ReCore - Review

Die Kern-Elemente von ReCore lassen auf ein richtig cooles Spiel hoffen. Und dann sind da noch diese großen Namen, haben sich doch bei dem Action-Adventure im Sci-Fi-Setting, Mega-Man-Erfinder Keiji Inafune und einige Metroid-Prime-Macher zusammengefunden. Herausgekommen ist ein Gameplay-Mix aus Ballern, Hüpfen, Suchen, Sammeln und Entdecken. Und damit es meiner Heldin Joule auf ihrer Reise durch die Ödnis von Neu-Eden nicht langweilig wird, hat sie auch noch interessante Helfer am Start.

Ich gebe es zu: Der allererste Trailer, mit dem ReCore einem großen Publikum vorgestellt worden war, hatte mich bereits emotional gepackt. Ich mochte die toughe Heldin Joule, die sich mit dem vierbeinigen Roboter Mack im Schlepptau gegen garstige Spinnenwesen zur Wehr setzte, sofort. Auch das Konzept der austauschbaren Energiekerne fand ich als Gameplay-Element frisch und unverbraucht. Und wer wollte den putzigen Vierbeiner, trotz seines metallischen Fells, nicht unmittelbar knuddeln und in sein Herz schließen? Mein Interesse war in jedem Fall geweckt. Allerdings hätte sich bereits zu diesem Zeitpunkt andeuten können, dass der Kampf gegen die feindlichen Kern-Bots wohl ein stressiger werden sollte.

Aber beginnen wir von vorn: Nachdem auf der Erde eine nicht näher erklärte Sandteufel-Epidemie gewütet hat, müssen die Menschen sich eine neue Bleibe suchen und glauben diese in Form des Planeten Neu-Eden gefunden zu haben. Das Terraforming dieser staubigen Heimat sollen so genannte Kern-Bots und Pylone übernehmen. Letztere haben die Aufgabe, Sandstürme in Schach zu halten. Allerdings muss im Laufe dieses Projekts irgendetwas verdammt schief gelaufen sein, denn als unsere Heldin aus dem Kälteschlaf erwacht und dies auch noch 200 Jahre vor der Zeit passiert, legen die Roboter gegenüber ihren Erbauern plötzlich ein aggressives Verhalten an den Tag.


ReCore
Mechanikerin Joule und Vierbeiner Mack verschlägt es nach Neu-Eden.


Kerne zu extrahieren spielt sich wie ein filigranes Tauziehen



Informationen über die Hintergründe der Geschichte erhalte ich sowohl durch Audio-Logs als auch durch Text-Memos, die überall in der Welt von Neu-Eden verstreut sind. Auf diese Weise erfahre ich auch, dass der Vater meiner Heldin Joule das Prinzip der "prismatischen Kerne" erfunden hat und möglicherweise zur Aufklärung der Anomalie beitragen kann. Nachdem ich mein Mutterschiff, den Crawler, verlassen habe, mache ich mich an die Erkundung der Wüstenlandschaft von Neu-Eden. Da dies nahezu ohne ein Tutorial geschieht, muss ich nach dem "Try and Error"-Prinzip herausfinden, dass es neben des Doppelsprungs (wie in Destiny) auch noch einen kombinierbaren Boost gibt, der mich in der ersten Höhle des Spiels über einen langgezogenen Graben führt. Zuvor war ich allerdings gleich mehrfach in die Grube gefallen, die Wand empor gekraxelt, nur um dann wieder nicht den Sprung auf die andere Seite zu schaffen. Nun gut, irgendwann hatte ich den Dreh aus Sprung, Doppelsprung und Extra-Schub raus. Allerdings – und das ging mir doch gehörig auf die Nerven – kann Joule sich allein auf diese Weise in schnellem Tempo von A nach B bewegen. Rennen ist nicht!


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Kerne extrahieren ist eine der Hauptaufgaben in ReCore.


Kraken-Roboter Seth bringt mächtig Schwung in das Gameplay



Das Gameplay folgt im Grunde dem Dreiklang aus Ballern, Hüpfen und Kerne sammeln. Ergänzt wird dies noch durch den Umstand, dass ich natürlich hier und da mal eine Kiste finde, die nützliche Baupläne und Fertigungsmaterialien für mich bereithält. Während die Schießereien gegen feindliche Roboter, Panzer oder Drohnenschwärme sehr hektisch daherkommen, hat mir das Extrahieren der Kerne noch den größten Spaß bereitet. Sobald ich die Energieleiste eines Feindes auf ein Mindestmaß dezimiert habe, gibt mir das Spiel die Möglichkeit, dem Maschinenwesen seinen Kern zu entreißen. Spielerisch gelöst ist dies durch eine Art von Tauziehen. Ich schieße einen Seilhaken in das Herz der Maschine, woraufhin sich ein filigranes Wechselspiel aus Druck und Gegendruck entspinnt. Dies spielt sich auch nach dem x-ten Mal erstaunlich gut und macht immer wieder Laune.

