The Evil Within - Review

Der im Jahr 1965 geborene japanische Spieleentwickler Shinji Mikami gilt seit dem ersten Resident-Evil-Ableger als Urvater des Survival-Horrors. Jahre später revolutionierte er eben jenes Genre mit Resident Evil 4. Leider haben es die Nachfolger nicht geschafft, die einzigartige Atmosphäre der beiden Spiele aufzufangen, und sind zu einem belanglosen Geballer verkommen. Dass das Horror-Genre auch heute noch überaus gut funktionieren kann, haben andere Genre-Vertreter bereits mehrmals bewiesen. Nun wagt Mikami den nächsten Schritt und hat wieder vor, das Genre auf den Kopf zu stellen. Zu dumm nur, dass sich bei The Evil Within niemand wirklich gruselt ...

In der Rolle des Polizisten Sebastian Castellanos werde ich zum nächsten Einsatzort gerufen. Dort angekommen, tritt mir beim Öffnen der Eingangstür ein beißender, ekelhafter Geruch entgegen. Überall Blut, überall entstellte leblose Körper. Was ist hier passiert? Wer hat dieses Blutbad angerichtet? Mein Kollege Joseph findet unterdessen einen noch lebenden Doktor, welchen wir direkt danach befragen, was hier passiert ist. Sichtlich geschockt redet er wirres und zusammenhangloses Zeug, bis plötzlich lautstarke Schüsse im Haus zu hören sind. Gibt es etwa noch mehr Überlebende? Ein Blick auf die Überwachungskameras verrät: Die Kollegen auf dem Gang kämpfen mit aller Macht um ihr Überleben - leider vergebens. Eine mysteriöse Gestalt mit Kapuzenkittel tötet einen nach dem anderen. Nachdem unsere Kollegen umgefallen sind wie die Fliegen, steht der finstere Kerl plötzlich hinter mir - es folgt eine Schwarzblende.


The Evil Within
Was geht hier vor? Im ersten Kapitel muss sich Sebastian ohne Waffen den Weg in die Freiheit bahnen.


Ich finde mich kopfüberhängend in einer Art Schlachthaus wieder. Zunächst gilt es, mich aus der misslichen Lage zu befreien - doch ich bin nicht allein. Vor mir wacht ein Irrer mit Kettensäge, der in Seelenruhe andere leblose Körper in mundgerechte Stücke zuschneidet. Im perfekten Moment erreiche ich das Messer in der Leiche vor mir und schneide danach das Seil durch, um wieder auf dem Boden der Tatsachen zu landen. Jetzt bloß schnell weg hier. Ärgerlich, dass die einzige Tür im Raum verschlossen ist. Bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass der Schlüsselbund in die Freiheit direkt am Arbeitsplatz des irren Kerls zu finden ist. Also einen Moment gewartet, bis der Typ die Fliege macht - und zack, den Schlüssel geschnappt! Fast schon in Sicherheit gewiegt, löst sich auf dem Weg nach draußen eine Falle. Selbstverständlich wird unser spezieller Freund direkt alarmiert und macht sich mit seinem Spielgerät auf dem Weg zu mir. Als wäre das nicht genug, trifft er mich mit seiner Kettensäge auch noch am Bein. Unter starken Schmerzen kämpfe ich mich zunächst humpelnd durch die Anstalt. Links und rechts erscheinen weitere Kettensägen, die es darauf abgesehen haben, mich zu töten. Doch dort, ganz am Ende des Gangs, befindet sich ein Deckel am Boden. Weiter geht es durch einen mit Fleischfetzen übersäten Schacht, in dem es gilt, verschiedenen Hindernissen auszuweichen.

