Uncharted: Golden Abyss - Review

Es gibt immer diese Systemseller: Mario, Pokémon, Zelda, Halo. Da für die PlayStation Vita logischerweise keine dieser Marken in Frage kommt, zieht Sony eben den hauseigenen Joker namens Nathan Drake, der dem neuen System mit Uncharted: Golden Abyss gleich zum Verkaufstag einen Besuch abstattet. Inhaltlich und spielerisch orientiert sich das Spiel dabei an der Serienpremiere von 2007, obwohl Naughty Dog nicht aktiv an der Entwicklung beteiligt war. Stattdessen stammt Golden Abyss von Sony Bend, die sie unter anderem mit Resistance: Retribution für PSP einen Namen gemacht haben. Schaffen sie es auch, ein großes Uncharted ohne Abstriche auf die kleine Vita zu bringen?

Eigentlich gibt es wenig zu Uncharted: Golden Abyss zu sagen. Diejenigen, die eine PlayStation Vita bereits ihr eigen nennen, dürften das Spiel schon besitzen, und die anderen, die sich für den Titel interessieren, haben sicherlich schon durch etliche Reviews mitbekommen, dass es definitiv einen Kauf wert ist. Allzu viel kann ich also nicht ergänzen, eines kann ich dafür aber sehr wohl tun: Bestätigen, dass Golden Abyss ein Brett ist - sowohl im spielerischen als auch technischen Sinn. Dennoch muss sich Sony von mir Kritik anhören. Kritik, die man sich für das nächste Uncharted zu Herzen nehmen sollte.

Uncharted: Golden Abyss


Der Grat zwischen Vita-Techdemo und vollwertiger Uncharted-Erfahrung ist schmal.



Mensch, Sony Bend! Was soll denn das? Da serviert ihr mir ein vollwertiges Uncharted-Spiel für meine neue PlayStation Vita mit satten 34 Kapiteln, hochwertigen Kulissen, tollen Charakterzeichnungen, teilweise hollywood-reifer Inszenierung und einer für ein portables System erstaunlich bequemer Spielbarkeit - und dann braucht dieses Abenteuer so lange, um endlich Fahrt aufzunehmen! Kein Uncharted war zum Einstieg bisher so unspektakulär und eintönig wie dieses. Selbst der für Serien-Verhältnisse ernüchternde Beginn von Uncharted 3 war aufregender als dieses Herumgeballere und -geklettere im Dschungel. Zehn Kapitel braucht Golden Abyss, bis es den Techdemo-Status ablegt und sich endlich auf seine Grundfesten stützt: die Inszenierung, die Spannung, den Augenblick. Apropos Techdemo: Es ist ja schön, dass ihr mit diesem Spiel zeigen wollt - und sollt! -, zu was die PlayStation Vita imstande ist. Aber die Touchscreen-Wischereien für Prügeleien, Machetenschlitzen und das Festhalten an Kanten sind lästig. Hättet ihr sie nicht wenigstens deaktivierbar machen können, sodass ich das Abenteuer ganz nach meiner Steuerungs-Präferenz erleben kann? Ganz zu schweigen von dem furchtbaren Balancieren der Vita beim Laufen über ein dünnes Holzbrett. Sowas mag auf der Wii in Ordnung gehen, aber hier ist es schrecklich. Bitte, bitte, bitte: Lasst so etwas beim nächsten Uncharted für die Vita einfach sein. Dann muss ich auch nicht mehr verlieren, weil ich mich gerade irgendwo kratze, anstatt über den Bildschirm zu streichen - was mir im Endeffekt auch meinen Killstreak vernichtet.

Warum ich mich so über diese blöden Touch-Einlagen aufrege, fragt ihr euch? Die Antwort liegt auf der Hand: Sie sind mit einer der wenigen Punkte, die man an diesem Uncharted kritisieren kann. Denn abgesehen davon ist dieser actionreiche Dschungeltrip wirklich hervorragend! Ich hätte mir vor ein paar Monaten noch nicht ausmalen können, einmal ein großes Uncharted auf einem kleinen Bildschirm spielen zu können und trotzdem beeindruckt zu sein - wenn auch mit Abstrichen. Keine Frage, grafisch ist Golden Abyss derzeit das Vorzeigespiel der PlayStation Vita: Sowohl Animationen als auch Hintergründe, Kamerafahrten und Lichteffekte sind das Schönste, was das System momentan zu bieten hat - und angesichts dieser Qualität bin ich unglaublich gespannt auf das, was man in Zukunft noch sehen wird. Wie wohl ein God of War aussehen wird? Fakt ist: Rein aus technischer Hinsicht betrachtet kann man Uncharted kaum etwas vorwerfen. Und auch spielerisch geht die Mischung aus viel Geballere, wenig Gerätsel und einigem an Kletterarbeit erneut auf, auch wenn man sich insgesamt zu sehr auf altbekanntes verlässt. Hier und da hätten neue Akzente nicht geschadet und spätestens ein Uncharted 4 muss in dieser Hinsicht mehr bieten als nur das, was man seit Jahren kennt. Trotzdem: Spaß macht es.