Über die Kämpfe im Allgemeinen lässt sich das allerdings nur bedingt sagen. Zwar funktioniert die automatische Ziel-Aufschaltung geschmeidig und versagt auch im Zusammenspiel mit mehr als einem Gegner nicht ihren Dienst - wären da nicht die zum Teil unsaubere Steuerung und eine taktische Komponente, die mich dazu zwingt, je nach Robotertyp meiner Waffe eine bestimmte Farbe zuzuweisen. Dies kann schon mal in Stress und Fingerakrobatik ausarten. Eine nicht immer orientierungsfreudige Kamera tut ihr Übriges dazu.

Die wilden Schießereien werden zudem von einem Kombo-Zähler und einem farbigen Gewitter aus Schadenspunkten flankiert, die das ohnehin überfrachtete HUD-Display noch mehr aufladen. Wenn ich nicht gerade die Feinde mit Feuersalven und Energieschüssen beharke, mutiert ReCore zu einem handelsüblichen Hüpfspiel. Um Tore zu öffnen und damit neue Passagen zugänglich zu machen, muss ich zum Beispiel über mehrere Ebenen hinweg kleine Bots einsammeln, die mir – einmal befreit – treu an den Fersen kleben und in ihrer Putzigkeit an die kleinen Untertassen aus dem Film "Das Wunder in der 8. Straße" erinnern. Neu ist allerdings, dass ReCore sein Gameplay durch den Einsatz von Roboter-Begleitern um innovative Elemente erweitert. Neben dem Vierbeiner Mack, der im Kampf meine Feinde rammt, gibt es noch die Krake Seth und den Gorilla (mit der Feuerfaust) Duncan. Allerdings kann ich immer nur zwei der nützlichen Freunde gleichzeitig verwalten. Die Idee, die komplette Mechanik des Spiels durch eine Helfer-KI anzureichern, ist klug und fügt der bekannten Formel aus Hüpfen und Schießen eine abwechslungsreiche Variante hinzu. Allerdings sorgt der mangelnde technische Feinschliff auch dafür, dass sich der löbliche Ansatz in diesem Fall selbst ein Bein stellt.


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Auf dem Wüstenplaneten Neu-Eden ist die Heldin unterschiedlichen Elementen ausgesetzt.


So mache Nachlässigkeit lässt den Spielspaß schwinden



Nehmen wir die Krake Seth. Die Idee ist, dass Kollege Vielarm für eine gehörige Portion Rollercoaster-Feeling sorgen soll. In einem Abschnitt nutze ich den Roboter als Gondel und bewege mich in schnellem Tempo über ein mehrstufiges Schienensystem. An einer Stelle schieße ich durch die Luft, nur um mich im richtigen Moment in das nächste Schienensystem einzuklinken, um auf diese Weise weitere Levelabschnitte erreichen zu können. Dies signalisiert mir das Spiel – wenn alles korrekt abläuft – durch eine Einblendung, die mir anzeigt, in welchem Moment ich die X-Taste des Controllers drücken muss. Schön wäre es allerdings, wenn diese Einblendung auch tatsächlich an der entsprechenden Stelle auftauchen würde. So sause ich stattdessen ungebremst gen Boden und muss den kompletten Weg von vorn antreten; Ladebildschirm inklusive.

Dumm auch, wenn dieser Fehler unregelmäßig auftritt, was soviel heißt, dass der Trigger mal auftaucht, dann wieder nicht und so weiter. Hinzu kommt, dass mein Sturz in einigen Fällen durch ein Element wie einen riesigen Schaufelradbagger abgebremst wird, ich aber an diesem Ort nichts machen kann, außer mich vollends in die Tiefe fallen zu lassen, um den Abschnitt neu starten zu können. Von Grafikfehlern, die mich komplett in der Luft stehen lassen, will ich an dieser Stelle gar nicht reden. Auch die Kamera verhielt sich oftmals störrisch und katapultierte mich ins Aus, obwohl ich eigentlich keinen Fehler gemacht hatte.

