Pokémon Super Mystery Dungeon - Review

In den vergangenen 20 Jahren bin ich jeglichem Pokémon-Hype erfolgreich aus dem Weg gegangen. Irgendwie hat mich die Jagd auf die Poké(t)mon(ster) vollkommen kalt gelassen. Daher gehöre ich auch nicht zu denjenigen, die in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten dafür gesorgt haben, dass insgesamt mehr als 275 Millionen Spiele über die Ladentheke gegangen sind. Mit Pokémon Super Mystery Dungeon haben die Entwickler Spike Chunsoft und The Pokémon Company nach dem im Jahr 2013 erschienenen Pokémon Mystery Dungeon: Portale in die Unendlichkeit nun eine weitere Version des Spin-Offs auf den Nintendo 3DS gebracht. Ob der Titel überzeugen kann, erfahrt ihr in meiner Review.

Der Einstieg in Pokémon Super Mystery Dungeon könnte psychedelischer kaum sein und fühlt sich an, wie eine Fragestunde bei Dr. Siegmund Freud persönlich. Eine pulsierende Kugel fliegt durch einen Lichtkanal, während ich Fragen beantworten muss: "Nur wenn du ehrlich bist, schaffen wir es, das Pokémon in Dir zu wecken". Also erinnere ich mich an meinen ersten Schultag - auch wenn dies schon ein paar Jährchen zurückliegt.

Frage eins: "Zwei deiner Klassenkameraden zoffen sich. Wie bringst du sie dazu, sich zu versöhnen?", will die unbekannte Stimme aus der jenseitigen Welt von mir wissen. Greife ich sofort schlichtend ein oder frage ich erstmal, was es mit dem Streit auf sich hat? In diesem Stil geht die suggestive Fragestunde munter weiter. Ich soll mir vorstellen, dass ich auf dem Weg zur Schule etwas zu Hause vergessen habe. Nun gibt es zwei Möglichkeiten: entweder lasse ich die "coole Socke" raushängen und "hetze mich dafür nicht ab" oder das Ganze lässt mir keine Ruhe und ich gehe zurück. Wie wirst du dich entscheiden?


Pokémon Super Mystery Dungeon
Mit Super Mystery Dungeon kommt ein weiterer Pokémon Spin-Off auf den 3DS


Ich schlüpfe in die Rolle eines Pokémon und wähle aus 20 spielbaren Figuren



Der aufmerksame Leser wird es längst gemerkt haben: Ziel der Fragerei (zu der auch noch ein paar weitere hinzukommen) ist es, meinen Charakter preiszugeben und hierdurch das zu mir passende Pokémon zu finden. Matchmaking à la Nintendo sozusagen. Im Gegensatz zu den "normalen" Vertretern der Serie, in denen ich üblicherweise in die Haut des Pokémon-Trainers schlüpfe, der sich im Kampf gegen andere Ausbilder misst, boten mir die Mystery Dungeon-Spiele schon immer die Gelegenheit, selbst die Rolle eines putzigen Monsters zu übernehmen.

Aus 20 spielbaren Pokémon kann ich eines auswählen oder besser gesagt: Es erwählt mich, ansonsten hätte ich mir das "Ich-kehre-mein-Innerstes-nach-Außen"-Spielchen auch glatt sparen können. In meinem Fall fällt das Fazit wie folgt aus: "Du bist ein furchtloser Hitzkopf! Manchmal wirfst du jedoch zu schnell die Flinte ins Korn. Vor allem weißt du aber, dass man auch mal neue Sachen ausprobieren sollte". Am Ende dieser (Fremd-)Einschätzung meiner selbst steht mit Froxy das mir zugewiesene Wasser-Pokémon. An dieser Stelle sei aber auch gesagt, dass ich die Wahl ablehnen kann, wenn mir der zugewiesene Charakter partout nicht passen will. Zudem bekomme ich mit Flemmli noch ein Feuer-Pendant an meine Seite gestellt. Auch hier kann ich akzeptieren oder eben nicht. Nachdem die Entscheidung getroffen ist, kann ich meinem Pokémon-Gefolge natürlich noch individuelle Namen verpassen.


