Dishonored: Definitive Edition - Review

Wenn es nach der Redensart "Besser spät als nie" geht, könnten wir uns mit unserem Videospiele-Backlog durchaus Zeit lassen. Leider kommt uns da natürlich die Lebenserwartung und das "Altern" der Spiele in die Quere – ganz abgesehen vom stetig weiteren Anwachsen des "Pile of Shame". Mit Remastered-Editionen und dem Anreiz von Achievements habe ich eine neue Form zum Abbauen des Stapels gefunden und just mit der Dishonored: Definitive Edition eine weitere Spieleperle entdeckt und durchgespielt. Yeah!

Entdeckt trifft es hierbei wohl nicht ganz richtig, denn das Action-Adventure der Arkane Studios erschien bereits Ende 2012 und hat sich seit damals großer Beliebtheit erfreut – auch ich habe es "angespielt". Seit der Ankündigung des Nachfolgers Dishonored 2 und der Erwähnung, dass man auch eine Definitive Edition für die aktuelle Konsolen-Generation veröffentlichen wird, kam das Spiel diesen Sommer wieder in den Fokus vieler Spieler. Jetzt aber, dachte ich mir.


Die Kaiserin ist tot, es lebe die Kaiserin



Auch wenn viele von euch die Story womöglich bereits kennen dürften, liefere ich hier dennoch eine kurze, spoilerfreie Einleitung. Ihr übernimmt die Rolle von Corvo Attano, dem Leibwächter der Kaiserin in Dunwall, der auf eine geheime Mission geschickt wurde und früher als erwartet mit Berichten zurückkehrt. In Dunwall City herrscht eine mysteriöse Seuche, die der Pest gleichzusetzen ist und am Leib und Leben der Einwohner zehrt. Nachdem ihr mit Emily, der Tochter der Kaiserin und – man darf es ohne Spoilergefahr erwähnen – der späteren Protagonistin in Dishonored 2, eine Runde Verstecken gespielt habt, macht ihr euch auf, um Ihrer Hoheit zu berichten. Doch ehe ihr auch nur eine einzige Information eurer Erkenntnisse weitergeben könnt, kommt es zu einem Attentat durch schattenhafte Wesen, die nicht nur die Kaiserin töten, sondern auch Emily entführen.

Noch während ihr vor dem blutverschmierten Leichnam der Kaiserin kniet, eilen die Leibwachen herbei und nehmen euch als Mörder fest. Es dauert gut sechs Minuten, bis ihr das bis dahin Erlebte verarbeiten könnt und es dauert sechs Monate, bis Corvo während seiner Gefangenschaft eine Chance zur Flucht erhält - das Spiel beginnt.


Dishonored: Definitive Edition
Eines unserer Ziele bei der Arbeit - die Rente ist (nicht) sicher.


Intrigen, vertraute Verbündete und mysteriöse Kräfte



Eure Mission ist klar. Den Mord an Kaiserin Jessamine Kaldwin aufklären und die Tochter Emily aus den Fängen der Entführer befreien. Praktischerweise wurde eure Flucht durch Kaisertreue organisiert, die euch in ein Versteck lotsen und euch von dort auf intrigante Assassinen-Missionen schicken. Dabei gilt es, bestimmte Personen aus dem Weg zu räumen, um Thronfolgerin Emily an die Macht zu führen – und natürlich die abscheuliche Tat zu rächen. Ob Freund oder Feind, Corvo scheinen erstmal alle Mittel recht zu sein. Auch der sogenannte Outsider, der uns in unserer ersten Nacht begegnet und uns Zugang zu magischen, übermenschlichen Kräften verhilft, kommt uns gerade recht.

Die Ziele sind gesetzt, die Gameplay-Elemente lassen aufhorchen. Statt Erfahrungspunkten dient uns in Dishonored das klassische Gold als Währung, welches wir durch schnöde Münzen oder Wertgegenstände in der Spielwelt einsammeln. Garrett aus Thief hätte sicherlich auch seine Freude daran. Doch neben dem Zähler unseres Geldes sind auch andere Dinge wichtig. Runen, die der oben erwähnte Outsider in die Welt platziert hat, oder Knochenartefakte. Erstere sind als Währung zur Erweiterung unserer Fähigkeiten gedacht, letztere als kleiner Bonus für bestimmte – je nach Knochenartefaktart – Features. Zu den freischaltbaren Fähigkeiten gehört zum Beispiel die Nachtsicht, eine Art Detektivmodus, den ihr ähnlich wie Bruce Wayne in Batman nutzen könnt. Natürlich dürfen auch Waffen mit verschiedenen Munitionstypen nicht fehlen. Durch besondere Blaupausen, die ihr in Missionen oder bei Händlern ergattert, könnt ihr zudem weitere Verbesserungen und Gadgets im Lager freischalten.


Dishonored: Definitive Edition
Ratten gibt es in Dunwall City mehr als genug - sie können nützlich und lästig sein.


