Resident Evil: Revelations - Review

Bereits zur Ankündigung des Nintendo 3DS wurde ein Third-Party-Titel besonders in den Vordergrund gerückt. Ein Spiel, welches auf dem neuen System nicht nur technische Maßstäbe setzen, sondern gleichzeitig auch eine Kultserie zurück zu den Wurzeln führen sollte: Resident Evil: Revelations. Zum Release des 3DS hat es zwar nicht geklappt, aber fast ein Jahr danach ist Revelations nun endlich erschienen. Ist das Spiel auch ein echtes Resident Evil oder nur ein kleines Spin-Off, das Appetit auf Operation Raccoon City und Resident Evil 6 machen soll?

Was passiert nur auf dieser Queen Zenobia? Warum ist das Kreuzfahrtschiff plötzlich nicht mehr auf dem Radar zu sehen - und taucht dann mutterseelenallein und völlig menschenleer wieder auf dem Meer auf? Und dann auch noch diese seltsamen Kadaver, die an die Strände gespült werden ... keine Frage, hier stimmt irgendwas nicht. Der Sache muss auf den Grund gegangen werden. Und zuständig für diese Operation sind ein paar alte Bekannte: Jill Valentine und Chris Redfield, die unter anderem schon in Resident Evil 3 und 5 bewiesen haben, dass sie mit Zombies, Mutanten und anderem ekligen Zeug umgehen können. Dazu gesellen sich ein paar neue Figuren, die bisher noch keinen Auftritt hatten. Die Mischung passt auf jeden Fall - und das Gesamtpaket Handlung + Charaktere ist zufriedenstellend. In dieser Hinsicht - und zum Glück nicht nur in dieser - ist Revelations ein ganz großes Resident Evil.

Resident Evil: Revelations


Dreidimensional ist drei Mal so gut. Zweidimensional ist aber auch schön.



Das erste, was mir beim Spielen von Resident Evil: Revelations in den Sinn kam, war: "Hey, das Ding muss verdammt teuer gewesen sein". Tatsächlich scheint Capcom hier mit sehr hohen Production Values an die Arbeit gegangen zu sein, denn ganz gleich, welchen Aspekt des Spiels man sich ansieht - überall findet man technisch exzellente Qualität vor, die nahezu alles schlägt, was man auf dem Nintendo 3DS bisher so gesehen hat. Das beginnt schon im Hauptmenü, wenn die gruselige Hintergrundmusik ertönt, und geht im Spiel weiter, wenn die verstörenden Laute der Monster dem Raum entsprechend aus einer anderen Richtung kommen. Die Soundkulisse erreicht für Handheld-Verhältnisse ein Niveau, das ich bislang nirgends in der Form erleben durfte - spontan fühlte ich mich an Dead Space erinnert. Und wer das gespielt hat, der weiß, was für ein riesiges Kompliment dieser Vergleich für Revelations ist. Aber auch die Grafik ist für den 3DS die neue Referenz: Sowohl in 2D als auch in 3D sieht der Titel hervorragend aus und wird den hohen Erwartungen locker gerecht. Die Umgebungen, die Animationen, die Effekte, die Texturen, Jills Hinterteil ... das ist alles scharf und knackig, besonders letzteres. Klasse!

Grundsätzlich zeigt sich Resident Evil: Revelations von seiner schönsten Seite, da nicht nur die Technik stimmt, sondern auch das generelle Design rundum passt. Die Queen Zenobia ist ein mysteriöses und angsteinflößendes Schiff, das optisch prima in Szene gesetzt wird. Selbst ein Ess- und ein Ballsaal sind in dem gigantischen Schiff vorhanden und teilweise nur vom Kerzenschein beleuchtet, machen die Innenräume einen exquisiten Eindruck. Überraschend umfangreich ist auch die optische Abwechslung, denn man erkundet lange nicht nur das Kreuzfahrtschiff, sondern findet sich auch mal im verschneiten Sibirien oder irgendwo an einem Strand wieder - ganz zu schweigen davon, dass auch die Queen Zenobia teilweise unter Wasser steht und man diverse Räume nur tauchend bzw. schwimmend besuchen kann. Auch das Design der Monster ist gelungen, wobei man hier sagen muss, dass sich einige der Viecher zu sehr ähneln - hier mangelt es dem Spiel etwas an der optischen Vielfalt, die man hinsichtlich der Schauplätze geboten bekommt. Aber eigentlich ist das kaum der Rede wert.

Resident Evil: Revelations


"Back to the roots" - mal wieder. Gute Vorsätze, aber klappt die Umsetzung?