Wiederum am Ende des Ganges wartet schon ein leckeres Becken gefüllt mit leblosen Körpern und jeder Menge Blut. Um wieder eine klare Sicht zu bekommen, wische ich mir erst einmal den roten Saft aus dem Gesicht und mache mich weiter auf den Weg nach draußen. Auf dem Weg durch eine Kanalisation finde ich weitere Leichen und erste Notizen zu dem, was hier passiert ist. Um zu entfliehen, bleibt nur die Möglichkeit, über eine Leiter zurück nach oben zu klettern. Mit einem riesigen Schnitt im Bein dauert dieses Vorhaben selbstverständlich einiges an Zeit. Oben angekommen wird schnell klar, dass mein Verfolger die Suche nach mir noch nicht eingestellt hat. Ich schleiche mich gekonnt um die Ecken und verstecke mich im nächstgelegenen Schrank. Er folgt mir, es folgt eine gescriptete Szene. Der Irre kommt in den Raum. Panik macht sich breit. Schnaufend und voller Angst sitze ich versteckt im Schrank und hoffe, dass er mich nicht ausfindig macht. Er läuft im Raum auf und ab,aber findet mich zunächst nicht. Durch die aufgestaute Wut seinerseits zersägt er die vorher noch verschlossene Tür vor mir, mit welcher ich mir den Weg in die Freiheit bahnen kann. Aus dem Raum entkommen, ist es nur noch ein Katzensprung in den Aufzug vor mir. Wenn da nur nicht diese verdammten Schmerzen wären. Kurz vor dem Ziel lauert der Irre mir noch mal auf und versucht, mir mit seiner Kettensäge endgültig das Licht auszuknipsen. Wie durch ein Wunder bin ich gerade noch rechtzeitig im Aufzug angekommen. Die Türen schließen sich und ich bin in Sicherheit. Oder etwa doch nicht?


The Evil Within
Es könnte nun ein wenig weh tun ...


Moment, hier bin ich doch schon einmal gewesen ...



Dieser überaus spannende, aber auch sehr actionreiche Einstieg soll erst der Beginn des Abenteuers sein. Draußen angekommen, bröckeln ganze Straßenblöcke auseinander. Alles liegt in Schutt und Asche. Was geht hier vor? Diese Frage gilt es im Laufe der insgesamt 15 Kapitel zu klären. Die meiste Zeit des Spiels wird man allerdings im Dunkeln gelassen. Immer wieder wache ich in einer Klinik auf, welche an die Save-Räume aus den ersten drei Resident-Evil-Teilen erinnern. Dort treffen wir auf eine verstörende Krankenschwester, welche uns immer wieder nach unserem Wohlbefinden befragt. Aus den anderen - im Übrigen verschlossenen - Krankenzimmern sind immer wieder seltsame Schreie und Monologe zu hören. Durch einen Spiegel im Gang gelangt man zurück in die einzelnen Kapitel, die die Story voranbringen. Was uns dahinter erwartet, ist von Mal zu Mal völlig unterschiedlich. Mal landen wir in einem Dorf, später vor einem Herrenhaus, das fast die exakte Abbildung des Herrenhauses von Resident Evil 1 sein könnte. Die von mir bereisten Orte können sich in jedem Moment völlig verändern. So kann es schon einmal gut passieren, dass ein Raum mit drei verschiedenen Türen sich auf den Kopf dreht und alle Türen verschwinden. Wände schieben sich zusammen und es öffnen sich neue Wege in die Hölle des Bösen. Trotz alledem sind die einzelnen Kapitel des Spiels meist sehr linear ausgefallen, sodass selten Orientierungsschwierigkeiten auftreten. Diese sogenannten "Rätsel" stellen uns daher auch selten vor größere Schwierigkeiten. Die Spielmechanik erinnert vor allem an Spiele längst vergangener Tage. Mikami hat sich nicht nur bei Resident Evil, sondern vor allem auch bei Silent Hill bedient. Alles fühlt sich so an, als hätte man es irgendwo schon einmal gesehen. Eigene Akzente setzt das Spiel wenig bis gar nicht.


The Evil Within
Diesen widerlichen Gesellen sollte man besser nicht zu nahe kommen - das könnte böse enden.


Der elektrische Stuhl



Damit ich mich gegen die Horden der Gegner beweisen kann, gibt es natürlich auch einige Waffen im Spiel zu finden. Dabei ist die Munition selbst auf dem leichtesten der insgesamt vier Schwierigkeitsgrade stark rationiert. Um die gefundenen Waffen und auch die Fähigkeiten des Hauptprotagonisten zu verbessern, findet sich in der Klinik eine Art elektrischer Stuhl. Damit ich diesen nutzen zu kann, sollte ich zuvor genug grünes Gel sammeln, welches ich vornehmlich von getöteten Gegnern erhalte. Neben der Sprintfähigkeit kann ich so zum Beispiel die Durchschlagskraft der gerade eben gefundenen Schrotflinte verbessern. Um alle Attribute verbessern zu können, sind allerdings mehrere Spieldurchläufe zwingend erforderlich.