Töten, erledigen oder aus dem Verkehr ziehen



Die Story während der neun Kapitel verläuft zwar verhältnismäßig linear, dennoch bietet euch das Spiel durch die Wahl der Herangehensweise und durch die vielen Entscheidungen und Nebenaufgaben unterschiedliche Wege zum Ziel. Die Kapitel unterteilen sich dabei in eine große "Hauptmission", die es zu erfüllen gilt, bis ihr wieder im Lager landet bzw. von Samuel, dem treuen Bootsmann, dorthin gebracht werdet. Daneben gibt es aber auch viele Nebenmissionen und Aufgaben, die ihr durch bestimmte Personen, Objekte oder Handlungen freischaltet und die wiederum weitere ... ihr ahnt es womöglich.

Die Verschachtelung der Optionen und Möglichkeiten wirkt dabei nie aufgesetzt, lästig oder "grindy" – alles macht Sinn und bietet neben Abwechslung auch tiefere Einblicke in den jeweiligen Bereich oder das große Ganze. Apropos, einfach mal "rumstehen" und andere belauschen, kann sehr entspannend und zudem auch informativ sein. Nicht nur für die Statistik, sondern auch für eure Missionen. Wo ist ein Schlüssel versteckt, wer kennt die Kombination für den Tresor, wer hat mit wem und wieso, weshalb, warum? Das alles erfährt man nicht nur durch das Belauschen von Freund und Feind, sondern auch durch zahlreiche Bücher, Notizen und Hinweise. Sammelgegenstände ahoi!

Wachmann ausschalten. Alles klar. Aber: Soll ich ihn nun bewusstlos, mit einem Pfeil im Kopf, pulverisiert oder versteckt im nächsten Müllcontainer hinterlassen? Eines ist klar, je unauffälliger ihr vorgeht, je weniger Leichen ihr hinterlasst und Alarme auslöst oder wenn ihr gar keinen tötet, umso "heller" soll das Spiel enden. Beseitigt ihr alle Widersacher, wenn auch lautlos, und leert somit die Straßen der Stadt auf mörderische Weise, dann steigt nicht nur die Präsenz der Soldaten, sondern auch das Ende wird düsterer – so lassen es zumindest diverse Hinweise im Spiel vermuten. Ich selbst habe bisher "nur" letzteres erlebt, weil ich ... nunja, einfach alle (meist still und heimlich) töten wollte. Die Herausforderung, das Spiel zu bewältigen ohne jemanden ins Jenseits zu befördern, werde ich sicherlich ebenfalls noch angehen. Zum Glück bietet euch das Spiel hierzu viele Möglichkeiten. Wählt ihr für eure Armbrust zum Beispiel die Betäubungspfeile, schlummern die Getroffenen in einen sanften Schlaf. Genauso könnt ihr verschiedene Bereiche umgehen oder andere Wege zum Ziel bestreiten. Durch das Erfüllen einer Nebenaufgabe für einen zwielichtigen Bandenchef während einer Hauptmission, könnt ihr das Hauptziel zum Beispiel durch einen eleganten Weg "nicht tödlich" aus dem Verkehr ziehen, statt es zu ermorden. Viele Wege führen schlussendlich zum Ziel.


Dishonored: Definitive Edition
In "The Brigmore Witches" geht es härter und okulter zur Sache.


Zusatzinhalte als Zusatzspiel aus der Sicht der Attentäter



Neben dem tollen Hauptspiel bietet die Definitive Edition vor allem den Zugang zu drei DLC-Paketen. Eines davon, "Dunwall City Trials", kann man wohl eher vernachlässigen, handelt es sich hierbei nur um Herausforderungen in verschiedenen Situationen, bei denen unterschiedliche Fertigkeiten im Fokus stehen. Die beiden anderen sind aber wirklich Gold wert. "The Knife of Dunwall" und "The Brigmore Witches" erzählen nämlich in jeweils drei Kapiteln und mehr als acht Stunden zusätzlicher Spielzeit die Geschichte aus der Sicht von Daud. Einem der Assassinen, die das Attentat auf die Kaiserin verübt haben.

Während Corvo sich auf die "Rache" konzentriert hat, legt Daud andere Prioritäten und verkörpert einen Bösewicht mit Gewissen. Die Gameplay-Elemente ähneln im Großen und Ganzen denen von Corvo, sind aber stellenweise auf seinen Charakter angepasst. So wird man als Daud keine Rattenscharen herbeizaubern können, vielmehr befiehlt man zusätzliche Assassinen aus seinem Netzwerk, die zudem auch Fertigkeiten des Meisters übernehmen können. Auch sonst ist alles auf Diebe und Schleicher ausgelegt.

