Legend of Kay Anniversary - Review
Die pure Nostalgie - inklusive Ecken und Kanten
Wie allgemein bekannt sein dürfte, sind Zeitreisen für die Menschheit völlig unmöglich. Trotz dieses Umstandes habe ich in den letzten Tagen eine derartige vorgenommen und mich in die Tiefen der Katzenwelt von Legend of Kay Anniversary fallen lassen. Mich überrumpelte schon in den ersten Momenten die Videospielkunst der Millenniumswende, inklusive aller Tücken und Macken, die ein solches Spiel in der damaligen Zeit zu bieten hatte. Ob das auch heute noch Spaß machen kann?
Doch bevor sich die große weite Welt erst einmal öffnet, muss sich unser Held auf den Ernstfall vorbereiten. Niemand Geringeres als ein alter Greis, der gerne zu viel Brennnesselwein konsumiert, bringt mir in viel zu langatmigen Tutorials das Kampfsystem des Spiels näher. Zugegeben, wichtig sind dabei eigentlich nur zwei Tasten, aber warum nicht einfach mal alle Knöpfe mit irgendwelchen Attacken belegen, welche im späteren Spielverlauf kaum noch gebraucht werden? Nicht nur ich, sondern auch Kay selbst hat genug von dem alten Mentor und stiehlt sich in einer Nacht heimlich aus dem Katzendorf - inklusive Schwert versteht sich. Neben diesem finde ich später einen mächtigen Hammer sowie messerscharfe Krallen, die vorwiegend gegen Gegner im Wasser eingesetzt werden können. Anders als Tommy Vercetti in GTA Vice City, konnte der tapfere Kampfkater nämlich schon beim Release im Jahre 2005 im Wasser schwimmen - wenngleich nur für eine kurze Dauer.
Die große weite Welt ruft
Anders als man es erwarten möchte, streife ich in einer Mischung aus Zelda & Crash Bandicoot durch in etwa vier größere, stets abwechslungsreich inszenierte Schauplätze. Demnach wechseln sich knackige Jump'n'Run-Einlagen immer wieder mit spannenden Kämpfen gegen die Horden von Gorillas, Ratten sowie verschiedenster Insekten und Reptilien ab - sogar gegen einen mächtigen Bär muss gekämpft werden. Dabei muss jeder Gegner mit einer individuellen Taktik zu Fall gebracht werden.
Ebenso spielt die gekonnte Kombination verschiedenster Combos eine große Rolle. Diese lassen sich durch die für damalige Verhältnisse sehr gut umgesetzte Kampfsteuerung in ungeahnte Höhen treiben. Je mehr Combo-Punkte gesammelt sind, umso höher ist auch der Schaden, welcher den Gegnern zugefügt wird. Dennoch gibt es immer wieder auch ruhigere Momente, in denen verschiedene Schalterrätsel gelöst werden müssen. Ohnehin gibt das Spiel recht wenig Tipps zur Lösungsfindung. So passiert es gerne mal, dass man sich eine halbe Stunde im Sumpf verirrt, nur weil der soeben geöffnete Eingang in eine tiefer liegenden Höhle einfach nicht gefunden wird.
Es ist Zeit für den Trödeltrupp
Für jeden zur Strecke gebrachten Gegner erhalte ich Münzen, jene an festen Shops auf der Map gegen verschiedene Upgrades für Waffen oder beispielsweise Heiltränke eingetauscht werden können. Ganz in Zelda-Manier kann ich darüber hinaus auch Energie- und Magiecontainer hinzukaufen, welche meine Lebensenergie dauerhaft um einen Punkt erhöhen. Zudem besteht die Möglichkeit eine Rüstung zu erwerben, die allerdings nur eine gewisse Anzahl an Schlägen abwehrt, bevor sie zerbricht. Sollte es dann doch einmal vorkommen, dass die Rüstung sowie alle Lebenspunkte aufgebraucht sind, geht ein Leben verloren.
Sind alle Katzenleben aufgebraucht, kann das Spiel nur an einem der unzählig auf der Map befindlichen Speicherpunkte neu gestartet werden. Bis dorthin erspielter Fortschritt geht allerdings verloren und kann besonders in den späteren Sprungpassagen schnell frustig werden. Damit Letzterer keine Überhand nimmt, lockern die Entwickler das Spiel immer wieder mit lustigen Minigames auf. Entsprechend darf ich auf einem Wildschwein, einem Wolf oder sogar auf einem fliegenden Drachen durch vorgegebene lineare Level reiten. Diese Einlagen erinnern sehr stark an die Anfänge der Crash Bandicoot-Serie und machen noch heute jede Menge Laune.
