Shovel Knight - Review

Es war einmal vor langer, langer Zeit, da herrschte Frieden in der Welt. Der König regierte, das Volk war glücklich. Junge Ladys tanzten auf den Tischen, Schmiede priesen auf dem Markt ihre Waren an und tapfere Schatzritter zogen mit Schaufel und Propellerhut los, auf dass sie mit glitzernden Juwelen und Gold in den Taschen zurückkehren mögen. Doch als das Königreich der Verderbnis der finsteren Zauberin anheim fiel, regierte das Chaos. Shovel Knight war der einzig übrig Gebliebene, der es wagte, sich der Herrschaft des Bösen entgegenzustellen. Und so schärfte er seine Schaufel und zog in den Kampf gegen die acht Ritter des Order of No Quarter, um den Frieden im Lande wiederherzustellen und dabei den verschollenen Shield Knight zu retten ...

Das, liebe Freunde, ist die Geschichte von Shovel Knight, dem besten Mega Man, das nicht "Mega Man" im Namen trägt! Für manche unter euch mag das Spiel nur noch eine alte Kamelle sein - die PC-Version ist schließlich schon seit Ende Juni via Steam erhältlich. Aber für diejenigen, die wie ich monatelang auf den Release der Wii-U- und 3DS-Fassung gewartet haben, ist diese Review brandaktuell, denn erst letzte Woche hat es der Schaufelritter auch auf die Nintendo-Systeme geschafft. Wenn ihr euch zu dieser Gruppe zählt, dann könnt ihr parallel zum Lesen dieses Artikels schon mal die Wii U hochfahren, den eShop starten und den Download vorbereiten. Warum? Na, weil Shovel Knight ein absolut großartiges Spiel geworden ist - und das auch ohne rosarote Nostalgikerbrille auf der Nase. Zumal ich für solche Gefühle sowieso ein wenig zu jung bin.


Shovel Knight
Genau an diesem Punkt startet das beste Musikstück im ganzen Spiel. Was für ein Ohrwurm!



(Fast) so wie damals!



Worum geht es in Shovel Knight? Ihr lauft von links nach rechts oder rechts nach links durch zweidimensionale Levels, überspringt gähnende Abgründe, besiegt freche Feinde auf dem Weg zum kapitel-abschließenden Bosskampf und sammelt auf dem Weg jede Menge Münzen, Goldbarren und funkelnde Edelsteine. Kommt euch bekannt vor? Kein Wunder: Shovel Knight ist bis zum letzten Byte absolut "retro" und dabei vor allem von den alten Mega-Man-Spielen, Castlevania und DuckTales inspiriert. Gewissermaßen kommt man sich vor wie auf einer Zeitreise in die goldene Ära des Nintendo Entertainment Systems (NES), als vergleichbare Spiele gang und gebe waren - heute hingegen ist genau diese Sorte von Oldschool-Hardcore-Action-Jump'n'Run abseits der Indie-Szene so gut wie ausgestorben. Umso schöner ist es also zu sehen, mit wie viel Herzblut die Jungs und Mädels von Yacht Club Games daran gearbeitet haben, diese vergangene Ära mit Shovel Knight wiederzubeleben. Vom (knackscharfen) 8-Bit-Grafikstil über den wahrlich grandiosen Chiptune-Soundtrack bis hin zum teilweise jenseits von gut und böse angesetzten Schwierigkeitsgrad ist hier alles drin und alles dran, was man an den Spielen von damals so liebte. Gleichzeitig ist Shovel Knight aber genau an den Stellen modern, an denen die "Oldschoolness" zum möglichen Negativfaktor geworden wäre.

So kreuzt man pro Level (derer es mehr als genug gibt) mehrere, gar bis zu sieben Checkpoints - das sind wesentlich mehr als in Mega Man & Co., in denen es meist nur zwei Speicherpunkte gab. Wem das zu "soft" ist, der kann die Savespot-Spiegel auch mit seinem Schaufelschwert zerschlagen - ein Zurück gibt es dann aber eben auch nicht mehr. Einfacher wird Shovel Knight aber auch durch die Nutzung aller Checkpoints nicht, denn schon in der dritten Burg bei Plague Knight bzw. Mole Knight zieht der Schwierigkeitsgrad massiv an. Bei den garstigen Fallen und den gefährlichen Gegnertypen passiert es dann auch schnell, dass die Lebensleiste mal wieder auf Null sinkt. Dann heißt es "Adieu" und vom letzten Speicherpunkt wird neu gestartet - damit aber nicht genug, denn als zusätzliche Bestrafung muss man auch noch einen Teil seiner gesammelten Schätze abdrücken. Die kann man dann in genau einem einzigen Versuch zurückerlangen, wenn man sich bis zur Stelle des Bildschirmtodes vorwärts kämpft - Dark Souls lässt grüßen. Das System reißt mittlerweile zwar niemanden mehr vom Hocker, funktioniert aber immer noch super, zumal man das wertvolle Geld dringend braucht, um sich im Dorf mit stärkerer Ausrüstung, neuen Gegenständen (z.B. Zauberstab oder Angel) und zusätzlichen Angriffen auszustatten. Ohne wird es ziemlich schnell problematisch.


Shovel Knight
"Big, beautiful pixels" - Shovel Knight sieht aus wie ein Spiel der längst vergangenen NES-Ära.



Schärft die Schaufeln!



