Toy Soldiers: War Chest - Review

Es gibt zwei Dinge, die mich bei Toy Soldiers: War Chest sofort gepackt haben: He-Man und Tower-Defense. Ob Plants vs. Zombies auf dem DS oder Kingdom Rush auf Android: In kein anderes Genre habe ich in den vergangenen Jahren mehr Stunden versenkt, als in die Verteidigung der eigenen Burg oder des eigenen Vorgartens. Doch wo sich die Genre-Vertreter allein auf die strategische Komponente der eigenen Ressourcenverwaltung beschränkten, lässt Toy Soldiers: War Chest den Spieler selbst zu den Waffen greifen. Dies ist neu und war bislang auch nur Besitzern einer Xbox vorbehalten. Nachdem die bisherigen Teile exklusiv von Microsoft herausgebracht wurden, hat Ubisoft nun die Serie übernommen und auch für PlayStation- und PC-Spieler geöffnet.

Wer in den 1980er-Jahren aufgewachsen ist (wie der Autor dieses Artikels), kann sich an die Action-Figuren noch gut erinnern. Ich sage nur: Bei der Macht von Greyskull. Ich hatte die Schurken, ich hatte die Helden und gemeinsam haben sie das Blumenbeet in ein Schlachtfeld verwandelt. Damals war das Ganze noch analog und draußen. Allerdings wären wir natürlich niemals in der Lage gewesen, ein Action-Fest abzufeuern, wie es Toy Soldiers: War Chest nun auf den Konsolen und dem PC tun kann.

Umso erfreulicher ist es, dass die Spielzeughelden von einst in digitaler Form zum Leben erweckt werden. Das eben beschriebene Szenario wird mir in einem knallbunt-designten Vorspann vor Augen geführt. Zwei Kinder spielen in der titelgebenden "War Chest", also der Kriegskiste (wenn wir es denn wörtlich übersetzen wollen), und hauen sich die Plastikfiguren um die Ohren. In diesem Sinne attackiert die zierliche Elfe Starbright den grobschlächtigen Soldaten der preußischen Armee, dessen Anführer einfach nur der "Der Kaiser" genannt wird. Bevor das Logo erscheint und das kachelförmige Hauptmenü aufgerufen wird, prallen die Helden des Spiels in einem absoluten Overkill an Farben und überzeichneten Explosionen aufeinander und stimmen den Spieler auf den Miniaturkrieg im Spielzimmer ein.


Toy Soldiers: War Chest
He-Man ist einer der Helden in Toy Soldiers: War Chest


Wie im Hollywood-Kino eines Joe Dante



Bevor wir uns das Gameplay genauer anschauen, sei noch eines gesagt. Im Grunde ist Toy Soldiers: War Chest eine Reminiszenz an den fast gleichlautenden Films Small Soldiers (1998) von Joe Dante. In dem Mix aus Animation und Realfilm treffen die schurkischen Soldaten der Commando Elite auf die friedfertigen Gargonites. Der durchaus sehenswerte Streifen war in den Kinos nicht sonderlich erfolgreich. Wahrscheinlich lag es am subversiven Humor des Regisseurs, der zwar auch in den beiden (erfolgreicheren) Gremlins-Filmen aufblitzte, aber im Falle der kleinen Soldaten möglicherweise am Geschmack des Publikums vorbeiging. Jeder, der einen zuckersüßen Familienfilm á la Disney erwartet hatte, bekam stattdessen eine ätzende Satire auf den waffenstarrenden Militarismus aus dem Land der Stars und Stripes vorgesetzt. Aber dies soll nur eine kleine Randnotiz für das sein, was uns in Toy Soldiers: War Chest erwartet.


Tower-Defense-Gameplay trifft auf Shooter-Action



Am Anfang wähle ich eine Armee aus und ziehe mangels Alternativen zunächst mit dem Kaiser in die Schlacht. Später kommen weitere Fraktionen hinzu. Eigentlich ist es aber nicht der Befehlshaber in Person, sondern sein Infanterie-Fußvolk, das sich hinter das Maschinengewehr setzt oder mit der "Dicken Bertha" Angst und Schrecken inmitten der gegnerischen Linien streut. Das Schlachtfeld ist eine modellierte Miniaturlandschaft, das sich im Falle des Szenarios mit dem Titel "Die kaiserliche Eisenbahn" auf einem wuchtigen Schreibtisch befindet. Angedeutet wird dies durch eine übergroße Lampe, die über dem Gewusel aus Soldaten und Kanonendonner thront. Zudem liegen Zigarren auf dem Tisch.

Wie in jedem klassischen Tower-Defense-Spiel muss ich meine Burg, also die War Chest, verteidigen und dafür sorgen, dass die Punktzahl der Kiste nicht auf Null sinkt. Jede Einheit, die es durch meine Verteidigungslinien schafft, knabbert bedrohlich an meinen hundert Gesundheitspunkten. Sinkt der Wert auf Null, ist die Schlacht verloren. Während der Status meiner War Chest im oberen linken Bereich des Bildschirm angesiedelt ist, werden rechts die jeweils anrückenden Einheiten, ihre Anzahl und der Countdown der nächsten Gegnerwelle angezeigt. Schließlich bleibt noch ein Helden-Barometer, das es zu füllen gilt und das sich am linken Rand befindet. Erst wenn ein bestimmter Wert erreicht ist, kann ich spezielle Figuren aktivieren, also den Kaiser, He-Man oder den Duke aus G.I. Joe. Der Moment, in dem das Spielzeug zum Leben erweckt wird, ist sehr liebevoll umgesetzt. Zunächst kracht eine riesige Plastikverpackung auf den Boden der Spielkiste, aus dessen Ummantelung sich der Power-Soldat herausschält und von mir gesteuert werden kann.


