Tom Clancy's HAWX 2 - Review
Wie man in der Luft gewinnt und auf dem Boden versagt
Nach ihrem erfolgreichen Versuch, dem Genre der Flugsimulationen die optimale Dosis Arcade-Elemente zu verpassen, schiebt Ubisoft mit "H.A.W.X. 2" schon den Nachfolger hinterher. Und Sequels sind in der Regel besser als ihre Vorgänger. Bei H.A.W.X. 2 würde das mehr Abwechslung und vor allem eine spannendere Geschichte bedeuten. Doch während sich die Entwickler den einen Punkt zu Herzen genommen haben, versagten sie bei dem anderen auf ganzer Strecke.
Ein Multitalent ...
Wie macht er das nur, dieser Tom Clancy. Zahlreiche Spieletitel tragen seinen Namen und bedienen sich seiner geistigen Ergüsse. Ob wir in "Splinter Cell" mit Sam Fisher diverse Schlösser knacken, in "Ghost Recon" unsichtbar durch den Dschungel robben oder als Rainbow-Six-Team ebenso lautlos besetzte Gebäude infiltrieren. Und dann gibt es ja schließlich noch "Endwar". Alle Titel haben aber eines gemeinsam: ihren geschichtlichen Rahmen. Wo die vernetzte Storyverbindung zwischen den oben genannten Spielen noch überraschen mag, dürften selbst eingefleischte Kriegsveteranen bei dem neuesten Produkt aus Tom Clancy‘s Schreibfeder nur noch müde gähnen. Auch in "H.A.W.X. 2" werdet ihr mit allerhand patriotischem Gefasel konfrontiert, welches zuweilen zwar nicht abwegig, aber mit der Zeit nur noch an eine Paranoia der US-Amerikaner erscheint. Deshalb will ich nicht all zu weit ausholen und erkläre euch die Story in aller Kürze: Die Russen befinden sich im Krieg mit den Separatisten und nehmen Ölfelder in der Nordsee ein, während die US-Amerikaner wieder einmal Terroristen jagen, deren gestohlenen Waffen ebenfalls einen atomaren Sprengkopf beinhalten. Zum Glück sind die tapferen Flügelmänner des H.A.W.X.-Geschwaders nicht weit, die den Ärger natürlich richten und den Weltfrieden wieder in Ordnung bringen müssen.
... dem die Puste ausgeht
Wer aufgrund dieser leidenschaftslosen Handlung nicht sofort in Narkolepsie verfällt, darf in "H.A.W.X. 2" nun im wahrsten Sinne des Wortes die Turbinen einschalten, bevor er sich in die Lüfte begibt. Eine Neuerung des Sequels sind nämlich die Start- und Landeanflüge in jeder Mission, bei denen ihr ordentlich die Ventile dampfen lassen müsst, um an Schub zu gewinnen, bevor ihr langsam die Nase des eisernen Vogels hochzieht - beziehungsweise bei der Landung sowohl auf eure Geschwindigkeit als auch die Position und Haltung des Stahlriesen achten müsst. Wer noch keinen Pilotenschein sein Eigen nennt, braucht jetzt aber keine Schweißflecken zu bekommen - das Spiel nimmt euch in den ersten Missionen gewohnt fest an die Hand und bringt euch in kleineren Testabschnitten den Umgang mit eurem fliegenden Gefährt und dessen Bewaffnung näher. Allerdings solltet ihr völlig schwindelfrei sein, denn in gut 6000 Metern Höhe und mehr macht sich ein Schwall Erbrochenes im Cockpit nicht gerade gut, zumal ihr in den oft hektischen, dafür ziemlich kurzen Gefechten des Öfteren um eure eigene Achse fliegt und sich das Bild in alle Richtungen dreht - auch, wenn ihr etwaigen Raketenbeschuss ausweichen müsst oder aufgrund einer hartnäckigen Verfolgung wahnwitzige Pirouetten auf dem wolkigen Tanzparkett hinlegt. Mirst es daher völlig unverständlich, wieso es die fakultativen Hilfsanzeigen zum Abfangen der Geschwader nicht mehr gibt. Selbst die Kameraperspektive muss umständlich im Optionsmenü geändert werden, wo damals ein simpler Tastendruck ausreichte. So kann ich nicht mehr in der Ego-Ansicht über die vielfältigen Schauplätze düsen und zugleich meinen Vogel von außen betrachten.
Gentlemen, start your engines!
