Anomaly: Warzone Earth - Review

Viele Spieler kennen es. Fast jeder liebt es: Tower Defense. Das ursprünglich als Dune 2-Mod gestartete Subgenre der Echtzeit-Strategie hat sich - auch dank WarCraft 3 - bis heute einer stetig wachsenden Anzahl an Titeln erfreut, die mal mehr mal weniger gut das Spielprinzip aufgegriffen und bestenfalls erweitert haben. Aber Hand auf's Herz: jeder hat sich schon einmal gefragt, wie es wäre, wenn man nicht selbst die Türme platziert, sondern statt dessen die Seiten wechselt und selbst Einheiten in das Labyrinth schickt. Dieser Idee haben sich die polnischen Entwickler von 11bit Studios angenommen und mal eben einen wahnsinnig unterhaltsamen Erstling abgeliefert. Willkommen bei Tower Offense.

Die kleinen Tricks machen den großen Unterschied



In heutigen Zeiten, wo man Innovationen und neue Ideen mit der Lupe suchen muss, sind es meist die kleinen Studios oder Entwicklerteams, die mit einfachen Tricks angestaubten Genrevertretern neue Aspekte hinzufügen. Nehmen wir doch einfach mal das großartige Limbo, das im Prinzip das klassische Jump'n'Run mit einer einmaligen Atmosphäre versieht und somit ein komplett neues Spielgefühl schafft. Oder wie wäre es mit Lara Croft & The Guardian of Light? Eine bestehende und etablierte Marke wird in ein komplett anderes Genre verfrachtet und mit einem spaßigen Coop-Modus versehen - fertig war ein mehr als unterhaltsames Arcade-Spiel. Ähnliches machen die polnischen Jungs der 11bit Studios mit dem Tower-Defense Prinzip. Nur drücken sie dem Spieler dieses mal nicht die Türme in die Hand, sondern lassen ihn als Kommandant einer Spezialeinheit durch die Straßen von Bagdad und Tokyo rennen; zusammen mit einem Platoon aus Kampffahrzeugen, die es zu beschützen gilt. Klingt erst einmal unspektakulär, ist aber für mich das bis dato unterhaltsamste Spielerlebnis 2011.

Anomaly: Warzone Earth


Es war einmal in der Zukunft ...



Wir schreiben das Jahr 2018. Riesige Meteoriten stürzen auf die Erde und schlagen in Bagdad und Tokyo auf. Doch etwas stimmt nicht - plötzlich spannen sich riesige elektrostatische Schirme über die Städte und schneiden jeglichen Funkkontakt ab. Schnell stellt sich heraus, dass die vermeintlichen Meteoriten Teile eines Raumschiffes sind. Wir, als Commander des elitären 14. Platoons, sollen der Sache auf den Grund gehen und daher werden wir in die Zone geschickt, um zu schauen, was da so vor sich geht. Zugegeben, die Story ist eher ein nettes Beiwerk, für das Genre allerdings mehr als funktional. Sie schafft es tatsächlich, die Grundatmosphäre zu übertragen und den Spieler Mission für Mission and er Stange zu halten. Die Charaktere und Figuren sind natürlich nur oberflächlich, allerdings kommt dank Funksprüchen und netten Scherzen zwischendrin tatsächlich ein gelungenes Feeling auf.