Es wurde ja schon lange gefordert, dass Capcom die Resident-Evil-Serie endlich zurück zu dem führt, was sie ursprünglich war: Survival-Horror at its best. Mit Resident Evil 4 hatte man sich ja bereits gefährlich nah in die Actiongefilde gewagt und mit Teil 5 endgültig den Shooter-Status erreicht - auch der sechste Ableger der Hauptreihe, der im November dieses Jahres erscheinen wird, machte im ersten Trailer eher den Eindruck eines erweiterten Resident Evil 5 anstatt den eines Horrorspiels. Bei Resident Evil: Revelations dagegen wollte man unbedingt zurück zu den Wurzeln. Tatsächlich scheint dies in den ersten Stunden zu gelingen, denn es wechseln sich subtile Schockmomente mit kleineren Rätseln, einer Prise Erkundung und hitzigen Gefechten gegen wenige Gegner ab. Die Mischung stimmt, das Spielgefühl ist hervorragend, die Spannung des Moments wird toll eingefangen - der Schritt zurück zu den Serienwurzeln scheint geglückt. Schade ist allerdings, dass Revelations mit der Zeit wieder in das klassische Resi-4/5-Schema zurückfällt und mich plötzlich von einer Ballerpassage in die nächste wirft. In dieser Phase merkt man, dass sich Capcom noch immer nicht klar entschieden hat, ob man nun der Action oder dem Horror den Vortritt lassen soll. Nachdem man diese etwa ein- bis zweistündige Ballerphase abgeschlossen hat, flammt auch der Grusel wieder auf. Und Spaß macht es ja trotzdem.

Die Atmosphäre während des Spielens ist äußerst gelungen: Man sucht verzweifelt nach Munition, nachdem ein waberndes Monster einfach mal drei Viertel der Kapazität verschluckt hat, betritt dunkle, unheimliche Räume und folgt unentwegt einer spannenden Story, die für ein mobiles System fantastisch inszeniert wird. Meinem Empfinden nach ist die Präsentation auch deutlich spektakulärer, packender und aufregender als die von Uncharted: Golden Abyss, das auf der PlayStation Vita erst kürzlich viel Lob eingesackt hat. Natürlich lassen sich beide Spiele nicht einfach so vergleichen, aber bei Revelations fühlte ich mich wesentlich mehr in das Geschehen mit einbezogen als beim tragbaren Abenteuer von Nathan Drake. Darüber hinaus lässt es sich vergleichsweise besser steuern, da der Touchscreen eigentlich nur zum Konfigurieren der Waffenauswahl benötigt wird - überflüssige Wisch-Einlagen gibt es bei diesem Resident Evil zum Glück nicht. Wer möchte, kann den Titel übrigens auch mit dem Circle Pad Pro spielen, was ich euch wirklich ans Herz lege, wenn ihr ohne zwei Analogsticks/Slidepads nicht auskommen könnt. Allerdings geht die Steuerung auch ohne den Zusatz recht ordentlich von der Hand.

Resident Evil: Revelations


Nachschlag gefällig? Nach dem Durchspielen wartet der Raid-Modus auf euch!



Capcom ließ sich bei Revelations wahrlich nicht lumpen und hat eine riesige Menge an Inhalt auf das kleine Modul gepackt: Alleine für die Einzelspieler-Kampagne habe ich zwischen zehn und elf Stunden gebraucht, was ich für überraschend lange halte. Ganz so groß ist der Wiederspielwert zwar nicht, aber dafür winkt nach dem Durchspielen ja noch ein zweiter umfangreicher Spielmodus, den man sogar kooperativ mit einem Freund angehen kann. In diesem Raid-Modus muss man sich gemeinsam den Gegnerwellen stellen und dabei auch noch bestimmte Ziele erreichen - das macht verdammt viel Spaß und funktioniert sowohl adhoc als auch über das Internet dank eines sehr guten Netzcodes einwandfrei. Man kann durchaus viel Zeit im Raid-Modus verbringen, da es zudem noch ein separates Levelsystem inklusive freischaltbarer Materialien gibt. Alleine dieser Spielmodus steckt das halbgare Resident Evil: The Mercenaries 3D locker in die Tasche. Damit kommen in Revelations nicht nur Einzelspieler, sondern auch Multiplayer-Freunde voll und ganz auf ihre Kosten. Es ist schon erstaunlich, wie viel Mühe sich Capcom mit dem vermeintlich kleinen Spin-Off gegeben hat - bitte mehr davon!