Uncharted: Golden Abyss


Willkommen im Dschungel! Es warten Wasserfälle, Ruinen und Moskitos ...



Nicht besonders gelungen ist dagegen die Geschichte, der es im Vergleich zu den großen Brüdern an Dramatik und auch Spannung mangelt. Es geht wieder einmal um eine verborgene Stadt - diese Mal aus Gold -, welche sich irgendwo im Dschungel befindet. Drake und seine neue Begleiterin Marisa Chase schicken sich also an, diese zu finden und ihr Geheimnis zu lüften, was erwartungsgemäß wieder in einem Wettrennen zwischen den beiden und einem neuen Widersacher resultiert. Doch trotz der eher schwachen Erzählung sind mir die Charaktere und Dialoge sehr positiv in Erinnerung geblieben, da es Sony Bend erfolgreich geschafft hat, ihnen Persönlichkeit und Stil zu verleihen. Auch Nathan Drake selbst wirkt ganz wie in Uncharted 1-3. Unter anderem damit hat das Studio bewiesen, dass es zu Unrecht eines der kleineren und unbekannteren bei Sony ist, denn nach Golden Abyss habe ich keine Zweifel daran, dass die Jungs und Mädels auch ein großes Uncharted bewerkstelligen könnten. Ich wünsche ihnen für die Zukunft eine eigene Marke, so wie sie jeder bei Sony hat: Naughty Dog macht Uncharted, Guerilla Killzone, Insomniac Ratchet & Clank und Resistance, Sony Santa Monica God of War und so weiter und so fort. Sony Bend hat sich hier ebenfalls einen Platz verdient, wie ich finde!

Während des etwa sieben- bis achtstündigen Abenteuers streift man mit Drake, Chase und Sully zumeist durch grüne Dschungelpassagen, zwischendurch geht es aber auch mal in düstere Tropfsteinhöhlen oder verlassene Ruinen. Die optische Vielfalt fällt nicht ganz so groß aus wie in den PS3-Ablegern, kann aber für einen Handheld durchaus überzeugen. Schade ist dagegen, dass man gerade zu Beginn zu viel Zeit mit sinnfreiem Geballer verbringt - hier hätten die Entwickler schneller Spannung aufbauen müssen und Abwechslung bieten sollen. Mit der Zeit wird das Spiel aber zunehmend besser und spätestens Kapitel wie die Kanufahrten über einen tropischen Fluss sorgen dann dafür, dass echte Uncharted-Atmosphäre eintritt. Insgesamt ist die Einzelspieler-Erfahrung gut und eines Uncharted würdig, fällt aber meines Erachtens nach zu kurz aus - viel mehr als sieben Stunden solltet ihr für einen Durchlauf nicht benötigen. Der Wiederspielwert ist nicht hoch und ein Multiplayermodus ist ebenfalls nicht vorhanden, wodurch der Umfang doch ein wenig mager erscheint.



Ein kleiner Hinweis an alle Downloadfreunde: Wer plant, sich Uncharted: Golden Abyss auf seine Speicherkarte zu laden, sollte vorsichtig sein - das Spiel umfasst inklusive dem ersten Update fast vier Gigabyte und füllt damit schon die kleinste erhältliche Speicherkarte komplett aus.


Tim

Fazit von Tim:

Schade, dass Uncharted: Golden Abyss so lange braucht, um Fahrt aufzunehmen. Schade, dass die Features der PlayStation Vita zu häufig über die eigentlichen Qualitäten des Spiels und der Serie gestellt werden. Schade, dass der Soundtrack keine große Rolle spielt. Denn abgesehen von diesen Kritikpunkten bietet Golden Abyss eigentlich alle Zutaten, die ein Uncharted braucht, um zu schmecken. Somit schöpft das Spiel nicht sein komplettes Potential aus, ist insgesamt aber immer noch ein tolles Abenteuer, das sich kein PlayStation-Vita-Besitzer entgehen lassen sollte. Es erzählt zwar keine spannende Geschichte, bietet keinen Multiplayermodus, ist etwas zu kurz und die Touch-Einlagen können auf Dauer sehr nervig werden, ist aber im Kern immer noch ein Uncharted - nur dieses Mal eben im Kleinformat. Erfreulich wäre es für die Zukunft der Serie aber auch, wenn Sony etwas Mut zum Risiko beweist und nicht nur das Drumherum in Form von Grafik und Inszenierung, sondern auch mal die eigentliche Spielmechanik aufmotzt. Alles in allem ist Uncharted: Golden Abyss aber ein tolles Abenteuer für zuhause und unterwegs - gerne mehr davon!