Diese Art von Nachlässigkeiten lassen meinen Motivationspegel nicht gerade in die Höhe schnellen. Dabei haben ReCore und sein Personal durchaus Charme. Auch der Soundtrack ist von Chad Seiter exzellent komponiert und fängt die Ödnis der Wüstenwelt auf eindringliche Weise ein. Dies kann am Ende aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Innere des Kerns leider arg löchrig ist.



Jari

Fazit von Jari:

ReCore ist ein Spiel, das ich um jeden Preis hatte mögen wollen. Doch leider werden der Spielspaß und meine Liebe zu diesem an sich sehr sympathischen Sci-Fi-Szenario durch arg viele Grafikfehler, eine unsaubere Steuerung und nervige Kleinigkeiten auf eine harte Probe gestellt. Wenn ich ein ums andere Mal bei einer Kletterpassage abstürze, nur weil das Spiel partout nicht den nächsten Aktionspunkt triggern will und dies dann auch noch willkürlich passiert (einen Sprung weiter läuft wieder alles rund), werden meine Nerven schon arg strapaziert. Ich kann und will eine Passage nicht zehnmal wiederholen, nur weil es das Spiel nicht auf die Kette bekommt, die Marker an der richtigen Stelle zu setzen. Oftmals liegt das Scheitern ohne Zweifel in meinem eigenen Unvermögen begründet. Wenn dies aber mal nicht der Fall ist und ich ausnahmsweise an der richtigen Stelle die Knöpfchen drücke, ärgert mich dies umso mehr. Und leider muss ich auch sagen, dass mich das Spiel genau an dieser Stelle und aus eben diesen Gründen komplett verloren hat. Über diese Unzulänglichkeiten können mich weder ein fantastischer Soundtrack hinwegtrösten, der die Ödnis des Wüstenplaneten auf treffende Weise einfängt, noch die sympathischen Blech-Kumpel, denen ich auf meinem Weg begegne und die das Gameplay ohne Zweifel in positiver Weise bereichern.

Ich hatte mir ein linear erzähltes Action-Adventure gewünscht, das – mit Zwischensequenzen angereichert – eine tolle Story auf einem Wüstenplaneten erzählt. Aber vielleicht hatte ich mir auch einfach ein zweites Beyond Good & Evil erhofft und meine Erwartungshaltung nach einem atmosphärisch schon sehr starken ersten Trailer zu hoch angesetzt. Bekommen habe ich ein offenes Hüpf- und Ballerspiel, dessen Areale zwar durch eine Geschichte verbunden sind, aber mehr oder weniger frei erkundet werden können. Auch wenn das Setting und die Stimmung inmitten dieser Wüstenwelt ein bisschen an den von mir hoch geschätzten Film Titan A.E. erinnert: In Verbindung mit einer frustrierenden Steuerung und einer im Grunde gar nicht mal so ansehnlichen Grafik kann ich nur hoffen, dass die durchaus spannenden Ansätze in einem potentiellen Nachfolger mit mehr Sorgfalt behandelt werden und auf eine Weise strahlen können, die ich mir bereits jetzt von ReCore gewünscht hätte.

Besonders gut finde ich ...
  • Soundtrack von Chad Seiter fängt die Stimmung des Planeten sehr gut ein
  • interessante Spielwelt
  • (Bad Ass)-Heldin mit viel Potential für weitere Geschichten
  • sympathische Roboterhelfer
  • Audio-Logs geben Hintergrundinformationen
  • viele gute Gameplay- und Story-Ansätze
Nicht so optimal ...
  • lange Ladezeiten
  • Bugs und Glitches
  • matschige Texturen
  • unsaubere Steuerung
  • hektische Ballereien
  • HUD überfrachtet

Jari hat ReCore auf der Xbox One gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Microsoft Studios zur Verfügung gestellt.

ReCore - Boxart
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  • Entwickler:Armature Studios
  • Publisher:Microsoft Studios
  • Genre:Action-Adventure
  • Plattform:PC, Xbox One
  • Release:16.09.2016

Kommentare & Likes

Folgenden Usern gefällt der Beitrag: HerrBeutel, ATeC ... und 6 Gästen.
  • Tim
    #1 | 23. November 2016 um 15:43 Uhr
    Schade, da hatte ich echt Lust drauf. Werde es trotzdem mal eines Tages spielen, wenn es mal in den Sale kommt - falls das im Windows-Store jemals passiert. Fand ja die Idee mit den Kernen auch ganz cool und mit gutem Platforming kann man mich immer ködern.
  • ATeC
    #2 | 29. November 2016 um 16:07 Uhr
    Hab mich so drauf gefreut leider bekomme ich es beim PC nichts ans laufen und keine lust auf Xbox im Moment daher warten bis evtl bissle was gefixt wird.

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