu viel Routine im späteren Spielverlauf
  • man ist im Kampf schon bald "overpowered"

Tim hat Mittelerde: Mordors Schatten auf dem PC gespielt.

Mittelerde: Mordors Schatten - Boxart
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  • Entwickler:Monolith
  • Publisher:Warner Bros. Interactive
  • Genre:Third-Person-Action
  • Plattform:PC, PS3, PS4, Xbox360, Xbox One
  • Release:02.10.2014
    (Xbox 360, PS3) 20.10.2014
    (GOTY) 07.05.2015

Kommentare & Likes

Folgenden Usern gefällt der Beitrag: Atze ... und einem Gast.
  • Sven
    #1 | 5. November 2014 um 16:38 Uhr
    Gefällt mir auch supergut! Wirklich eines der besseren Spiele in diesem Jahr! Die Fortsetzung ist ja nicht weit! Freue mich drauf.

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