Angestaubte Optik



Als ich das erste Mal The Evil Within in meine PlayStation 4-Konsole gelegt habe, war ich wirklich überrascht. So schlecht kann ein PS4-Spiel also aussehen? Was die Entwickler hier auf technischer Ebene abgeliefert haben, haben selbst Spiele der letzten Generation schon um Welten besser dargestellt. Überall finden sich verwaschene Texturen und unsichtbare Wände. In den Gesichtern der Figuren ist keinerlei Leben und die Animationen sind so steif wie der nächste Baum an der Straße. Schade, dass es die Entwickler hier verpasst haben, das Ganze in die nächste Generation zu hieven. Zudem nerven die anhaltenden Framerate-Einbrüche immens. Besonders dann, wenn mehrere Gegner auf dem Bildschirm erscheinen, fällt die Bildrate bis fast ins Unspielbare. Spielspaß kommt hier leider nur schwer auf. Hinzu kommt eine extrem schwammige Steuerung. Während man in einem The Last of Us noch die Möglichkeit hatte, die Schussfunktion entsprechend zu skillen, lässt sich Sebastian stets wie ein 80-jähriger Rentner mit schwerer Panzerfaust in der Hand steuern. Hier wäre dringender Handlungsbedarf, da das Spielerlebnis einfach nicht so flüssig von der Hand geht wie noch zum Beispiel bei Resident Evil 4. Hinzu kommen die dicken Kinobalken, welche angeblich die Atmosphäre des Spiels verbessern sollen. Sicher Geschmackssache, für mich allerdings unzumutbar. Hier wäre es schön, wenn Mikami ein Feature eingebaut hätte, dass die Balken zumindest optional abschaltbar macht. Einen entsprechenden Patch gibt es ja nun immerhin für die PC-Version, welche im Übrigen mittlerweile auch ohne 30fps-Lock auskommt.



Predator

Fazit von Kevin:

Für mich war The Evil Within die große Hoffnung im Survival-Horror-Genre. Leider wurde mir nur mehr von bereits Bekanntem geboten. Es fehlen eigene Akzente, eine Weiterentwicklung des Genres. Vom großen Horror, den Mikami in den Präsentationen versprochen hat, ist nichts zu spüren. Die einmalige Atmosphäre des ersten Resident Evils bleibt nach wie vor unangetastet. Kann Horror heutzutage einfach nicht mehr funktionieren oder bin ich einfach abgestumpfter als zuvor? Den einzigen Horror bietet The Evil Within mit teils unspielbarer Framerate und gruseligen Texturen. Für ein PlayStation-4-Spiel eine geradezu unterirdische Präsentation - schade. Trotz all dieser Kritikpunkte bietet das Spiel aber immerhin noch solide Action-Kost und unterhält mit der sehr wirr erzählten Story knapp 10-12 Stunden. Ich empfehle, das Spiel im Hinblick auf die Kracher, die dieses Jahr noch erscheinen, erst einmal aufzuschieben und vielleicht nächstes Jahr in einem Sale günstig zu erwerben.

The Evil Within bedient sich bei seinen Genre-Vertretern und verpasst es dabei, Alleinstellungsmerkmale zu bieten. Dem Potpourri aus Silent Hill und Resident Evil mit angestaubter Optik und schwammiger Steuerung gelingt es leider selten, an die herausragenden Werke längst vergangener Tage anzuknüpfen.

Besonders gut finde ich ...
  • gute deutsche Sprecher
  • abwechslungsreiche Kapitel
  • aufrüstbare Waffen
  • Sammelobjekte
  • gezielter Einsatz von Musik
  • rationierte Munition
  • angenehmer Schwierigkeitsgrad
  • Begleitende KI kämpft gut mit
Nicht so optimal ...
  • Framerateeinbrüche
  • verwaschene Texturen
  • klobige Steuerung
  • Widescreenbalken
  • Gegner-KI lässt zu wünschen übrig, bleibt oft hängen und übersieht den Spieler
  • Viele Trial&Error-Passagen
  • Schwache Charakter, Story zu wirr erzählt
  • Kaum neue Akzente
  • Langweilige Rätsel
  • Mehr Kampf als Horror
  • Kameraprobleme
  • keine englische Sprachausgabe

Kevin hat The Evil Within auf der PlayStation 4 gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Bethesda Softworks zur Verfügung gestellt.

