SSX - Review

Wie lange ist es her, dass ich mich das letzte Mal so freuen durfte, ein neues SSX-Spiel in den Händen zu halten?! Spontan denke ich da an SSX Blur - und das ist immerhin schon fast fünf volle Jahre alt und als wii-exklusiver Titel auch nur ein eher kleiner Ableger gewesen. Doch vor wenigen Tagen war es soweit und die alte Liebe zum virtuellen Snowboarden flackerte erneut auf. SSX, so der einfache Name des Serien-Reboots, landete in meinem Briefkasten und bereits kurze Zeit später auch im Laufwerk meiner Xbox 360. Seitdem dreht es da seine Runden, mal kürzer, mal länger, mal über mehrere Stunden hinweg. Das ist Snowboard-Action, wie ich sie mir gewünscht habe!

Ich stehe hoch oben auf einem der höchsten, wenn nicht sogar dem höchsten Gipfel, die die Antarktis bieten kann. Hinter mir: ein so steiler Abgrund, dass es mir bereits beim Hinuntersehen schlecht werden könnte. Über mir: der Helikopter, der mich hier in diese unwirkliche Gegend gebracht hat und nun langsam wieder abhebt. Vor mir: die wohl gefährlichste und gleichzeitig auch die kälteste Abfahrt der Antarktis. Gletscherspalten. Tiefe Schluchten. Sonne und Schatten. Und hier soll ich mit meinem Snowboard herunterrasen - ohne irgendeine effiziente Hilfe? Exakt. In SSX ist nämlich alles möglich. Also werde ich mich auch dieser tödlichen Herausforderung, diesem Deadly Descent, stellen. Und ich werde sie meistern! SSX überschreitet Grenzen. Es liegt jenseits von Realität und den Gesetzen der Physik.


Wir reisen um den Globus, stellen uns allen Gefahren und ownen den Planeten.



Es gibt so vieles, dass dieses SSX zu einem guten Spiel macht! Aber der Ausdruck "Gut" alleine würde nicht reichen, um SSX zu beschreiben. Denn meinem Empfinden nach verdient dieses Spiel das Prädikat Hervorragend. Es hat mir erneut gezeigt, warum Tony Hawk's Pro Skater und Kelly Slater's Pro Surfer (damals) zu meinen absoluten Lieblingsspielen gehörten: weil sie sich nicht an die Gesetze der Natur halten, sondern sich durch ihren arcadigen Spielansatz auszeichnen. So war auch schon immer in SSX - und in diesem Jahr feiert die Snowboarding-Serie von EA endlich ihre längst überfällige HD-Premiere auf Xbox 360 und PlayStation 3. Die Rahmenhandlung rund um die abgedrehten sportlichen Aktivitäten ist natürlich wieder kosmetische Nebensache und völlig belanglos; eigentlich geht es nur um den Kampf zweier rivalisierender Snowboarding-Teams, die sich beide durch hohe Einschaltquoten ihr finanzielles Überleben sichern wollen bzw. müssen. Und wie lassen sich diese enormen Zuschauerzahlen besser erreichen als durch ein effektgeladenes Feuerwerk an Tricks, Combos, Grindsequenzen und akrobatischen Jumps durch die verschneiten Pisten von neun der größten Gebirgsketten dieser Erde?


SSX


Realität ist keine Grenze. Wir sind frei. Und Physik spielt (fast) keine Rolle.