Habt ihr euch nach den Trainingsmissionen vollends an die Vorzüge der Y-Achse gewöhnt, werdet ihr auch gleich in die chaotische Welt des Luftkrieges entlassen. Veteranen freuen sich über die neuartigen Tankszenen sowie über den Off-Mods, der überdies seit Spielbeginn zur Verfügung steht. So ermüdend und vorhersehbar sich die Story während der 20 recht langen Missionen entwickelt, so abwechslungsreich sind diese dafür ausgefallen. Denn die Entwickler haben im Vergleich zum Vorgänger noch mehr Passagen eingebaut, in denen sich der Adrenalinpegel etwas beruhigen kann und ihr beispielsweise mit einer in den luftigen Höhen versteckten Drohne einen LKW verfolgt und das Telefongespräch der Terroristen mitschneidet, oder mit derselbigen Infrarotmarker verschießt, um Gebäude und andere feindliche Einheiten für eine spätere Mission zu kennzeichnen. Auch an Nachteinsätze haben die Entwickler gedacht und selbst in den Genuss von bunten Farben dürft ihr wieder kommen. Die Rede ist jetzt selbstverständlich nicht von den visuellen Erlebnissen nach einer Pille Ecstasy, sondern dem Farbspiel eines Wärmesichtgerätes, mit dessen Hilfe ihr euren Kumpanen aus sicherer Entfernung Unterstützungsfeuer gebt. Der Wechsel zwischen epischen Luftschlachten, bei denen ihr eine gewisse Höhe oder Tiefe halten und auch dann und wann durch enge Bergschluchten manövrieren müsst, - und geruhsamen Lautlos-Einsätzen ist hervorragend gelungen, obschon erstere erst gen Ende des Spiels so richtig an Fahrt gewinnen. Apropos Fahrt: Neben allerhand Flugzeugen, Hubschraubern und anderen Luftkünstlern bekommt ihr es freilich wieder mit Land- und Wassereinheiten zu tun. Um den anrückenden Feinden Herr zu werden, dürft ihr daher wieder auf zahlreiche Raketentypen zurückgreifen, die je nach zu beschießendes Feindobjekt klug eingesetzt werden müssen. Bodenziele lassen sich nicht mit Luftraketen beharken, dafür können Radargelenkte Sprengkörper selbst auf extreme Distanz ihr Ziel nicht verfehlen, so lange ihr den Zielradius korrekt anpeilt. Cluster-Bomben hingegen durfte ich während der Kampagne für meinen Geschmack viel zu selten einsetzen.
Pilotenschein von Nöten
Die Vielfalt des Waffenarsenals nützt aber nichts, wenn der Pilot sie nicht einzusetzen weiß. Daher ist auch das aus dem Vorgänger bekannte Belohnungssystem wieder mit von der Partie. Je geübter ihr durch die tosenden Stürme braust und dabei Feindvolk niederbrezelt, desto mehr Erfahrungspunkte (kurz XP) hagelt es auf euer Konto, bei dem ihr sogar nach und nach im Level aufsteigt. So lassen sich neben neuen Überlebens- und Arcade-Operationen wieder zusätzliche Flugzeuge samt Fähigkeiten freischalten. Selbige dürfen dann im Gefecht gegen die hervorragende KI oder einen Kollegen aus Fleisch und Blut eingesetzt werden. Neben einem Koop-Modus erwarten euch nämlich gewohnt spektakuläre Mehrspielerschlachten.
Auch wenn ihr in der Luft ohnehin nur eine Farbe sehen werdet, nämlich das Blau des Himmels oder des Meeres, machen die detaillierten Landschaften wieder einen hervorragenden Eindruck. Zumindest solange ihr euch in ausreichender Entfernung befinden - in der Nähe verkommen die Texturen nämlich des Öfteren zum grobaufgelösten Pixelbrei. Mehr Bildpunkte hätten abgesehen von den zahlreichen Kampffliegern auch alle Umgebungsobjekte sowie die Zwischensequenzen vertragen können, die seit jeher zu den Stärken der Tom Clancy-Spiele zähen. In "H.A.W.X. 2" wird euch aber seltsamerweise eine Mischung aus grobkörnigen Flimmerbildchen und den in altgewohnter Qualität gerenderten Filmschnipseln serviert. Akustisch gibt es indes nichts auszusetzen - der Soundteppich sorgt stets für orchestrale Kriegsschlachten, bei denen selbst die Motorengeräusche nicht zu kurz kommen. Die deutschen Synchronstimmen können aber erneut nicht mit ihren englischen Pendants mithalten.
Waghalsige Piloten sind hier also voll in ihrem Element. Ich hoffe, dass Tom Clancy für das Skript seines nächsten Titels ebenfalls über sich hinauswächst.
Fazit von Khezul:
- Abwechslungsreiche Missionen
- Vielfältige Schauplätze
- Spannende Luftgefechte
- Zahlreiche Flugzeuge und Extras
- Belohnungssystem
- Faire Checkpoints
- Unkomplizierte Steuerung
- Beeindruckende Landschaften
- Koop- und Arcade-Missionen
- Langweilige Story
- Polygonarme Objektdetails
- Zuweilen frustrierend
- Zu kurze Luftschlachten
- Off-Modus oft unbrauchbar
- Tank
- und Landeszenen sind Geschmacksache
Khezul hat Tom Clancy's HAWX 2 auf der Xbox 360 gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Ubisoft zur Verfügung gestellt.
#1 | 20. September 2010 um 11:37 Uhr
#2 | 20. September 2010 um 12:39 Uhr
Der MP macht einen sehr guten Eindruck. Auch die Arcade-Missionen, in denen man die Story-Aufträge unter gewissen Vorgaben absolvieren muss, motivieren. Dadurch sammelt man XP-Marken, die man dann in individuelle Extras investiert - im MP durchaus spaßig. Erfahrene Piloten avancieren somit zwar zur Killermaschine, doch auch Anfänger sollten nach dem Durchspielen der Kampagne ihre 20 Marken zusammen haben.
#3 | 30. September 2010 um 16:33 Uhr