Cowabunga - Die vier Brüder kommen endlich in Fahrt

It's Pizza Time! Zwei Jahre nach dem ersten Teenage Mutant Ninja Turtles Film, der gerade den Fans das Herz aus der Brust riss und freudig darauf herumtrampelte, schickt sich der zweite Teil an, Probleme zu reparieren, Fans auszusöhnen und Zuschauer, die sowieso Spaß hatten, mit noch mehr Effekt-Feuerwerk zu begeistern. Dazu gibt es einen neuen Regisseur und zumindest visuell deutlich weniger Einfluss von Michael Bay. Vielleicht lag es an meinen extrem niedrigen Erwartungen, aber so viel gleich vorweg: es überrascht mich immens, dass Teenage Mutant Ninja Turtles 2: Out of the Shadows zwar noch immer viele Schwächen und Punkte für Kritik bietet, dabei aber tatsächlich verdammt viel Spaß macht.


Ein Fanboi-Herz kann viel erdulden



Frank Zander und die Teenage Mutant Ninja Turtles, superstarke Hero Turtles! Das war was. Eine große Liebe, die mich in jungen Jahren begleitet hat, als die vier Schildkröten Leonardo, Donatello, Raphael und Michelangelo als Zeichentrickserie über die Röhrenbildschirme flimmerten. Etwas schwieriger waren da die Real-Verfilmungen der 90er, in denen Typen in Gummianzügen durch die Straßen liefen. War der erste Film noch recht sehenswerter Actionspaß, baute die Reihe mit jedem weiteren Teil stark ab und streifte dabei öfter die Fremdscham-Grenze. Spätestens als die Turtles auf Grund erboster Eltern ihre Waffen stecken ließen und den Footclan lieber tanzend besiegen, war der Moment, in dem selbst das größte Fanherz nichts mehr schön reden konnte.

Als 2014 die Turtles dann mit der Hilfe von Michael Bay neu aufgelegt wurden, verhießen schon die Trailer schlimmstes: Obwohl Michael Bay "nur" Producer war, war sein Einfluss auf Regisseur Jonathan Liebesman immens. Nicht nur, dass Shredder als halber Alien-Transformer eingeführt wurde, es gab auch penetrantes Product-Placement, unwitzige Dialoge, null Charakterentwicklung, ein Plot-Hole nach dem Anderen und natürlich Zeitlupe & Explosionen ohne Ende. Das alles gibt es jetzt auch im Nachfolger wieder - mit dem Unterschied, dass sich Regie-Neuling Dave Green viel mehr auf die Vorlage stützt und endlich auch gute Antagonisten bieten kann.


Bebop & Rocksteady - Das Highlight kommt im Doppelpack



Der Einstieg in den Film erweist sich allerdings leider als sehr holprig. Die ersten Shots und Gags wirken extrem überfrachtet und vor lauter Kamerageschwurbel fühlt man sich direkt in die Actionsequenz eines beliebigen Transformers-Films reinversetzt. Auch der, aus dem Trailer bekannte, erste Auftritt von Megan Fox ist rein für das Publikum, das bei Minirock und Bauchfrei hormongesteuert das Blut aus dem Kopf pumpt. Immerhin wird hier schon einmal einer der Antagonisten vorgestellt: Doktor Baxter Stockman, hervorragend besetzt mit Tyler Perry (habe ich das gerade wirklich gesagt?). Perry bewegt sich mit seiner Darstellung des durchgeknallten Doktors irgendwo zwischen Eddie Murphy in Der Verrückte Professor und Jim Carrey als Riddler in Batman Forever. Das klingt primär furchtbar, passt aber überraschend gut ins Konzept des Films und gibt auch gleich die Richtung vor: Teenage Mutant Ninja Turtles 2 ist von vorne bis hinten ein real gewordener Comic, der seine Figuren selten über den Status eines Comic-Reliefs hinauswachsen lässt. Der Film versucht zum Glück nicht mehr, wie teilweise im ersten Teil, die Turtles in ein möglichst realistisches Umfeld zu betten, sondern lässt die Comic-Wurzeln jederzeit durchblitzen.

