Cities: Skylines - Review

Das letzte große Spiel für Städtebau-Strategen erschien vor ziemlich genau zwei Jahren mit SimCity von Maxis, das vor allem zu Beginn mit vielen Problemen zu kämpfen hatte und uns insbesondere aufgrund der kleinen Kartengröße immer wieder traurig und kopfschüttelnd zurückließ. Für ambitionierte Bürgermeister und Städtemanager erstrahlt nun mit Cities: Skylines ein neuer Stern am Aufbau-Strategie-Himmel, der schon zum Start die Herzen der Community erobert hat. Was das finnische Entwicklerteam von Colossal Order im Vergleich zum Genre-Klassiker alles besser, richtig und eher nicht so optimal gelöst hat, erfahrt ihr in meiner Review.

Der Vergleich mit SimCity liegt natürlich auf der Hand und kommt daher in dieser Review auch häufig zur Anwendung. Womöglich kennt der eine oder andere auch schon die beiden Cities in Motion Spiele, die vom gleichen Entwickler stammen. Skylines ist die logische Weiterentwicklung der Transport- und Verkehrssimulations-Serie. Während wir uns dort nämlich in bereits vorhandenen Städten rein um das Management von Bussen und Straßenbahnen gekümmert haben, gibt es nun die volle Bürgermeister-Simulation.


Wir bauen uns eine Megacity



Der Start ist denkbar einfach und vertraut, wir wählen eine der vorgefertigten Landkarten, verbinden im ersten Schritt die Autobahn mit entsprechenden Straßen, teilen Wohn-, Gewerbe- und Industriezonen ein und versorgen das Ganze noch mit Wasser und Strom. Dann schauen wir gespannt auf den Bildschirm und warten, bis die ersten Baustellen erscheinen und unsere frisch gegründete Stadt anfängt zu wachsen. In punkto Straßen sollte gleich an dieser Stelle erwähnt werden, dass ihr euren Verkehr sehr gut und vorausschauend planen solltet. Denn das ist im späteren Verlauf im Wesentlichen die größte Herausforderung des Spiels.

Anders als im letzten SimCity, arbeitet im Hintergrund von Cities: Skylines eine echte und glaubwürdige Simulation, die euch auch visuell nachvollziehbares Feedback liefert. Außerdem könnt ihr nicht nur jeden einzelnen Einwohner eurer Stadt mit einem Mausklick betrachten und verfolgen, sondern ihnen auch ganz persönliche Namen geben – wenn man denn gerade sonst nichts anderes zu tun hat. Dadurch lassen sich natürlich auch Bedürfnisse und Abläufe ablesen, die ihr für die Optimierung eurer Stadt benötigt. Wenn eure Einwohner mehr Strom benötigen, das Wasser knapp wird oder Friedhöfe und die Feuerwehr notwendig wird, dann erhaltet ihr meist eine kleine Chirper-Nachricht eurer Bürger, außerdem fangen entsprechende Symbole an, auf eurer Karte zu blinken. Einzelne oder gleich mehrere Berater stehen euch leider nicht zur Verfügung. Als kleinen Wermutstropfen bringt die echte Simulation aller Einwohner zudem den Nebeneffekt mit sich, dass die Einwohnerzahl eurer Stadt verhältnismäßig gering ausfällt, das Limit soll allerdings erst bei 1.000.000 erreicht sein.

Damit nicht gleich zu Beginn alles wahllos verbaut wird, schaltet ihr mit dem Wachsen eurer Stadt sogenannte Meilensteine frei, die durch eure Einwohnerzahl bestimmt werden. Dadurch erhaltet ihr Zugriff auf weitere Tools und Gebäude und in regelmäßigen Abständen auch die Möglichkeit, eure Stadtgrenzen zu erweitern. Die Karten in Skylines sind in 25 Abschnitte unterteilt, die jeweils 2 Quadratkilometer groß sind. Im Laufe des Spiels könnt ihr maximal neun dieser Abschnitte – also 18qkm – frei wählen und bebauen. Dank einer Modifikation ist es sogar möglich, alle 25 für sich zu beanspruchen und somit satte 100qkm freizuschalten.


Cities: Skylines
Schaffe, schaffe, Städtle baue.


