Umbrella Corps - Review

Erinnert ihr euch noch an diesen Kerl, der vor etwa fünf Jahren das Aushängeschild dieser schrecklichen Supporthotline eines bekannten Internetunternehmens war? Selbst weit draußen auf dem Feld suggerierte er dem Kunden, dass dort der WLAN-Empfang stimmen würde. Vermutlich haben sich die Mannen von Capcom daran erinnert und jenen Kerl aus der Versenkung geholt. Anders sind die ewigen Wartezeiten in den Lobbys der Zombiejagd von Umbrella Corps wohl nicht zu erklären. Eine Geschichte über meinen Leidensweg...

Abseits der Hauptspiele der Horror-Franchise gab es schon so einige Titel, die unter dem Radar geflogen sind. Unvergessen das fürchterliche Resident Evil - Operation Raccoon City, welches für die letzte Konsolengeneration erschienen ist und eindrucksvoll unterstrich, wie ein Spiel nicht aussehen sollte. Eigentlich dachte ich zum damaligen Zeitpunkt, dass es nicht viel schlechter gehen würde, aber Capcom beweist abermals, dass die Hürde schlechten Geschmacks und grauslicher Umsetzungen noch bei weitem gesenkt werden kann. Doch wollen wir mal nicht direkt unfair werden: Umbrella Corps hat durchaus einen interessanten Ansatz und verfolgt eine nette Idee, wenn da nur nicht all diese nervigen Fehler wären.


Die Geschichte eines überstarken Beils



Beginnen wir von vorn: Auf winzig kleinen, uninspirierten, aber an vergangene Resident Evil-Ableger orientierten Maps, gehe ich mit einem Dreier-Team auf die Jagd nach Untoten und feindlichen Online-Spielern. In Begleitung von schweren Waffen, Granaten und einem überstarken Beil versuchen meine Mitspieler und ich verschiedene Missionstypen, die alle hintereinander weg gespielt werden müssen, erfolgreich abzuschließen. In so einer "Multi-Mission" gewinnt das Team, welches als erstes drei aus insgesamt fünf möglichen Punkten erspielt hat. Klingt interessant? Ist es aber nicht. In unterschiedlichen Zyklen folgen die aus anderen Genre-Vertretern bekannten Spielmodi: Team-Deathmatch, das Verteidigen und Einnehmen verschiedener Punkte auf der Karte sowie allenfalls leicht abgewandelten Deathmatch-Varianten, die jeden taktischen Anspruch vermissen lassen. Während Letzterer zumindest noch teilweise in den Trailern suggeriert wurde, verkommen die um die zwei Minuten langen Matches meist zur völlig chaotischen Nahkampfaction.

Immer wieder wird man also Zeuge davon, wie alle Spieler schon zu Beginn der Runde das Beil zücken, wie die Wilden aufeinander zu rennen und kräftig die Schultertasten spammen. Wer gewinnt? Das entscheidet wohl der Zufall - denn die Nahkampfduelle sind dank der furchtbaren technischen Umsetzung derart laggy, dass kurz vor dem Einsatz des Beils das Bild für etwa eine halbe Sekunde einfriert. Kurz darauf liegt entweder der Gegner am Boden oder ich bekomme den nervigen Todesbildschirm präsentiert. Dieser lässt mich immer wieder aufs Neue über zehn Sekunden lang warten, bis ich in die ohnehin schon sehr kurzen Runden wieder einsteigen kann. Überdies bin ich nicht vor Spawn-Kills geschützt, da es gut und gerne passieren kann, dass ich inmitten der gegnerischen Hälfte spawne und somit nach nur wenigen Sekunden erneut den Boden küssen darf.


Umbrella Corps
Ein Ausflug nach Raccoon City sollte eigentlich die Fan-Herzen höher schlagen lassen.


Warte auf einen weiteren Spieler...



Abgesehen davon verbringe ich die meiste Zeit im Menü und warte auf weitere Mitspieler. Erst vor kurzem habe ich in einer solchen Wartezeit den heimischen Abwasch getätigt und den Abfall entsorgt. Falls dann gerade mal keine Hausarbeit anliegt, gibt es immerhin die Möglichkeit meinen ausgewählten Charakter zu individualisieren oder aus verschiedenen Waffensets und Visieren zu wählen. Letztere schaltet man klassisch über Erfahrungspunkte frei, welche nach dem Abschluss eines Gefechts ausgeschüttet werden. Anders als in ähnlichen Genre-Vertretern motivieren diese Upgrades nur bedingt, da die Waffen weitgehend automatisch aufleveln und ich keinen Einfluss darauf habe.

Ebenso unverständlich ist die Entscheidung, dass die gebotenen Spielmodi nur als Kompaktpaket gespielt werden können. Schnell mal eine Runde Deathmatch mit Freunden? Unmöglich! Lediglich im "Ein-Leben-Modus" kann ich direkt in die Action einsteigen. Angelehnt an die Runden aus Counter-Strike muss nach dem Ableben aus dem Spectator-Modus, der diesen Namen eigentlich gar nicht verdient hat, das Spielgeschehen verfolgt werden. Wer kommt bitteschön auf die Idee, dem ohnehin schon gefrusteten Spieler die unübersichtliche Top-Down-Kamera aufzuzwingen?


Umbrella CorpsUmbrella Corps
Im "Singleplayer" ist man meist mit dem Sammeln von DNA-Proben beschäftigt.