Diese Prämisse ist dabei unabdingbar, damit zwei der beliebtesten Charaktere aus dem Turtles-Universum ihren gebührenden Einstand feiern können: Bebop (großartig besetzt mit Gary Anthony Williams) & Rocksteady (WWE-Star Shamus gibt sein Stell-dich-ein) sind nämlich endlich mit von der Partie - und meine Güte, wie gut sie dem Film tun! Jedes Mal, wenn Dave Green droht, mit Film und Script komplett den Boden zu verlieren kommen die beiden Handlanger von Shredder genau richtig, um klar zu stellen: Das hier ist ein Comic, hör auf Dinge zu hinterfragen! Tatsächlich haben die beiden es geschafft, dass ich die zahlreichen Plot- und Logiklöcher großzügig übersehen habe, die immer wieder auftauchen. Wenn man nämlich anfängt zu hinterfragen, wie Donatello an Hand eines Portal-Scans plötzlich alles über Dimension X, Shredders Plan und den Aufenthaltsort seiner Handlanger weiß, dann kommt man schnell in eine Spirale des absoluten Nonsens.


Die unstrittigen Stars im Film sind Bebop & Rocksteady © Paramount Pictures


Zwei Filme zum Preis von einem



Neben Bebop & Rocksteady packt die Fortsetzung weitere bekannte Figuren aus dem Comic rein, wie den bei Fans (und vor allem von mir über alles) geliebten Casey Jones (Stephen Amell). Auf der Gegenseite feiert auch Karai ihren Einstand, genauso wie das berühmte Ooze und natürlich darf auch Krang nicht fehlen. Zwar ist es schön, so viele bekannte Figuren zu sehen, doch bei einer Laufzeit von 113 Minuten ist das extrem viel Personal. Karai zum Beispiel geht komplett unter und verschwindet so sang- und klanglos, wie sie aufgetaucht ist. Casey Jones lässt mich etwas zwiespältig zurück. Wenn ich eines an den Verfilmungen der 90er mag, dann die Interpretation von Elias Koteas. Sein Casey war ein überheblicher, arroganter Wichtigtuer mit einem Herz aus Gold. Der Casey Jones in dieser Verfilmung ist ein Badass, solange er seine Maske und den Schläger trägt, kommt aber sonst über den leicht dümmlichen April O'Neil-Love-Interest nicht hinaus. Zwar versucht man seiner Figur eine nachvollziehbare Motivation zu geben, doch insgesamt bekommt man viel zu wenig Casey und zu viel "Random Guy doing Stuff" geboten. Hier ist Luft nach oben.

Auch ins Hintertreffen gerät der eigentliche Haupt-Antagonist der Schildkröten: Shredder. Der Film bemüht sich über einen großen Teil der Laufzeit, die Figur des Shredders zu erden und ihn vom Transformers-Ausflug des ersten Teils zu entkoppeln. So läuft er die meiste Zeit des Films ohne Maske und grimmig starrend drein und tut - eigentlich nichts. Zwar bekommt auch er noch seinen Moment, wenn endlich das bekannte Outfit wieder komplett ist, doch wer hoffte, dass Shredder endlich zu einer ernstzunehmenden Gefahr aufgebaut wird, der hat sich immens geschnitten. Der Film dient einzig und allein dazu, seine Figur mit den Fans zu versöhnen. Das ist auch ein Gefühl, das man selten los wird: alles wirkt, als müsse der Film sowohl die Story und die Figuren weiter ausbauen, was ein zweiter Teil ja meistens macht, gleichzeitig aber auch sämtliche verpatzte Chancen aus dem ersten Teil korrigieren. Das resultiert, wie eben erwähnt, darin, dass der Film oftmals zu hektisch und überladen wirkt und seine neuen Figuren dabei teilweise einfach vergisst.