The Evil Within - Boxart
  •  
  • Entwickler:Tango Gameworks
  • Publisher:Bethesda Softworks
  • Genre:Survival-Horror
  • Plattform:PC, PS3, PS4, Xbox360, Xbox One
  • Release:14.10.2014

Kommentare & Likes

Folgenden Usern gefällt der Beitrag: HerrBeutel ... und einem Gast.
  • DarkRaziel
    #1 | 11. November 2014 um 06:44 Uhr
    Habe das Spiel zwar auch, aber für die XboxOne und kam bis jetzt aus Zeitgründen noch nicht sehr weit voran.

    Mich stören die dicken Balken auch bei dem Game und erinnern mich an schlechte Umsetzungen in PAL Auflösungen, aber was mich wundert ist in deinem Fazit die KI.

    Bei Positiv steht: KI kämpft gut mit
    bei Negativ steht: KI lässt zu wünschen übrig

    Zu einem kämpft sie gut mit, aber lässt wiederum zu wünschen übrig und da stellt sich mir die Frage wie sich das spielerisch auswirkt, weil ein Freund der es schon durch hat haben die Zwischengegner ganz schön zugesetzt und der Endboss war hingegen wieder einfach sagte er.
  • Kevin
    #2 | 11. November 2014 um 12:54 Uhr
    Ja, der von Dir angesprochene Punkt ist von mir etwas unglücklich ausgedrückt gewesen. Charaktere, welche mich das Spiel begleiten kämpfen generell gut gegen die Gegner mit. Die Gegner dagegen bleiben öfter an irgendwelchen Gegenständen im Level "hängen" und sind somit leicht zu erledigen.

    Im Prinzip kannst Du es wie folgt sehen:

    + Begleitende KI-Kämpfer kämpfen gut mit
    - Gegner-Ki bleibt öfter "hängen" und übersieht den Spieler in vielen Situationen

    Die von Dir angesprochenen Schwankungen bei verschiedenen Zwischengegnern sind durchaus vorhanden. Jeder Gegner erfordert eine eigene Vorgehensweise. Ich hab mir bei den "Boss-Kämpfen", sofern man sie so nennen mag, nicht wirklich schwer getan. Aber da geht es jedem Spieler bekanntlich anders  Ich hoffe, dass ich Dir deine Frage entsprechend beantworten konnte!
  • DarkRaziel
    #3 | 11. November 2014 um 16:44 Uhr
    Ja ist beantwortet   
  • CookieMonster
    #4 | 11. November 2014 um 17:19 Uhr

    DarkRaziel: Habe das Spiel zwar auch, aber für die XboxOne und kam bis jetzt aus Zeitgründen noch nicht sehr weit voran. Mich stören die dicken Balken auch bei dem Game und erinnern mich an schlechte Umsetzungen in PAL Auflösungen [...]


    Mir geht es ähnlich. Ich habe bislang erst gut 3h gespielt, habe zum Glück aber auch den letzten Patch für die PC Version abgewartet, mit dem dieser "Cinema Scope" korrekt deaktiviert werden kann.
    Ich weiß das Befürworter den schwarzen Balken irgend eine magische Wirkung zuschreiben, aber die blieb mir persönlich doch komplett verwehrt. Deaktiviert ist die Wahrnehmung im Spiel einfach wesentlich besser und Bedenken das die Atmosphäre darunter leiden könnte, kann ich definitiv nicht bestätigen.

    Bislang enttäuscht bin ich aber schon jetzt über den Grusel/Horror-Faktor des Spiels, denn der scheint sich bislang vor mir zu verbergen. Eine angespannte Atmosphäre gibt es definitiv, aber es ist bislang genau so gruselig wie ein RE4, nämlich gar nicht. Trotzdem macht mir das Spiel bislang Spaß und vlt. findet mich ja doch noch der in oder andere Schocker  

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