Gleich zu Beginn wirft das Spiel den angehenden Commander in ein gelungenes Tutorial, das die Basics von Anomaly: Warzone Earth sehr schnell vermittelt. Auf einer stilisierten Übersichtskarte planen wir einen Weg durch die Straßen von Bagdad, auf dem unser Konvoi in Richtung Anomalie unterwegs ist. An Wegkreuzungen legen wir die Route neu fest und planen, in welche Richtung weitergefahren wird. Weitere Aktionsmöglichkeiten haben wir hier nicht - wir steuern unseren Trupp passiv. Stattdessen geben uns die Entwickler einen Commander in die Hand, den wir aktiv über das Schlachtfeld steuern dürfen. Er kann Power-Ups aufsammeln, die Gegend erkunden und Aktionen ausführen. Auf unserem Weg zur Anomalie kommt es dann so, wie es kommen muss. Wir werden von elektronischen Impulsen beschossen, die unsere Route immer wieder blockieren und uns auf Umwege führen. Also wieder ab in die Karte und neue Wegpunkte setzen. Getroffene Einheiten werden mit dem Commander repariert, der über ein (an Crysis angelehntes) Ringmenü verschiedene Feldoperationen ausführen kann. Wir legen als ein zeitlich begrenztes Repair-Power-Up und alle Einheiten, die hindurch fahren, werden repariert. Später kommen hier natürlich noch mehr Fähigkeiten - wie zum Beispiel Luftschläge oder Ablenkungsmanöver - dazu. Logischerweise sind diese Power-Ups begrenzt und der Einsatz jedes einzelnen muss taktisch wohl überlegt sein. Wer zu früh schlecht plant, hat gegen Ende ganz schlechte Karten.

Wer Angst hat, hier wieder ein überfrachtetes Tastaturkommando vor sich zu haben, der sei beruhigt. Anomaly: Warzone Earth lässt sich theoretisch nur mit der Maus steuern. Linke Maustaste steuert den Commander, rechte Maustaste die Spezialfähigkeiten. Die Mittlere Maustaste lässt uns Einheiten kaufen, upgraden und neu anordnen und mit dem Mausrad zoomen wir auf die taktische Karte bzw. wieder in's Spielgeschehen. Das geht so schnell in Fleisch und Blut über, dass man sich fragt, wieso andere Genrekollegen das nicht schon eher so gut gelöst haben. Vor allem hat man so auch als Anfänger immer das Gefühl, vollste Kontrolle über das Geschehen zu haben. Mausrad nach hinten - taktische Planung, Mausrad vor und ab in die Action. Klick, klick, Mausrad raus und neu planen. Vor uns tauchen viele Türme auf? Mausrad drücken, stark gepanzerte Fahrzeuge nach vorne, Schildgeneratoren dazu. Dank der dynamischen Missionen gibt es immer wieder Änderungen oder Events, die unsere Taktik veralten lassen und neue Planungen verlangen. So hat man immer etwas zu tun und kann sich am Ende der Mission mit der Zigarre im Mundwinkel freuen. Ich liebe es einfach, wenn ein Plan funktioniert - und dank der drei Schwierigkeitsgrade (Casual, Fortgeschritten, Hardcore), hat wirklich jeder schnell Erfolgserlebnisse oder die nötige Herausforderung.

Anomaly: Warzone Earth


Aliens, Explosionen und jede Menge Action


Aber nicht nur die Steuerung ist mehr als gelungen. Auch inszenatorisch kann sich der Titel mehr als sehen lassen und muss sich nicht vor aktuellen Vollpreistiteln verstecken. Schöne Effekte, dynamische Lichtspiele, hochaufgelöste Texturen und knallige Effekte verwöhnen das Auge, während die Ohren des Spielers mit einem rundum gelungenen Soundteppich massiert werden. Der Soundtrack (übrigens hier kostenlos erhältlich) überzeugt mit passenden Stücken, die wunderbar in's Geschehen passen. Die Synchronstimmen sind treffend gewählt, die Effekte ballern satt aus den Boxen. Wenn man es nicht besser wüsste, könnt man meinen, hier einen "großen" Titel vor sich zu haben.