Denken Sie groß



Beim Aufbau eurer Stadt bietet euch das Spiel ausreichend Möglichkeiten und geht auch recht schnell ins Detail und Management über. So könnt ihr über ein "Zeichentool" Stadtgebiete anlegen und ihnen bestimmte Richtlinien zuteilen. Neben Dienstleistungen wie z.B. Rauchmeldern, kostenlosem Nahverkehr oder einer subventionierten Recyclingpflicht gibt es auch Steuer- und Stadtplanungs-Optionen, die ihr ebenfalls nach und nach freischaltet und mit denen ihr somit den jeweiligen Stadtteil beeinflussen könnt. Praktisches Beispiel: Industriegebiete lassen sich mit den notwendigen Ressourcen spezialisieren, wahlweise in Forst-, Agrar-, Öl- oder Erz-Industrie. Auch Wohn- und Gewerbezonen können ab einem gewissen Punkt dicht- oder leichtbesiedelt angelegt werden, Bürozonen bieten u.a. die Option, besonders auf Großunternehmen abzuzielen. Das alles wirkt sich natürlich nicht nur optisch aus, sondern auch auf die Anforderungen im jeweiligen Gebiet, insbesondere an einen reibungslosen Verkehrsfluss. Neben diversen Straßen stehen euch nach und nach auch weitere Transportmöglichkeiten zur Verfügung: einfache Buslinien, U-Bahnen, Güter- und Personenzüge oder auch Schiffe und Flugzeuge. Bis es soweit ist, dauert es zwar eine gewisse Zeit, aber man sollte dies bereits im Hinterkopf mit einkalkulieren. Feuerwehr, Polizei, Krankenhäuser und andere Einrichtungen sind leider nur jeweils in zwei Varianten vorhanden, ein Ausbausystem, wie man es vom letzten SimCity her kennt, gibt es hier leider nicht. Dafür fehlt es nicht an Parks und einzigartigen Gebäuden, die sich in verschiedene Stufen unterteilen und größtenteils als Anforderung zum Bau von Monumenten erforderlich sind.

Die Kartengröße lässt solche Mammutprojekte natürlich auch zu und neben dieser ist auch die zum Launch verfügbare Unterstützung von Mods über den Steam Workshop ein sehr positives Feature. Es gibt bereits tausende Objekte, die von der Community erstellt wurden – mal mehr, mal weniger sinnvolle – und es werden sicherlich noch mehr. Während jedoch einzelne Straßen, Gebäude o.ä. problemlos abonniert werden können und somit in eurem Spiel freigeschaltet sind, ist beim Verwenden von Modifikationen Vorsicht geboten. Diese werden nämlich global aktiviert und schalten im jeweiligen Spielstand die Möglichkeit von Achievements aus – und zwar auch, wenn ihr sie wieder deaktiviert. Wer darauf keinen Wert legt oder einfach einen Spielstand anlegt, um verschiedenes auszuprobieren, kann dies natürlich tun.

Das Team von Colossal Order besteht nur aus rund einem Dutzend Leuten und hat sich daher im Kern auf eine reibungslose und gute Simulation konzentriert. Daher fehlen im Vergleich zu SimCity zum Beispiel solche Features wie der Multiplayer – wobei der im letzten Teil ja nicht wirklich spaßig war - oder auch Tag- und Nachtwechsel und Katastrophen. Dank der Mod-Unterstützung lässt sich hier aber sicherlich einiges durch die Community nachrüsten, sofern diese weiter am Ball bleibt und danach sieht es derzeit aus. Die Sandbox für Städtebauer und Manager ist auf jeden Fall vorhanden und macht auch Spaß, wenn man genügend Zeit mitbringt. Denn natürlich ist das Spiel ein echter Zeitfresser. Seit dem Launch habe ich bereits über 80 Stunden im Spiel verbracht, einen Großteil davon konzentriert auf wenige Tage und nur eine einzige Stadt. Diese trägt den wenig kreativen Namen "Utopia" und zählt mittlerweile über 100.000 Einwohner.

Cities: Skylines
Ein genauer Blick auf meine Stadt "Utopia" (der Tilt- bzw. Weichzeichner-Effekt lässt sich regulieren).


Wie weiter oben bereits erwähnt, hinkt das Verhältnis von Einwohnerzahl zu Größe und Anzahl der Häuser ein wenig - insbesondere im Vergleich zum jüngsten SimCity. Dort wäre das sicherlich schon eine Multi-Millionen Metropole. Dass ich so viel Zeit mit nur einer Stadt verbracht habe, ist dann auch gleichzeitig die Motivation und Herausforderung des Spiels. Alles entsprechend zu optimieren, um einen reibungslosen Ablauf für weiteres Wachstum zu gewährleisten, ist auf Dauer eine Kunst für sich. Zwischendurch sterben einem, wie im echten Leben, auch einige Leute weg und stellenweise gibt es einen regelrechten Stillstand, wenn nicht sogar einen Rückgang.

Das Hauptproblem bzw. der Motor, der alles am Laufen hält, ist das bereits angesprochene Verkehrssystem. Wenn alles wie in einem gesunden Blutkreislauf fließt, dann pulsiert auch die Stadt und wächst und gedeiht. Stockt es allerdings und ihr werdet nicht Herr über Engpässe und eine nicht gut durchdachte Verkehrsführung, dann fangen eure Probleme an. Waren werden nicht an die Gewerbegebiete ausgeliefert, diese werden sauer, Gebäude werden verlassen, Straßen verwahrlosen, die Bürger werden sauer, usw. Stellenweise ist hier regelrechtes Mikromanagement gefordert und hin und wieder ist es sicherlich auch mal das kleinere Übel, ganze Bereiche komplett neu umzubauen. Zum Beispiel habe ich recht früh ein komplettes Öl-Industriegebiet wieder plattgemacht, indem ich die Zonenzuordnung gelöscht habe - und da sich die Bodenverschmutzung wieder erholt, entstand dort recht schnell der Kern des zweiten großen Stadtgebiets. Autobahnen habe ich teilweise 2-3 mal komplett neu verlegt und von den Bahnlinien wollen wir lieber gar nicht erst anfangen.