Pokémon Super Mystery Dungeon
Nachdem ich eine Menge Fragen beantwortet habe, wird mir eines von 20 Pokémon zugewiesen


In Super Mystery Dungeon drücke ich die Schulbank und lerne dazu



Eine weitere Grundvoraussetzung der Mystery Dungeon-Spiele ist die Annahme, dass ich als Mensch in ein Pokémon verwandelt werde und ohne jegliche Erinnerung in der Welt der Taschenmonster aufwache. Nachdem ich die unliebsame Bekannschaft mit übellaunigen Megalons machen musste, flüchte ich mich in das Dorf Ruhenau, das ebensolche ausstrahlt, und werde zunächst von einem Blanas empfangen. Das Tutorial gestaltet sich derart, und hier sind wir wieder am Beginn unseres Abenteuers, dass ich in die örtliche Schule gehe und an jedem Tag eine andere Aufgabe – sprich einen Dungeon – meistern muss und dabei neue Fertigkeiten erlerne. Die Labyrinthe werden dabei zufällig generiert, d.h. die Zusammensetzung der Items und Laufwege gestaltet sich immer wieder neu. Eine Treppe führt mich jeweils auf die nächst tiefer gelegene Ebene und am Ende wartet ein Endboss, den es zu besiegen gilt.

Während die obere Hälfte des Bildschirms den Dungeon zeigt, ist die untere Hälfte des 3DS für die Karte reserviert, die nach und nach die Wege sichtbar werden lässt. Alle Aktionen, die ich – oder mein Team – ausführen, werden durch ein Textprotokoll festgehalten. Einen Angriff führe ich aus, indem ich die linke Schultertaste gedrückt halte und über die Buchstabentaste eine der Spezialattacken, die meiner Figur zugewiesen sind, auslöse, also Aero-Ass, Pfund, Blubber oder Schlecker. Im späteren Verlauf kommen auch noch Kombinations-Attacken hinzu, die ich mit dem kompletten Team ausführen und hierdurch eine größere Schlagkraft erzielen kann. Wenn ich einfach nur auf die Gegner einhauen will, geht auch das, indem ich lediglich die A-Taste betätige. Jeder Schritt, den mein Pokémon innerhalb eines Dungeons zurücklegt, knabbert unaufhörlich an der KP-Leiste, will heißen: der kleine Vielfrass muss regelmäßig gefüttert werden. Ansonsten droht der Kollaps. Ein Druck auf die X-Taste aktiviert das Menü und gibt den Blick in mein Inventar frei. Habe ich auf meinem Weg Äpfel, Sinel- oder andere Beeren eingesammelt, kann ich damit den Krafthaushalt meines Pokémons wieder auffüllen. Darüber hinaus stehen noch Heiltränke (Elixier) und Samen zur Verfügung, um die Truppe bei Laune zu halten und den AP-Status zu erhöhen.


Pokémon Super Mystery DungeonPokémon Super Mystery Dungeon
Gegen die Bosse muss ich die Spezialfähigkeiten strategisch einsetzen


Unzählige Figuren und taktische Kämpfe



Die Kämpfe laufen, wie auf einem Schachbrett, rundenbasiert ab und erfordern bereits nach einer kurzen Eingewöhnungsphase taktisches Geschick. Um den Ausgang zu meinen Gunsten zu beeinflussen, stehen mir verschiedene Arten von Orbs und Zweigen zur Verfügung. Wenn nichts mehr hilft, aktiviere ich den Fliehorb und meine Figuren werden im selben Augenblick aus dem Dungeon gezogen. In diesem Fall verliere ich aber auch mein gesammeltes Gold und alle Items. Um die Gegner einzufrieren und mir hierdurch einen Angriffsvorteil zu verschaffen, nutze ich den Erstarrorb. Was die Zweige angeht, hat sich die Warp-Variante als mächtiges Werkzeug erwiesen. Wenn mich zwei oder mehr Gegner in die Zange nehmen, kann ich mich hierdurch aus jeder noch so brenzligen Situation befreien, indem die Gegner in Blickrichtung an einen anderen Ort teleportiert werden.

Um die Orientierung innerhalb eines Dungeons zu erleichtern, kann ich per Menü die Optionen "Umsehen" aktivieren oder aber prüfen, was sich jeweils unter der Figur befindet. Auch gibt es die Möglichkeit, verschiedene Taktiken auszuwählen. Wer auf Nummer sicher gehen will, entscheidet sich für die Variante "Wir sind ein Team". Hier folgt das Partner-Pokémon dem Anführer und greift Gegner in der Nähe an. Darüber hinaus gibt es noch "Mir nach", "Keine Attacke", "Dem Gegner hinterher", "Jeder für sich", "Warte hier" und "Weg von hier". Ob ich mich defensiv oder offensiv ausrichte, bleibt auch mir überlassen, denn die Gegner werden immer nur einen Schritt tun, wenn ich es tue. Herzstück der Mystery Dungeon-Mechanik sind Ringe(l), die mit Sipalen bestückt werden und damit zusätzliche Effekte freischalten. Der Clou: Die Sipale tauchen jeweils nur für ein paar Sekunden auf und müssen innerhalb dieser Zeit eingesammelt werden. Gelingt dies nicht, zerspringen die Diamant ähnlichen Gegenstände und sind damit für mich verloren.