Guter Grundpfeiler für folgende Filme



So fragt man sich dann auch, ob man Krang wirklich schon in diesem Film hat einbauen müssen. Nicht nur, dass ich sein Design furchtbar missraten finde, auch sein Wesen halte ich für fehlplatziert. Da Shredder quasi im Pause-Modus steckt, übernimmt Krang die Rolle des aktiven Aggressors, der sich in seinem Humanoiden in jede Schlacht stürzt. Vom Strippenzieher und strategischen Taktiker fehlt hier jede Spur. Auch das Auftauchen des berühmten Technodromes wirkt gehetzt und "too much". So artet das große Finale in eine etwas beschämende Mischung aus Pixels und Transformers aus, das zu sehr versucht, den - nicht sonderlich guten - Showdown aus dem ersten Teil zu kopieren. Außerdem verbringt der Film zu viel Zeit damit, Dinge zu erklären und zu rekapitulieren. Alles, was man sieht, wird von einer Figur kurz darauf nochmal zusammengefasst, als würden die Verantwortlichen davon ausgehen, dass nach Megan Fox' erstem Auftritt niemand mehr Blut in seinem Gehirn für den Betrieb vorhanden hätte.

Doch trotz der vielen Schwächen und dem etwas überladenen Gesamtwerk macht Teeange Mutant Ninja Turtles 2 vor allem eines: Spaß. Die Effekte sind über weite Strecken großartig, das allgegenwärtige Bayhem des Erstlings ist nach wie vor präsent, wurde aber angenehm reduziert und so ziemlich alle Sequenzen mit Bebop & Rocksteady sind pures Comic-Gold und dürften das Fanherz höher schlagen lassen. Auch unsere "Heroes in the half-shell" dürfen ihre Brüderlichkeit weiter in Frage stellen und Ausbauen, während Splinter einige Weißheiten von sich geben darf. Zum Glück legt man (zumindest oberflächlich) mehr Wert auf ihr Wesen und räumt der Charakterentwicklung etwas Platz ein, als sich weiterhin an Pupswitzen von Michelangelo ergötzen zu müssen.



HerrBeutel

Fazit von Philipp:

Teenage Mutant Ninja Turtles: Out of the Shadows ist vielleicht nicht die beste Realverfilmung der vier Schildkröten, aber eine starke Verbesserung zum zwei Jahre alten Reboot des Franchise. Natürlich ist es in erster Linie noch immer eine CGI-Schlacht voller absurder Ungereimtheiten, doch im Gegensatz zum Vorgänger nimmt sich dieser Film nicht annähernd ernst. Er besinnt sich auf seine Wurzeln und macht auch zu keiner Sekunde einen Hehl daraus, sich voll und ganz auf seine Comic-Relief-Charaktere zu konzentrieren. Gerade Bebop & Rocksteady sind dabei ein Glücksgriff und tragen den Film über weite Strecken fast alleine. Das machen sie dabei so gut, dass man sich fragt, ob man einige Figuren wie Krang, Casey Jones oder Karai nicht erst in weiteren Fortsetzungen hätte einbringen sollen, um stattdessen eher Shredder in den Fokus zu rücken. So wankt der Film oft zwischen der Aufgabe, den Mist des ersten Films auszubessern und gleichzeitig Charaktere und Franchise weiter auszubauen.

Zum Glück gelingt Regie-Neuling Dave Green der Spagat oft genug, um das Fan-Herz zu beruhigen und einen guten Grundpfeiler für weitere Filme zu legen. Es tut Teenage Mutant Ninja Turtles 2 merklich gut, dass sich Bay wohl nach dem negativen Feedback zum ersten Teil weitestgehend zurückgehalten hat und sein Einfluss nur im schwachen Showdown so richtig zu bemerken ist. Ansonsten bleiben knappe 113 Minuten kindlicher Schildkröten-Spaß, der so viel besser Unterhält als erwartet und tatsächlich, und ich glaube kaum, dass ich das sage, richtig Lust auf weitere Filme macht. Dann aber bitte mehr Screentime für Casey Jones - und zwar mit Maske!

Wir danken Paramount Pictures Germany für die Einladung zur Film-Pressevorführung.


Teenage Mutant Ninja Turtles 2TMNTFilmkritikFilm-Review
  • Teenage Mutant Ninja Turtles 2
  • Regie:Dave Green
  • Schauspieler:Megan Fox, Stephen Amell, Will Arnett ...
  • Genre:Abenteuer, Action
  • Kinostart:11. August 2016