Die neuesten Science-Fiction-Shooter wie "Killzone 2" sehen aus, als spielten sie im Ersten Weltkrieg. Und ihre Plots sind in etwa so clever wie die von "Landser"-Heftchen aus den Fünfzigern. Das Problem ist, dass die Erwachsenenspiele von heute oft nicht nur brutal, sondern auch platt und dämlich sind.



Sehr verehrte Leser und Leserinnen,

gestatten? Christian Stöcker. Diplompsychologe, Promoteur in Kognitiver Psychologie. Aktuell freier Journalist für das selbsternannte Kulturmagazin Spiegel-Online. Ja, ich muss zugeben, ich habe jetzt einige Zeit überlegt, ob ich hier etwas dazu schreiben soll. Doch wir sind ein Spieleblog und als leidenschaftliche Spieler gibt es einfach Dinge, die unweigerlich den inneren Mitteilungsdrang aktivieren. Besagter Herr Stöcker hat sich nun ebenfalls daran gesetzt, seine Meinung über den kommenden PS3-Titel Killzone 2 anderen Menschen mitzuteilen. Immerhin schreibt er auf Spiegel-Online und da lesen auch viele Menschen mit. Oben habt ihr bereits einen Auszug davon lesen können. Doch wer denkt, dass der werte Herr einfach nichts mit "plumpen" Shooter anfangen kann, der irrt. Ja, zugegeben, wir haben in unserer Killzone 2 Review auch festgestellt, dass hinter dem Bombastgewitter kein Allheilmittel für alle Seuchen dieser Welt steckt - aber immerhin ist es ein gutgemachter, solider Shooter, der mit toller Optik und Aufmachung begeistern kann. Punkt.

Doch halt! Welch geistig-närrigkeit unsere Sinne verstört. Denn auch hier deckt Bild.de Spiegel-Online knallhart auf. In Killzone 2 stecken mehr als nur Effekte, Popcorn-Kino und Pixelmännchen. Erschreckende Parallelen zwischen Soldaten des ersten Weltkrieges und den Helghast sind aufgetaucht. Soldaten im Krieg sehen aus wie Soldaten im Krieg. Schockierend. Danke für diese unglaublich aufwendige und journalistisch-investigative Meisterleistung, Herr Stöcker. Dass die Helghast eventuell auch eine Hommage an den japanischen Kultanime Jin-Roh sein könnten, ist dabei ebenfalls erst einmal irrelevant.

Ich möchte nun auch keine weiteren Worte mehr verlieren. Wie ihr sicher noch wisst, bin ich krank. Doch ständig habe ich das unweigerliche Bedürfnis, meinen Kopf auf den Tisch fallen zu lassen. Passend dazu also noch ein kurzes Zitat aus dem Fazit des werten Autors:

Narrativ und ideologisch aber sind diese Titel auf dem Niveau eines Weltkriegsfilms aus den Fünfzigern: Böse Aliens als Gegner erlauben rassistische Ausbrüche im Off-Text, wie sie John Wayne sich damals auch gegenüber japanischen Komparsen noch leisten durfte. Das simple Gut-Böse-Schema macht das Töten zu etwas zweifelsfrei Richtigem. Die Handlung beschränkt sich auf eine vollständig willkürliche, einzig nach Schwierigkeit und Spektakelgröße geordnete Abfolge von "Einsätzen" - an deren Ende stets die Rettung der Welt steht.


Ich frage mich jetzt: bin ich ein schlechter Mensch, nur weil ich Rambo 1 oder Predator toll finde? Weil mein Testosteronpegel um 200 Prozent steigt, wenn ich in Gears of War 2 einen Wurm von innen heraus mit einem motherfucking Bajonett zersäge, drölfzillionen Locust töte und am Ende die Welt rette? Wieso fühlt man sich heutzutage auch ohne grundexistenzielle Glaubenfragen des menschlichen Seins durchaus bei B-Movie-Action unterhalten? Kann ich nicht auch einfach Spielen, ohne gleich meine tiefsten, seelischen Diskrepanzen in ein Spiel zu projezieren? Ist es das, was Spiegelredakteure zu besseren Menschen macht? Endet bei B-Movie die soziale Unterschicht und der geistige Spiegel-Redakteur erhebt sich darüber? Die knapp 250 Forenreaktionen geben darüber leider keinen Aufschluss. Doch zumindest für mich steht fest. Ja, ich kann mich auch durch Stumpfsinn unterhalten fühlen. Yippie-Ya-Yay, Schweinebacke.

Kommentare & Likes

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  • inics
    #1 | 25. Februar 2009 um 08:12 Uhr
    super genial dieser Text.
    sprichst wohl allen spielern aus der Seele damit...

    ...vor allem: [...]einen Wurm von innen heraus mit einem motherfucking Bajonett zersäge[...]

    Meine Güte was so "diplom" Psychologen eigentlich denken zu wissen oder sagen zu können...

    dazu passend wohl eher das sprichwort: wenn man KEINE Ahnung hat, einfach mal FRESSE halten!!!1

    so far..   
  • Philipp
    #2 | 25. Februar 2009 um 12:10 Uhr
       Danke dir. Ja, ich finde es schlimm, wenn man Dinge nicht einfach mal als das sehen kann, was sie sind: Unterhaltungsprogramme.

    Aber es soll ja Menschen geben, die keine Freude im Leben haben.

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