Damit Anomaly: Warzone Earth auch spielerisch genug Abwechslung bietet, haben die Entwickler einige Tricks aus der Spielekiste gezogen. Wie oben schon erwähnt, entwickeln sich Missionen immer recht dynamisch im Verlauf. Plötzlich neu auftauchende Gegner, Zwischenstopps, neue Fähigkeiten, Eskortiermissionen oder Sturmangriffe - kaum eine der Aufträge spielt sich so, wie in der Mission davor. Die Anzahl der gegnerischen Einheiten ist genau so überschaubar wie unser Einheitenpool. Im Laufe des Spiels stehen uns bis zu sechs grundlegend verschiedene Fahrzeuge zur Verfügung, die alle über individuelle Stärken und Schwächen verfügen. Eine "Übereinheit" gibt es nicht und jeder Auftrag lässt sich nur mit dem richtigen Mix aus Feuerkraft und Defensiveinheiten gewinnen. Auch stellt sich bei bestehenden Einheiten die Frage nach der Verbesserung. Upgrade ich lieber die Raketenwerfer für mehr Feuerpower oder stecke ich mein knapp bemessenes Geld doch eher in den Schildgenerator, falls die Aliens noch ein paar Trümpfe im Ärmel haben? Je nach Schwierigkeitsgrad kann genau diese Entscheidung über Sieg oder Niederlage entscheiden.

Für die optische Abwechlsung beginnt das Spiel im staubigen Bagdad, verschlägt den Spieler dann aber später in das verregnete und verwüstete Tokyo. Wer nach knapp 5-6 Stunden mit der Hauptstory durch ist, kann entweder noch einmal von vorne beginnen, um überall Goldmedaillen zu ergattern (z.b. für besonders effektive Routenplanung oder das gezielte Vernichten von möglichst großen Gegnermengen) bzw. auch höhere Schwierigkeitsgrade zu meistern, die es wirklich in sich haben oder man traut sich an die beiden freigeschalteten Modi Bagdad Inferno bzw. Angriff auf Tokyo. In ersterem müsst ihr wellenweise gegnerisch schwer befestigte Energiezellen vernichten, die von Mal zu Mal stärker verteidigt werden, während ihr in Letzterem verschiedene Inseln von Gegnern befreien müsst. Auch hier kann man noch viele Spielstunden investieren, da die Modi sich erfrischend anders spielen und sich mit unterschiedlichen Ansätzen lösen lassen. Wer jetzt immer noch nichtüberzeugt ist, dem sei ein kurzer Blick auf den Launch-Trailer empfohlen:


HerrBeutel

Fazit von Philipp:

Zack, die Bohne. Da ist es - mein erstes, erinnerungswürdiges Spiele-Highlight 2011. Und wer hätte gedacht, dass das gerade einmal knapp 10€ kostet? 11bit Studios liefert mit Anomaly: Warzone Earth eine richtg geile Spaßgranate ab und zwar deshalb, weil man hier für ganz wenig Geld nicht nur stundenlangen Spielspaß bekommt. Auch die Präsentation kann sich sehen lassen, denn Grafik und Sound sind über alle Maße erhaben. Ein fesselnder Soundtrack, eine funktionale aber sehr detailreiche Optik und jede Menge Explosionen verwöhnen die Sinne. Die Taktikkomponente ist perfekt in das actionreiche Gameplay eingearbeitet, das Einheitenmanagement ist fordernd aber nicht übermäßig komplex und bereits nach wenigen Minuten ist man mittendrin in der Anomalie. Rauszoomen, Routeplanen, Einheiten zusammenstellen, reinzoomen, Power-Ups suchen, Einheiten reparieren und Upgraden, neue Route einstellen. Da man das gesamte Spiel nur mit der Maus spielen kann, hat man immer die volle Kontrolle über das Geschehen und kann sich ganz auf neue Taktiken, Ideen und die Action konzentrieren. Wer auch nur im entferntesten etwas für gut gemachte und spaßige Echtzeit-Strategie über hat, der sollte dem Titel eine Chance geben. Dank der gut abgestimmten Schwierigkeitsgrade hat hier jeder schnell erste Erfolgserlebnisse und da die Missionen sehr Abwechslungsreich gestaltet wurden, kann auch der Langzeitspaß überzeugen. Jetzt fehlen eigentlich nur noch ein Editor und ein Multiplayer, dann wäre das Spiel perfekt. Unbedingt die Demo antesten!