Habe ich ein Labyrinth gemeistert, kann ich übrigens meine Items in Truhen ablegen und mit der gesammelten Währung im Kecleon-Laden Nachschub kaufen. Ein spezielles Dungeon-Speichergerät ist zwar für einen Preis von 555 Einheiten recht teuer, aber angesichts der knackigen Aufgaben auch ungemein nützlich. An dieser Stelle kommt die Pelipper-Insel ins Spiel. Grund: sollte meine Truppe mal komplett ausgeknockt sein, kann ich von der Insel aus eine Rettungsmission starten. Mit einem Team aus drei Pokémon kämpfe ich mich an genau die Stelle, wo sich das gefallene Pokémon befindet, um den Charakter wiederzubeleben. Danach kann ich an dieser Stelle neu starten und mich weiter bis in die unterste Ebene vorkämpfen.

Im Laufe des Tutorials drücke ich, wie bereits erwähnt, die Schulbank und treffe dabei auf andere Pokémon, wie Sesokitz, Viscara, Pam-Pam oder Schnuthelm. Die Welt, in der ich mich bewege, wird von den 720 bislang entdeckten Pokémon bevölkert, die ich alle nutzen kann, sofern ich mich mit jedem einzelnen von ihnen über die Connexussphäre verbunden habe. Neben der Tatsache, dass ich meine eigene Herkunft herausfinden muss, gilt es noch das Geheimnis um die versteinerten Pokémon zu lüften. Diese Phase des Spiels beginnt, sobald ich das Tutorial abgeschlossen und dem Forscherteam beigetreten bin. Von da an geht es auch in den Katschak-Turm, von dem aus ich die Weltkarte und ihre fünf Kontinente ansteuern kann.



Jari

Fazit von Jari:

Auch oder gerade ohne das nötige Pokémon-Vorwissen hatte ich mit Super Mystery Dungeon eine gute Zeit. Wo mich andere Nintendo-Titel mit einem geschwätzigen Tutorial gängeln, kommt der Pokémon-Spin-Off erstaunlich unaufgeregt daher. Die Eingewöhnungsphase ist prima in die Hauptstory eingebunden und versorgt mich mit dem nötigen Rüstzeug, um in den anspruchsvollen Labyrinthen bestehen zu können. So süß die kleinen Wesen auch daher kommen: die Gegner sind alles andere als leicht zu bezwingen und erfordern einen wohlüberlegten Einsatz aller Spezial-Attacken und Items. Auch das Teamwork sollte der Spieler niemals aus dem Auge verlieren. Angesichts dessen ist es nur fair, das ich mich aus jeder noch so ausweglosen Situation mit einem Rettungsteam befreien kann. Schade ist nur, dass ich mich immer wieder von Ebene 1 aus bis an die Stelle vorkämpfen muss, an der ich zuvor gescheitert bin. Eines noch: wie in jedem Nintendo-Titel sind auch in diesem Fall die Pokémon nicht mit einer hörbaren Stimme ausgestattet. Die komplette Kommunikation läuft wieder mal über klickbare Textboxen ab. Hier hätte ich mir, wie in der Professor-Layton-Serie, animierte Zwischensequenzen gewünscht, um der Story die nötige Dynamik zu verleihen. Stattdessen bekomme ich „Wasserrauschen - Durst - Gluck! Gluck!“ Na dann, Prost!

Besonders gut finde ich ...
  • toller Soundtrack
  • bunte Grafik
  • liebevolle Lokalisation
  • stimmungsvoller Einstieg
  • unaufdringliches Tutorial
  • legendäre und mysteriöse Pokémon
  • knackiger Schwierigkeitsgrad
  • anspruchsvolle Kämpfe
  • viel Inhalt auch über die Hauptstory hinaus
  • praktische Hilfe-Funktion mit der Pelipper-Insel
Nicht so optimal ...
  • Dialogszenen hätten mehr Dynamik vertragen können
  • Textboxen statt Sprachausgabe
  • nervige Lauferei, wenn ich mein Pokémon retten will
  • knackiger Schwierigkeitsgrad

Jari hat Pokémon Super Mystery Dungeon auf dem Nintendo 3DS gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Nintendo zur Verfügung gestellt.


Pokémon Super Mystery Dungeon - Boxart
  •  
  • Entwickler:Nintendo
  • Publisher:Nintendo
  • Genre:RPG-Adventure
  • Plattform:3DS
  • Release:19.02.2016

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