Rosige Zeiten, unendliche Möglichkeiten



Neben den neun vorgefertigten Karten aus drei unterschiedlichen Stadtarten liefert euch Colossal Order auch gleich einen Karteneditor, mit dem ihr eure eigenen Kreationen erstellen könnt. Außerdem ist im Spiel auch ein Asset-Editor integriert, mit dem ihr eure eigenen Objekte erstellen und anschließend im Spiel verwenden könnt. All das lässt sich natürlich auch über den Steam Workshop mit der Community teilen und damit kann man die bereits üppige Sammlung weiter ausbauen. Neben den aktiven Teilnehmern dort bleibt natürlich auch das Entwicklerstudio nicht untätig. So wurden seit dem Launch bereits mehrere Updates veröffentlicht, die Fehler ausgebügelt und Verbesserungen mit sich gebracht haben. Parallel arbeitet das Team auch an weiteren Inhalten, wie zum Beispiel Tunneln und Europa-Gebäuden, die per Gratis-DLC nachgereicht werden. Aber auch größere Erweiterungen sind in Planung.

Auch optisch macht das Spiel eine gute Figur und läuft selbst auf meiner älteren Kiste noch wunderbar in hohen Einstellungen - und das ohne Murren und Knurren. Die Liebe zum Detail wird vor allem dann sichtbar, wenn man sich die Zeit nimmt und durch seine Stadt fährt. Die Einwohner und Fahrzeuge wuseln nicht etwa unkontrolliert durch die Gegend, sondern leisten sich auch mal ruhige Momente. Spaziergänge im Park zum Beispiel oder das Entspannen auf einer Bank - der Detailgrad ist eine wahre Augenweide. Da kommen sicherlich nicht nur Modellbau-Fans ins Schwärmen, wenn sie ihr eigenes kleines Miniatur-Wunderland näher betrachten und den Wuselbürgern beim Treiben zuschauen.



Kithaitaa

Fazit von Darius:

Herrlich, wenn das richtige Spiel zur richtigen Zeit veröffentlicht wird. Mit Cities: Skylines gelingt dem kleinen finnischen Entwickler Colossal Games und Publisher Paradox Interactive ein echter Coup, der nicht unverdient ist. Die Städtebau-Simulation liefert neben einer echten und glaubwürdigen Simulations-Engine all das, was sich Fans des Genres bereits 2013 von Maxis erhofft haben. Dank großer Karten bleibt genügend Platz zur Verwirklichung seiner City-Träume und dank ausreichender Optionen und Möglichkeiten kommt auch die Herausforderung nicht zur kurz. Insbesondere der integrierte Karten- und Objekt-Editor und die Anbindung an den Steam-Workshop sichern dem Spiel eine rosige Zukunft. Die Community ist bereits äußerst aktiv und hat tausende von Objekten und Karten sowie hunderte von Mods erstellt - natürlich ist dort nicht alles Gold, was glänzt, aber der Support lässt das Spiel weiter wachsen. All das zusammengenommen resultiert in einer uneingeschränkten Kaufempfehlung für alle Freunde von Städtebau-Simulationen und solche, die es noch werden wollen, denn auch der Preis von 20-30 Euro ist äußerst moderat.

Besonders gut finde ich ...
  • große Spielwelt und Kartengröße
  • glaubwürdige und visuell nachvollziehbare Simulation
  • detaillierte Gebäude und Objekte
  • Wuselbürger und Stadt-Atmosphäre
  • Herausforderung und Motivation (Millionenstadt)
  • Individualisierungen und Optionen der Stadtbezirke
  • gute Lernkurve und Meilenstein-System
  • verschiedene Verkehrssysteme
  • Karten- und Objekt-Editor
  • Steam-Workshop Anbindung und Modding-Support
  • Preis-/Leistungsverhältnis
Nicht so optimal ...
  • kein Tag-Nachtwechsel oder Katastrophen
  • Management der Verkehrslinien etwas fummelig
  • Zeitfresser =)

Darius hat Cities: Skylines auf dem PC gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Paradox Interactive zur Verfügung gestellt.

Cities: Skylines - Boxart
  •  
  • Entwickler:Colossal Order Games
  • Publisher:Paradox Interactive
  • Genre:Wirtschaftssimulation
  • Plattform:PC, PS4, Xbox One, Switch
  • Release:10.03.2015
    (Xbox One) 21.04.2017
    (PS4) 15.08.2017
    (Switch) 14.09.2018