Es sieht gut aus, spielt sich bis auf die Touch-Einlagen prima und macht trotz kleiner Kritikpunkte sehr viel Spaß - Uncharted: Golden Abyss ist einer der besten Vita-Launchtitel und damit für sowohl Serien- als auch Actionfreunde generell ein guter Kauf.

Besonders gut finde ich ...
  • technisch & stilistisch exzellente Kulisse
  • tolle Präsentation & Uncharted-Flair
  • ein vollwertiger Ableger für unterwegs
  • sympathische alte & neue Charaktere
  • Mix aus Kämpfen, Klettern & Rätseln
  • ein paar sehr gelungene Puzzles
  • bequeme Steuerung (mit Ausnahmen)
Nicht so optimal ...
  • überstrapazierte Vita-Features wecken z.T. Gedanken an eine Techdemo
  • kann nicht mit PS3-Teilen mithalten
  • wenige Highlights & Überraschungen
  • kein (Off/Online-)Multiplayermodus
  • lange Zeit zu viel gleiche Action
  • Spielzeit mit 7-8 Stunden kurz

Tim hat Uncharted: Golden Abyss auf der PlayStation Vita gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Sony CEE zur Verfügung gestellt.

Uncharted: Golden Abyss - Boxart
  •  
  • Entwickler:Bend Studio
  • Publisher:Sony CEE
  • Genre:Action-Adventure
  • Plattform:PSVita
  • Release:22.02.2012
    (Japan) 17.12.2011

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Kommentare & Likes

Deine Meinung ist gefragt.
  • Darius
    #1 | 2. März 2012 um 22:25 Uhr
    So schön UC:Golden Abyss auf der PS Vita ja auch ausschauen mag, ich persönlich mag irgendwie kein Spiel, das ich von der großen Konsole mit entsprechender Leinwand her kenne, auf abgespecktem Daumenkino Niveau erleben, irgendwie. Und du sagst ja auch, dass es eben, zwar toll, aber doch nicht so großartig ist.

    Lustigerweise werden dir gerade die neu integrierten PS Vita Features zu lästig, aber das hab ich auch schon in einem Gameplayvideo so gesehen, touchen, drücken, sliden, machen, tun - und das womöglich alles gleichzeitig, in einem 2. Klasse Zugabteil der Deutschen Bahn, nein danke   

    Denke, dass angesprochene, und immer wiederkehrende Gameplay, hätte in einem Teil 4 (auf der PS3) nun wirklich keinen mehr begeistert, einzig die Inszenierung, womöglich. Daher muss ich Golden Abyss wohl nicht haben   
  • Sascha
    #2 | 3. März 2012 um 12:24 Uhr
    Wenn die PS Vita vom Preis fällt und es bestimmt noch ne neuere Version des Handhelds gibt, ist das Spiel so gut wie gekauft (gerade weil das dann sicher auch zum Budget-Preis in der UK zu haben ist)  . Die God of War-Titel für die PSP waren auch was abgespeckt, aber ich hatte trotzdem meinen Spaß damit (obwohl die jetzt auch seltsamerweise für die PS3 remastert werden). Nathan Drake auf dem Weg zocken find ich klasse, solange das Akku mitmacht  .
  • DarkRaziel
    #3 | 3. März 2012 um 12:54 Uhr
    Die Touchscreen Eingaben haben mich auch genervt im Spiel so wie die Ausgleichen der Balance auf schmalen Abwegen. Die waren für mich immer Aufgesetzt um ja einige Funktionen von der PS Vita aus zu nutzen.
    Doch auch ich empfand das das Game erst in den späteren Level so richtig Fahrt auf nimmt sei es mit Music, welche einen vorantreibt oder mit den Indizierungen der Level Dynamik.
    Aber am Ende bleibt mir nur zu sagen ich wurde gut unterhalten und das muss ja auch bei einem Spiel sein, denn wenn es ein nicht fesselt lässt man es schnell links liegen und hat keine Lust auch den Abspann zu sehen.
  • chr1sp88
    #4 | 6. März 2012 um 00:04 Uhr
    mich haben auch die touchscreen eingaben genervt und das mit dem ausbalancieren. denoch muss man sagen uncharted ist ein hammer titel und ein kauf muss für jeden ps vita inhaber.   

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