Wallace & Gromit's Grand Adventures - Urlaub unter Tage - Review
Wallace plant, tüftelt, bastelt und erfindet. Und scheitert.
Zugegeben: Nicht jeder hat schon einmal von den Knetfiguren Wallace und Gromit gehört, aber die, die sich noch an die britischen Animationsfilme von Aardman Animations aus den Neunzigern erinnern können, werden diese noch heute mit einem Lächeln im Gedächtnis behalten haben. Vor fünf Jahren hat man das letzte Mal etwas von beiden Kultfiguren gesehen, zumindest auf der Leinwand. Denn Telltale, die Erfinder der Episodenspielchen, ließen sich nicht lumpen, ein waghalsiges Abenteuer rund um Wallace, dem Erfinder, und seinem Hund Gromit zu stricken. Nach über einem Jahr erscheinen nun auch die deutschen Versionen der vier Episoden. Wir beginnen mit der ersten: Urlaub unter Tage.
Und wo wir gerade beim Sitzen sind: Wer hinsichtlich des unverschämten Preises von über 15 Euro pro Episode (Spieldauer 3-4 Stunden) nicht sofort vor Schreck auf sein Sitzfleisch fällt, hat entweder einen Goldesel im Garten oder ein zu dickes Portemonnaie.
Nun habe ich ganz schön viel gemeckert, noch bevor ich über das eigentliche Spiel gesprochen habe - dabei wurde ich während der recht kurzen Spielzeit, auch als Nichtkenner der beiden Hauptfiguren, des Öfteren amüsiert.
Das Wetter ist schuld
Der vor abstrakten Ideen sprudelnde Tüflter Wallace und sein vierbeiniger Freund Gromit wollen einen lang ersehnten Ausflug in die Hafenstadt Blackpool machen. Allerdings meint es das Wetter nicht gut mit den beiden: Aufgrund eines Unwetters wird der Keller überschwemmt und der Urlaub fällt buchstäblich ins Wasser. Doch Wallace wäre nicht Wallace, wenn er keine Idee hätte, den verloren geglaubten Urlaub nicht doch noch zu retten. Mit der zuvor angesammelten Menge Geld (wie Wallace dazu kommt, erfahrt ihr paradoxer Weise in der letzten Episode) verwandelt der Erfinder seinen Keller kurzerhand in ein unterirdisches Strandparadies. Dazu sucht ihr zuerst die nötigen Utensilien, um euren Plan zu verwirklichen. Später müsst ihr dann sukzessive alle Stadtbewohner dazu bringen, möglichst gewinnbringend euren Erlebniskeller zu besuchen. Natürlich geht am Ende alles schief und eine Katastrophe lechzt nach Menschenleben...
So viel zur ziemlich uninspirierten Story, die in vier Kapiteln präsentiert wird. Da Wallace und Gromit‘s Grand Adventures als 3D-Adventure konzipiert wurde, steuert ihr die jeweilige Figur (neben Wallace seid ihr mit Gromit auch auf vier Pfoten unterwegs) mit den Pfeil- oder WASD-Tasten, wohingegen ihr die einzelnen Objekte mit der Maustaste betrachtet, kommentiert oder verwendet - die Bedienung fällt recht anspruchslos und intuitiv aus. Ebenso anspruchslos sind allerdings auch die Rätsel - ein KO-Kriterium bei Click-Adventures. Die meisten Kopfnüsse entpuppen sich als relativ offensichtliche, selten komplexe Rätselketten. All zu viele Gegenstände werdet ihr ohnehin nicht im Inventar vorfinden, da ihr episodentypisch nur wenige Schauplätze erkunden dürft und somit selten vor größeren Problemen stehen werdet. Wer es genauer wissen will: Als begehbare Areale dienen in der ersten Episode Wallace' Haus samt Keller und Garten sowie der Marktplatz - insgesamt also nicht einmal 8 verschiedene Kulissen, die zwar nett entworfen wurden, aber an Details vermissen lassen. An Objekten erwartet euch stets nur das Nötigste. Wer sich trotzdem mal nicht zurecht finden sollte, darf auf die integrierte Hilfefunktion zurückgreifen. Zumindest Theoretisch, denn in der Praxis haben wir davon nichts gesehen. Da scheint Wallace, wie so oft, bei seiner Bastelei eine Fehler unterlaufen zu sein.
Britischer Humor für die Lachmuskeln
Eine ernüchternde Story, sterile Schauplätze und eine kurze Spieldauer - was kann das Abenteuer von Wallace und Gromit noch retten? Da wäre zum einen der britische Humor mit seinen Slapstickeinlagen, wie ihn Kenner der Kurzfilme bereits kennen, auch wenn er im Humor etwas gequält herüber kommt. Immerhin habe selbst ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen können und ich habe zuvor, wie bereits gesagt, noch nie etwas von den beiden Kauzen gehört oder gesehen. Zum anderen sind da die wenigen, dafür aber fantastischen Nebencharaktere. Egal ob der farbige Mr. Paneer mit seinem herrlich spritzigen Akzent, die elegante, aber naive Mrs. Flitter und deren heimlicher Verehrer Mr. Biscuit, oder gar der Kriegsversessene Major. Die Figuren, welche allesamt fantastisch vertont wurden - die Entwickler haben sogar an Wallace' Originalstimme gedacht und Peter Kirchberger vor‘s Mikrofon gezerrt - , tragen euch durch die Handlung und machen einen Großteil des Spielerlebnisses aus - immerhin habt ihr aufgrund von Ungereimtheiten und Wünschen eurer Ortsnachbarn stets alle Händen voll zu tun.
Technik von Vorgestern
Während es ein Schmaus für die Ohren und das Gemüt ist, den witzigen Mono- oder Dialogen der ausgefallenen Charaktere zu lauschen, war man bei den Kommentaren von Wallace weniger originell. Während der zwei bis vier Stunden, in denen ihr euch durch das Abenteuer rätselt, werdet ihr gefühlte Hundert Male das Wort Kumpel zu Ohren bekommen und auch sonst unterscheiden sich die eingeworfenen Ellipsen zu wenig voneinander.
Wo die Synchronisation für Freudensprünge sorgt und Kenner der Vorlage in alten Erinnerungen schwelgen lässt, hat man natürlich auch bei der Optik versucht, das Flair der aus Plastillin aufwändig gestalteten Figuren so gut wie möglich einzufangen. Das ist den Entwicklern aber nur bedingt gelungen. Die Grafik wirkt altbacken, trist und zuweilen leblos, obschon die Knetfiguren allesamt passend getroffen wurden. Trotzdem ist in der heutigen Zeit bei weitem mehr drin - auch die gelegentlichen Grafikfehler müssen nicht sein. Schließlich sind die Episoden recht schlank, da darf man bei der Präsentation schon etwas mehr erwarten.
Immerhin ist das Abenteuer zu ende, bevor es richtig begonnen hat. Weiter geht‘s mit Episode 2 - Das Hunde-Komplott -, oder halt, war das nicht Episode 3 (Muzzled!)?
Fazit von Khezul:
Ich warte auf das nächste Episodenhäppchen!
- Originalsprecher, -schauplätze
- fantastische deutsche Vertonung
- typisch britischer Humor
- logische Rätsel
- zu kurze Spieldauer
- altbackene Optik
- zu anspruchslos
- vertauschte Episoden
- langweilige Story
- zu teuer
Khezul hat Wallace & Gromit's Grand Adventures - Urlaub unter Tage auf dem PC gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Daedalic Entertainment zur Verfügung gestellt.