Das Experiment



Finden sich über längere Zeit dann doch mal keine Gegner, bietet sich ein Ausflug in den Singleplayer-Modus an. Ohne Story, ohne Hinweise, selbst ohne erklärende Text-Boxen starte ich die Zombiehatz auf den gleichen Multiplayerkarten. Die Spielmodi bleiben ebenfalls die gleichen, wenngleich ich nun auf die Untotenjagd begrenzt und meist mit der Suche nach DNA-Proben beschäftigt bin. Diese Ausflüge sind peinlich genau mit einem Zeitlimit ausgestattet, so dass das ohnehin schon stressige Herumtreiben noch einen Schritt stressiger wird. Demgegenüber bin ich mit einem Geräusche dämpfenden Jammer ausgestattet, der die modrigen Genossen einen gewissen Zeitraum von mir fern hält, falls dieser unbeschädigt bleibt. Dennoch wirkt der Solo-Modus derart aufgesetzt und fehl platziert, dass wirklich keinem dazu geraten ist, das Spiel auch nur deshalb anzuspielen.


Ein Leben am Limit: Wenn Bugs das Spielgeschehen dominieren



Im Rahmen der unkoordinierten Schlachten gesellen sich außerdem etliche Bugs hinzu, die das Leben in der Zombieapokalypse noch weiter erschweren. Nicht nur einmal war ich auf der Flucht vor einem Feind und wollte mich in einem nahe gelegenen Haus verschanzen. So eine Tür zu öffnen, sollte eigentlich kein Problem darstellen, oder? Nun, wenn man in der Animation dafür hängen bleibt, schon. Schlussendlich könnt ihr euch denken, dass man genau in solchen Situationen natürlich leichtes Futter für seine Gegner darstellt. Gleichermaßen versagt das Deckungssystem, welches in den Gefechten ohnehin kaum zum Einsatz kommt. Nur mit einem separaten Knopfdruck lehnt sich mein Charakter gegen die Wand - mit Glück vielleicht gegen die richtige. Sobald aber ein Gegner eine Granate in den Raum wirft oder gar mit mörderischem Tempo in das Zimmer stürmt, dauert es viel zu lange von der Wand wegzukommen und der Bildschirmtod ist garantiert. Hinzu kommen die ständig erwachenden Kreaturen, die nur über ein rudimentäres Kollisionssystem verfügen und auf Dauer gehörig nerven und in teilweise in Massen hinter mir herjagen.

Der Ausflug zu den bekannten Orten der Resident Evil-Reihe gestaltet sich zudem optisch allenfalls zweckmäßig und wird oftmals von Grafikfehlern begleitet. Die Texturen sind teilweise schwach aufgelöst und trotz der sehr, sehr kleinen Areale, denen jede Studentenbude Konkurrenz machen könnte, ruckelt das Spiel ohne ersichtlichen Grund fast durchgehend.



Predator

Fazit von Kevin:

Unkoordinierte Kämpfe, uninspirierte Karten, ein schreckliches Deckungssystem und fiese Wartezeiten brechen Umbrella Corps das Genick und lassen das Spiel, wohl ähnlich den eben vernichteten Untoten, schnell in Vergessenheit geraten. Der Angriff auf Genre-Vertreter ist Capcom auf ganzer Linie misslungen. Der Ansatz, ein Counter-Strike im Resident Evil-Universum mit entsprechenden Feinden anzusiedeln ist durchaus interessant, aber leider viel zu undurchdacht und sperrig umgesetzt. Für mich bleiben nach meinem Ausflug in Umbrella Corps viele Fragen offen.

Wieso kann ich einzelne Spielmodi nicht frei anwählen? Warum hat man sich nicht mehr Mühe mit der Kampagne gemacht? Wieso hat man sich für die "Über-Schulter-Kamera" und nicht gleich für die Ego-Ansicht entschieden? Das alles sind Fragen, die sich Capcom nach dieser Umsetzung gefallen lassen muss. Nicht umsonst melden sich auf Steam vermehrt erboste und enttäuschte Spieler, die auf dem PC auch noch mit einer emulierten Maus-Steuerung spielen müssen. Jedem noch so großen Fan des Resident Evil-Universums kann ich dahingehend nur von dieser Umsetzung abraten, es sei denn, ihr wollt Zeuge eines völlig überteuerten Spiels werden, welches bestenfalls als Free-to-play-Titel hätte Erfolg haben können.

Umbrella Corps hätte ein solider Budget-Shooter werden können, sofern man rudimentäre Mechaniken besser umgesetzt und das angestaubte Map-Design sowie ein motivierendes Erfahrungssystem verändert bzw. integriert hätte.

Besonders gut finde ich ...
  • netter Dubstep-Soundtrack
  • Ausflug zu alten Resident Evil-Orten
  • teils kostenloser DLC-Support (neue Maps etc.)
Nicht so optimal ...
  • fürchterliches Deckungssystem
  • lange Wartezeiten in Lobbys
  • sperrige Steuerung
  • viel zu kleine Maps
  • unausbalanciertes Waffenhandling
  • viel zu kurze Runden
  • Wartezeiten zwischen dem Ableben zu lang
  • ruckelnde Gefechte (Serveranbindung)
  • ständige Bildrateneinbrüche
  • mangelhafte Umsetzung des Singleplayer-Modus
  • kein Koop-Modus

Kevin hat Umbrella Corps auf der PlayStation 4 gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Capcom zur Verfügung gestellt.


Umbrella Corps - Boxart
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  • Entwickler:Capcom
  • Publisher:Capcom
  • Genre:Third-Person-Action
  • Plattform:PC, PS4
  • Release:21.06.2016