Besonders gut finde ich ...
  • Spaßige Idee
  • Gelunge Inszenierung
  • Tolle Soundkulisse
  • Einfaches, aber komplexes Gameplay
  • Gut abgestimmte Schwierigkeitsgrade
  • Freischaltbare Spielmodi
  • Hoher Wiederspielwert dank Achievements, Onlinelisten & Medaillen
Nicht so optimal ...
  • Kein Editor
  • Kein Multiplayer
  • Kampagne etwas kurz

Philipp hat Anomaly: Warzone Earth auf dem PC gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Just A Game zur Verfügung gestellt.


Darius

Fazit von Darius:

Tolle Idee, klasse umgesetzt! Mit ihrem Debüttitel haben die 11 bit Studios ein tolles Spiel geschaffen und warten dabei gleich mit einer neuen Spielidee auf, denn während man in Tower Defense Spielen meist die ganze Landschaft mit Verteidigungsanlagen zupflastert, schlüpft man hier in die Rolle der Angreifer - Tower Offense ist die Devise. Es macht einfach Spaß als Squadleader sein Team durch die Missionen zu führen und dabei zwischen dem Action- und Taktikpart hin und herzuschalten, hierbei stehen euch 6 verschiedene Einheiten und 4 Fähigkeiten zur Verfügung, die stets limitiert einsetzbar und auf jeder Karte geschickt einzusetzen sind. Atmosphärische Sounduntermalung, detailierte Grafik und eine gute Mischung aus Strategie, Taktik und Action runden das Spielgeschehen ab, für 10-15 Euro definitiv ein Must-Have-Titel. Wenn die 11 bit Studios nun noch einen Multiplayer und ggf. einen Mapeditor auf die Beine stellen, steht der Weltherrschaft nichts mehr im Wege ;-)

Besonders gut finde ich ...
  • Coole Spielidee, klasse Umsetzung
  • Gute Mischung aus Strategie,
  • Taktik & Action
  • Gut inszenierte Storykampagne
  • Intuitive Steuerung & Gameplay
  • Herausfordernde Schwierigkeitsmodi
  • Atmosphärische Sounduntermalung
  • Tolle Grafik & Effekte
  • Preis-Leistungs-Verhältnis
Nicht so optimal ...
  • nur Singleplayermodi
  • relativ kurze Kampagne (~6 Stunden)

Darius hat Anomaly: Warzone Earth auf dem PC gespielt.

Anomaly: Warzone Earth - Boxart
  •  
  • Entwickler:11 bit studios
  • Publisher:Just A Game
  • Genre:Action-Strategie
  • Plattform:PC, PS3, Xbox360, iOS
  • Release:08.04.2011
    (XBLA) 06.04.2012

Kommentare & Likes

Folgenden Usern gefällt der Beitrag: 2 Gästen.
  • Tiowerdefense Fan
    #1 | 12. Juni 2011 um 22:54 Uhr
    Hidiho,

    na das hört sich ja mal gar nicht schlecht an und für nen Zehner sicherlich auch nicht zu teuer. Aber für mich sehr fraglich, ob es an den TD-Knaller Gemcraft Labyrinth dieses Jahr heran kommen kann.

    Melde mich, wenn ich es selbst gezoggt habe hier wieder.

    CU
  • Philipp
    #2 | 12. Juni 2011 um 23:07 Uhr
    Dann bin ich mal gespannt, wie es dir gefällt. Aber beachte - es ist kein Tower DEFENSE Spiel, sondern Tower OFFENSE. Von daher wird ein Vergleich mit dem anderen Titel sicher schwer, da es sich doch anders spielt   
  • Zockeritis
    #3 | 13. Juni 2011 um 18:20 Uhr
    Klingt interessant!

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