Toy Soldiers: War Chest
Eines der Szenarien orientiert sich an den Waffen und Soldaten des 1. Weltkriegs


Bevor die ersten Gegnerwellen auf mich losgelassen werden, kann ich auf festgelegten Arealen meine Verteidigung errichten, also ein MG-Nest, die Flugabwehr oder eben die "Dicke Bertha", mit der ich vor allem den End-Boss beharken muss. Im Falle der kaiserlichen Eisenbahn ist dies eben ein gepanzerter Zug, der meine Spielkiste plattwalzen will und daher aus allen Rohren beschossen wird. Sämtliche Waffen kann ich in mehreren Stufen aufrüsten und verstärken. Diese Vorarbeiten werden von mir bequem aus der Vogelperspektive erledigt. Ist das Startkapital in Waffen umgesetzt und der Countdown abgelaufen, kann die Action beginnen. Hier kommt das Besondere an Toy Soldiers: War Chest zum Tragen. Es besteht natürlich die Möglichkeit, sich das Schlachtengetümmel in klassischer Tower-Defense-Manier bequem aus der Perspektive des Feldherrn anzusehen, der nur dann eingreift, wenn ein Geschütz ausgewechselt werden muss. Doch ich kann auch jederzeit selbst den Abzug drücken und zwischen den Gefechtseinheiten hin- und herschalten.

Im Zuge der Kampagne durchlaufen meine Armeen mehrere Stufenanstiege. Nach einer siegreichen Runde werden neue Figuren freigeschaltet. Geld für neue Ausrüstung und Upgrades verdiene ich mir, indem ich möglichst viele Soldaten in den Spielzeughimmel schicke. Prinzipiell kann ich auch die Dekoration, wie Kühe und Bäume, zerschießen, was zwar einen Heidenspass bereitet, allerdings keinen monetären Gegenwert darstellt. Die In-Game-Währung kann ich nicht nur durch gezielte Treffer ansammeln, sondern auch durch harte Euros erwerben. So haben z.B. 2000 Marken den Gegenwert von 1,99 Euro. Für 26.000 Marken muss ich bereits 19,99 Euro auf den Tisch legen. Im Spiel gibt es natürlich eine weitere Anzahl an Fraktionen und Schlachtfeldern und neben einer Solokampagne auch einen Online-Multiplayer-Modus.




Jari

Fazit von Jari:

Mit seiner Mischung aus Tower-Defense und Action-Gameplay kann Toy Soldiers: War Chest durchaus fesseln. Auch Statistikfreunde und Trophäenjäger kommen bei diesem Titel voll auf ihre Kosten. Allerdings können der Kanonendonner und die knallbunten Explosionen nicht davon ablenken, dass sich auf dem Schlachtfeld auch ein paar Probleme auftun. So unterscheiden sich die verschiedenen Fraktionen nicht sonderlich voneinander. Egal, für welche Armee ich mich entscheide, ich bekomme letztlich immer dasselbe Spiel geboten. Auch ist es natürlich schön, dass die Spielzeughelden meiner Kindheit ein starkes Comeback erleben und ich mit G.I. Joe und seiner dicken Wumme durch die gegnerischen Reihen pflügen kann, dass kein Grashalm mehr wächst. Was haben aber in diesem Zusammenhang Ezio-Action-Figuren in diesem Spiel zu suchen. OK: Ubisoft hat das Spiel herausgebracht, aber niemand hat in seiner Kindheit mit Ezio-Figuren gespielt. In diesem Fall ist jeglicher Nostalgie-Faktor, der den Titel abseits von seiner Mechanik für mich interessant macht, dahin. Von seinem Vorgänger Cold War, der sich auf das G.I. Joe-Branding beschränkte, unterscheidet sich das nun erschienene Spiel allein durch neue Fraktionen und Helden. Wer das Gameplay mag und sich nicht daran stört, dass die In-Game-Käufe schon sehr forciert werden, darf zugreifen.

Besonders gut finde ich ...
  • Motivierende Mischung aus Tower-Defense und Action-Gameplay
  • Actionfiguren der 1980er-Jahre werden zum Leben erweckt
  • Nostalgiefaktor
  • Trophäenjäger kommen voll auf ihre Kosten...
  • Statistikfans übrigens auch
Nicht so optimal ...
  • Kurze Single-Player-Kampagne
  • In-Game-Käufe stark im Vordergrund

Jari hat Toy Soldiers: War Chest auf der PlayStation 4 gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Ubisoft zur Verfügung gestellt.

Toy Soldiers: War Chest - Boxart
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  • Entwickler:Signal Studios
  • Publisher:Ubisoft
  • Genre:Arcade-Strategie
  • Plattform:PC, PS4, Xbox One
  • Release:11.08.2015

Kommentare & Likes

Folgenden Usern gefällt der Beitrag: 3 Gästen.
  • Robert Kolovitza
    #1 | 24. September 2015 um 15:13 Uhr
    Haha das sieht lustig aus  
  • Jari
    #2 | 12. Oktober 2015 um 21:17 Uhr
    Das sieht nicht nur lustig aus, das spielt sich auch so!   

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