Insbesondere die Abwechslung im Gameplay, als auch die neuen Schauplätze und Gegnertypen in den beiden DLC-Paketen sind sehr erfrischend. Hinzu kommt auch der dezent gesteigerte Schwierigkeitsgrad gegenüber dem Hauptspiel, zumindest empfand ich es so. In jedem Fall könnt ihr sowieso jederzeit aus vier verschiedenen Stufen wählen und auch eine freie Speichermöglichkeit ist vorhanden.

Übrigens, auch wenn der Grafikstil ein recht eigener ist und man es in der "Definitive Edition" verpasst hat, diesen auf die heutigen Verhältnisse zu optimieren, so ist vor allem auch der Punkt Gewalt und Tabus ein Thema. Brutal blutige Kämpfe mit noch brutaleren Finishern wird man mehr als einmal zu Gesicht bekommen – ob aufgespießte Köpfe, Enthauptungen oder Censored. Außer natürlich, man entscheidet sich für den gewaltfreien Weg und umgeht jegliche Konfrontation, um den ultimativen Erfolg zu erreichen. Folterszenen und auch andere Kontroverse waren bereits in diversen Videospielen mal ein Thema, auch in Dishonored können wir zum Beispiel für eine wichtige Missionsinformation entweder eine ganze Walschlachter-Fabrik in die Luft sprengen oder den Chef auf einen "Verhörstuhl" setzen und ihn ... aktiv befragen.

Für mich persönlich ist Dishonored: Definitive Edition das (verpasste) Spiel der letzten Jahre und insbesondere nach den beiden DLC-Inhalten mit Daud war ich restlos begeistert, bieten diese doch nochmal eine komplett andere Sicht auf die ohnehin tolle Story und ein herausfordernderes Gameplay mit neuen Schauplätzen und Gegnern. Selbst für die rund 40 Euro ist das Spiel für mich daher auf jeden Fall ein "Must-Have". Solltet ihr Dishonored: Die Maske des Zorns bereits für die letzte Konsolen-Generation besitzen, oder habt es ggf. über das "PlayStation Plus"- oder "Games with Gold"-Programm abgegriffen, erhaltet ihr 50% auf die Digital-Version.




Kithaitaa

Fazit von Darius:

Großartig! Warum ich Dishonored seinerzeit nicht weitergespielt habe, ist mir aus heutiger Sicht unerklärlich. Die Arkane Studios und Bethesda haben so einen tollen Job gemacht, dass ich mich bereits sehr auf den zweiten Teil freue. Die Story präsentiert ein recht unverbrauchtes Szenario, das in eine spannende Umgebung gesetzt wurde. Interessante Charaktere wurden sowohl im Englischen als auch im Deutschen mit starken Sprechern zum Leben erweckt. Das Gameplay ist für ein Action-Adventure vielseitig und bietet trotz einer linear verlaufenden Story viele Möglichkeiten für individuelle Lösungswege und Entscheidungen, die den Spielverlauf verändern. Ob Stealth oder Haudrauf - ihr entscheidet. Darüber hinaus bieten euch auch die Herausforderungen der Erfolge einen guten Wiederspielwert.

Eine besondere Erwähnung verdienen zwei der beiden enthaltenen Zusatzinhalte: "The Knife of Dunwall" und "The Brigmore Witches" - diese sind quasi ein Spiel im Spiel und lassen euch die Story aus einer anderen Perspektive erleben. Wirklich toll gemacht. Ein Wermutstropfen bleibt jedoch. Warum man nicht die Chance genutzt hat, das Spiel - trotz seines recht eigenen Stils - auch grafisch und vor allem in punkto Ladezeiten auf die Höhe der Zeit zu hieven, bleibt fraglich. Dem gegenüber stehen jedoch ein großartiges Spiel, das euch locker über 20 Stunden unterhalten kann, und ein "Last-Gen-Käufer"-Bonus. Sollte in jeder Sammlung enthalten sein.

Besonders gut finde ich ...
  • Geschichte und Inszenierung
  • Artstil und Präsentation
  • Verschiedene Spielweisen und Möglichkeiten
  • Offene Areale, interessante Nebenaufgaben
  • Fähigkeiten und Kräfte
  • Story-Zusatzinhalte mit Daud
  • Soundtrack und (deutsche) Sprecher
  • Freies Speichern
Nicht so optimal ...
  • Keine merkliche Optimierung der "Definitive Edition", insbesondere bei den Ladezeiten

Darius hat Dishonored: Definitive Edition auf der PlayStation 4 gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Bethesda Softworks zur Verfügung gestellt.

Dishonored: Definitive Edition - Boxart
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  • Entwickler:Arkane Studios
  • Publisher:Bethesda Softworks
  • Genre:Action-Adventure
  • Plattform:PS4, Xbox One
  • Release:28.08.2015

Kommentare & Likes

Folgenden Usern gefällt der Beitrag: Tim, HerrBeutel ... und 3 Gästen.
  • Kosta Kramer
    #1 | 29. September 2015 um 11:43 Uhr
    Geniales Spiel  

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