Die Levels selbst, die in klassischer Mega-Man-Tradition die Schlösser des jeweiligen Boss-Ritters (Mole Knight, Black Knight, Propeller Knight ...) darstellen, werden mit fortschreitendem Spielverlauf nicht nur schwerer, sondern auch länger - und die Zahl der zu entdeckenden Geheimgänge steigt ebenfalls. Wer die Augen offen hält, findet immer wieder Routen in versteckte Räume, in denen Schatztruhen oder Dreckhaufen mit vergrabenen Juwelen warten. Diese werden dann ganz konventionell ausgebuddelt - Shovel Knight trägt also nicht ohne Grund eine Schaufel mit sich herum. Die titelgebende Schaufel ist allerdings nicht nur ein Werkzeug zum Graben, sondern auch ein Improvisations-Pogostock á la DuckTales, ein scharfes Schwert zum Fechtduell mit den Rittern des Order of No Quarter, ein Statussymbol und darüber hinaus auch noch Gegenstand etlicher Wortspiele, die in der deutschen Übersetzung leider ein wenig verloren gegangen sind - in jedem Fall aber ist sie ganz elementar für den Charme, den dieses Spiel versprüht, denn ohne sie würde wohl etwas ganz Wichtiges fehlen. In welchem Spiel kann man seine Gegner schon mit einer Schaufel bezwingen?

So kämpft man sich Abschnitt für Abschnitt, Bosskampf für Bosskampf, Tod für Tod durch die durchaus groß ausgefallene Weltkarte, bis schließlich nach etwa acht Stunden Spielzeit das Ende erreicht ist - wie ich finde, eine zufriedenstellende Zahl, zumal man sich danach ja immer noch an New Game+ sowie diversen Erfolgen versuchen kann. Für einen Launch-Preis von 14,99€ geht das meiner Meinung nach völlig in Ordnung.

Wer schon die PC-Version besitzt, braucht sich die Nintendo-Umsetzung natürlich nicht noch einmal kaufen - inhaltlich gibt es keinerlei Unterschiede und die Einbindung des GamePads ist auch eher dürftig. Auf dem Bildschirm kann man zwar intuitiv zwischen Gegenständen und Sekundärwaffen umherwechseln, abgesehen davon und vom mittlerweile obligatorischen Off-TV-Play war's das aber auch schon. Ist jedoch nicht weiter schlimm, schließlich funktioniert Shovel Knight genauso, wie es ist, ganz hervorragend, und außerdem fällt mir selbst auch nichts ein, was sich hier mit dem GamePad Sinnvolles anstellen ließe. Achja: Wer möchte, kann eigene Screenshots und Statusmeldungen direkt aus dem Spiel heraus im Miiverse posten - nett.



Tim

Fazit von Tim:

Wenn Capcom seine einstige Ikone schon untergehen lässt, liegt es eben an anderen Entwicklern, in die Lücke zu springen und ihre eigene Alternative zu Mega Man auf den Markt zu bringen. Genau das haben Yacht Club Games mit Shovel Knight vollbracht und dabei auf Anhieb ein Spiel erschaffen, das es mit den NES-Klassikern aufnimmt - auch wenn es ihnen rein aus spielerischer Sicht nur wenig Neues hinzufügen kann. Aber Shovel Knight will in erster Linie ja auch keine Weiterentwicklung sein, sondern eine Wiedergeburt - eine Hommage an die Klassiker, die früher überall gefeiert und heute nahezu vergessen wurden. Und wenn man einmal mit dem Schaufelritter durch die Plains of Passage gestreift ist, dem wundervollen Chiptune-Score gelauscht und den ersten richtigen Bossgegner besiegt hat, spürt man, dass dieses Vorhaben absolut geglückt ist. Shovel Knight ist ein herrlich charmantes, angenehm schweres Oldschool-Action-Jump'n'Run - und eine nostalgische Zeitreise für all diejenigen, die mit Mega Man, DuckTales & Co. aufgewachsen sind.

To Shovelry! Wer sich die Action-Plattformer der NES- und SNES-Ära zurücksehnt, findet hier eine überaus gelungene Hommage an vergangene Zeiten, die darüber hinaus auch noch spielerisch überzeugt. Eine kleine Download-Perle im Nintendo eShop der Wii U!

Besonders gut finde ich ...
  • zeitloses Jump'n'Run- und Action-Gameplay
  • gelungenes Leveldesign, viele Geheimnisse
  • charmante Präsentation im Oldschool-Stil
  • Chiptune-Soundtrack mit Ohrwurm-Gefahr
  • sehr anspruchsvoller Schwierigkeitsgrad
  • viele witzige Sprüche und Anspielungen
Nicht so optimal ...
  • spielerisch wenige echte Innovationen
  • manche Bosskämpfe sind brutal schwer

Tim hat Shovel Knight auf der Nintendo Wii U gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Yacht Club Games zur Verfügung gestellt.

Shovel Knight - Boxart
  •  
  • Entwickler:Yacht Club Games
  • Publisher:Yacht Club Games
  • Genre:Jump'n'Run
  • Plattform:PC, PS3, PS4, Xbox One, WiiU, Switch, PSVita, 3DS
  • Release:26.06.2014
    (Wii U, 3DS) 06.11.2014
    (PlayStation) 21.04.2015
    (Xbox One) 29.04.2015
    (Retail) 16.10.2015

Kommentare & Likes

Deine Meinung ist gefragt.
  • Darius
    #1 | 14. November 2014 um 18:26 Uhr
    Hihi, willst du meine Schaufel spüren? Nettes Ding, aber immer so viel Retro und Pixel. Ich weiß nicht, vielleicht ist das mal ein Ausnahme-Titel, aber so viele die es versuchen, nerven ...! :|

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