Das merkt man auch daran, dass Revelations auch als Spiel für ein Handheld komplett vertont ist - und das sogar auf Deutsch und dabei richtig gut. Hier wünscht man sich endlich einmal nicht, zur englischen Variante umschalten zu können, denn die deutschen Stimmen klingen durchweg überzeugend. Und selbst wenn man dieses Verlangen verspürt, bietet euch Capcom die Möglichkeit, die Sprachausgabe zu ändern: Zur Wahl stehen neben Deutsch auch Englisch, Spanisch, Französisch und sogar Japanisch. Aber damit noch nicht genug, denn Revelations bietet weiteren Luxus: Man kann sogar zwischen einer Third-Person- und First-Person-Perspektive wählen. Auch das ist eine gute Idee, wobei mir die erste Variate etwas besser gefällt. Schön, dass beide Geschmäcker so gut bedient werden!




Tim

Fazit von Tim:

Warum hat Capcom Revelations nicht gleich Resident Evil 6 getauft? Schließlich passt der Name perfekt zu diesem Spiel - es kombiniert endlich wieder Horror-Elemente mit Action und auflockernden Rätsel-Einlagen, ohne einen Sektor davon zu vernachlässigen oder zu kastrieren. Ich hatte verdammt viel Spaß dabei, die Geheimnisse der Queen Zenobia zu enthüllen und mich von den zumindest zu Beginn zahlreichen Schockern erschrecken zu lassen. Revelations ist wahrlich mehr als nur ein "kleines" Spin-Off; es ist ein komplett eigenständiger Ableger, der so auch als großer Teil der Hauptreihe und durchaus auch auf den HD-Konsolen durchgehen könnte. Natürlich müsste die Technik dafür nochmal ein ganzes Stückchen stärker sein, aber für den 3DS gibt es nichts zu meckern: Das Spiel sieht vor allem in 3D hervorragend aus und erweckt auch durch seine brillante Soundkulisse eine dichte, angespannte, furchteinflößende und geheimnisvolle Atmosphäre. Schade ist allerdings, dass der Horror mit der Zeit etwas auf der Strecke bleibt - irgendwann versinkt man für eine Weile im Sumpf stupider Balleraction. Doch zum Glück kriegt das Spiel bald wieder die Kurve. Kurz: 3DS-Besitzer kommen um Revelations nicht herum. Das Circle Pad Pro ist übrigens kein Muss, um in den vollen Genuss des Titels zu kommen. Es geht auch ohne - und macht dabei immer noch genauso viel Spaß.

Lasst euch nicht davon täuschen, dass es nur auf dem kleinen 3DS erscheint: Revelations ist ein vollwertiges, umfangreiches, packendes und trotz kleiner Mankos verdammt unterhaltsames Resident Evil, das so auch auf stationären Konsolen durchgehen könnte.

Besonders gut finde ich ...
  • rundum blitzsauberes Technikgerüst
  • hervorragende Grafik, v.a. in 3D
  • sehr atmosphärische Inszenierung
  • fantastische 3D-Raum-Soundkulisse
  • spannende Story, gute Charaktere
  • unterhaltsamer Raid-Multiplayer
  • sehr gut mit Circle Pad Pro spielbar
  • Steuerung auch ohne recht bequem
Nicht so optimal ...
  • später zu wenige Horror-Elemente
  • Steuerung ohne CCP anspruchsvoll
  • Multiplayermodus freischaltbar

Tim hat Resident Evil: Revelations auf dem Nintendo 3DS gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Capcom zur Verfügung gestellt.

Resident Evil: Revelations - Boxart
  •  
  • Entwickler:Capcom
  • Publisher:Capcom
  • Genre:Action-Adventure
  • Plattform:PC, PS3, PS4, Xbox360, Xbox One, WiiU, Switch, 3DS
  • Release:24.05.2013
    (3DS) 27.01.2012
    (PS4, Xbox One) 29.08.2017
    (Switch) 28.11.2017

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Kommentare & Likes

Deine Meinung ist gefragt.
  • Darius
    #1 | 16. März 2012 um 15:50 Uhr
    Wenn doch nur alle 3DS-Spiele ab Launch so dahergekommen wären ...   
  • DarkRaziel
    #2 | 17. März 2012 um 10:24 Uhr

    Kithaitaa: Wenn doch nur alle 3DS-Spiele ab Launch so dahergekommen wären ...


    Dann müssten die Entwickler mehr Vorlauf bekommen und selbst dann bekommen es nicht alle so gut hin.

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