Technischer Stillstand
Weniger Laune macht indes die technische Umsetzung des Spiels. Zwar läuft das Spiel in 1080p und 60fps auch in größeren Kampfgefechten flüssig, dennoch hat man sich bei der grafischen Überarbeitung des Abenteuers scheinbar nicht sehr viel Mühe gegeben. Neben einem Breitbildmodus, der für mich ein absolutes Muss darstellt, sehen die Texturen teilweise aus, als wären sie direkt aus der PlayStation 2-Ära auf die PS4 gekrochen. Lediglich die Charaktermodelle haben ein paar mehr Polygone verpasst bekommen und sind jetzt etwas besser anzuschauen. Dennoch bewegen sich auch diese nicht auf dem Niveau der vergangenen Konsolen-Generation. Als wäre das nicht schon schlimm genug, gibt es leider auch immer wieder hässliche Clippingfehler zu beobachten.
Ich hätte eine ganze Galerie mit absurden Fehlern füllen können. Dabei ist das eigentliche Spiel wirklich cool und die deutsche Synchronisation mit sehr viel Liebe umgesetzt worden. Ich treffe während des rund 15-stündigen Abenteuers auf sächsisch-sprechende Schildkröten, lispelnde Hasen und Frösche mit französischem Akzent. Immer wieder bringen mich diese grandiosen Dialoge zum Schmunzeln, weshalb ich nicht verstehen kann, warum die Entwickler auf technischer Ebene nicht mehr rausgeholt haben. Dies gilt auch für die katastrophale Kamera, welche in der damaligen Generation bei so einigen Spielen zum Spielspaßkiller wurde. In jedem Kampf muss ich die Kamera selbst mit dem rechten Analog-Stick drehen, um einen Überblick über das Kampfgeschehen zu bekommen. Hänge ich in einem Raum fest, habe ich oft gar keine Möglichkeit mehr, den Blickwinkel in die gewünschte Richtung zu ändern. Das war vielleicht 2005 zu verzeihen, rund zehn Jahre später, hätte man hier sicher eine bessere Lösung finden können.
Fazit von Kevin:
Eigentlich ist Legend of Kay ein spaßiger Titel für Jung und Alt. Die Story kann unterhalten, die Gebiete sind abwechslungsreich und die Dialoge sorgen für den nötigen Witz, einige Stunden in der Katzenwelt zu verbringen. Ebenso macht das Kampfsystem sowie die Möglichkeit Kay über den Shop zu verbessern jede Menge Laune. Getrübt wird das Gesamtspiel von der insgesamt sehr schwachen technischen Präsentation. Texturen, die schon auf der PS2 furchtbar ausgesehen haben, hochskaliert in Full-HD, rechtfertigen eben noch lange keinen vollwertigen Port, der für knapp dreißig Euro im Handel angeboten wird. Schade, denn tief im Innern ist das Spiel echt super und lässt mich gerne in die Zeit von früher reisen - auch mit unübersichtlicher Kamera.
Legend of Kay: Anniversary bietet eine spaßige Reise in eine längst vergangene Videospielzeit. Der Ausflug lohnt allerdings nur, wenn man über die eklatanten technischen Mängel hinwegsehen kann.
- liebevoll designte Spielwelt
- amüsante Dialoge
- sehr gute deutsche Synchronisation
- eingängiges Kampfsystem
- ausgeklügeltes Combo-System
- stimmungsvoller Soundtrack
- vier Schwierigkeitsgrade
- abwechslungsreiche Renneinlagen
- kaum Ladezeiten
- nette Rätseleinlagen
- überarbeitete Charaktermodelle
- verwaschene Texturen
- furchtbare Kamera
- wendungsarme Story
- jede Menge Clippingfehler
- begrenztes Inventar
- feste Speicherpunkte
Kevin hat Legend of Kay Anniversary auf der PlayStation 4 gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Nordic Games zur Verfügung gestellt.
#1 | 30. Juli 2015 um 08:29 Uhr
#2 | 31. Juli 2015 um 12:01 Uhr
#3 | 1. August 2015 um 09:10 Uhr
Einfach Remastered drauf schreiben und die Texturen etwas höher schrauben ist schon dreist.
Was habe ich für Jump an Run Games damals gemocht, aber in den letzen Jahren wird es immer weniger und gute Games dieser Art kommen wohl nur noch für WiiU raus.