Eines ist klar: SSX ist sicherlich keine Simulation. Wer auch immer mit den Erwartungen an ein solches Spiel an SSX herangeht, wird keine schöne Zeit damit verbringen. Oder habt ihr in der Realität schon einmal erlebt, dass Snowboarder sich beim Grinden über verschneite Rails, die darüber hinaus auch noch über dem kilometertiefen Abgrund entlangführen, auf ihr Board setzen und sich anschließend um 720° drehen, während unter ihnen die tödliche Schlucht gähnt und droht, sie zu verschlingen? Ein anderes Beispiel: Ein Snowboarder rast mit 120 km/h über eine Rampe und fliegt weit über hundert Meter über die verschneite Gebirgskette, überschlägt, dreht und windet sich dabei so extrem, dass selbst einem Orang-Utan schlecht werden würde, und landet danach ohne jegliche Probleme einwandfrei auf einem Teil der Piste mit einem Neigungswinkel von 69°. Habt ihr das in echt schon einmal erlebt/gesehen/gemacht? Nein? Natürlich nicht! SSX bietet Snowboarding-Action im Arcade-Stil. Dies lässt sich gleichsetzen mit einem umfangreichen Repertoire an extrem abgedrehten Flips, Grabs und Verknüpfungen aller möglichen Trickvarianten, kombiniert mit einer locker-coolen Präsentation und abwechslungsreichen Pisten voller Rampen und Rails. Wirklich: Viel verrückter als SSX kann Arcade-Snowboarding nicht mehr werden. Es fühlt sich gut an, nicht an die Naturgesetze gebunden zu sein.

Über 150 unterschiedliche Abfahrten warten darauf, im "Erkunden"-Modus besucht und befahren zu werden, während euch in der World Tour - also quasi der Kampagne - neben diesen Standard-Levels noch spezielle Herausforderungen namens Deadly Descents erwarten. Dabei handelt es sich um neun spezielle Pisten, in denen es nur ein Ziel gibt: Überleben. Jede Deadly Descent zeichnet sich durch besondere Eigenschaften aus. So muss man in der Antarktis beispielsweise den Großteil der Zeit in der Sonne verbringen, um nicht in der Eiseskälte zu erfrieren, in Patagonien dagegen muss man mit dem an eine Fledermaus erinnernden Wingsuit über tiefe Abgründe und Gletscherspalten gleiten und andere Deadly Descents warten mit Lavaseen, Bäumen und sogar Lawinen auf - es wird genug Abwechslung geboten. Als Auflockerung gegenüber den klassisch-arcadigen Abfahrten auf den anderen Pisten machen die Deadly Descents einen hervorragenden Job und sorgen darüber hinaus auch noch für einen intensiven Anstieg des Adrenalinspiegels. Natürlich ist hier und da auch ein wenig Frust mit den höhen Ansprüchen dieser Abfahrten verbunden, aber insgesamt kann man den Deadly Descents wirklich nur Gutes abgewinnen. Und es ist schön zu sehen, dass man sich nicht nur auf alte Stärken besinnt.


SSX


Der Multiplayer: Was Need for Speed sein Autolog, ist dem SSX sein Ridernet.



Natürlich wäre ein Spiel wie SSX ohne einen angemessenen Multiplayermodus nur ein halbes, daher haben sich EA und die Entwickler Gedanken darüber gemacht, wie man das Spiel am besten für den gemeinsamen Zock gestaltet. Das Ergebnis dieses Brainstormings ist das Ridernet, was quasi dem Pendant zum Autolog aus Need for Speed: Hot Pursuit / Shift 2 Unleashed / The Run oder dem Battlelog aus Battlefield 3 entspricht - mittlerweile findet dieses äußerst gelungene Element ja ohnehin in jedem multiplayer-fähigen EA-Spiel seinen Platz. Auch Ridernet erfindet das Rad nicht neu, überzeugt aber wie immer durch seine organisierte Übersicht der aktuellen Bestzeiten, Freundesrekorde, eigenen Highscores und so weiter und so fort. Hochspannend ist aber vor allem der Ansatz des eigentlichen Multiplayermodus, denn hier hat man leicht von Trackmania abgekupfert und startet regelmäßig sogenannte globale Events, in denen jeder Spieler in einer bestimmten Zeitspanne seinen Rekord auf einer speziellen Piste aufstellen muss - derjenige mit dem höchsten Highscore bzw. der kürzesten Zeit erhält dann entsprechende Belohnungen und auch für die Nächstplatzierten gibt es Trostpreise. Man spielt zwar nie direkt gegeneinander (was sehr schade ist), aber dennoch sorgen die dadurch entstehenden "Ghost"-Rennen für verdammt gute Unterhaltung. Schmerzlich vermisst habe ich allerdings einen lokalen Mehrspielermodus. Heutzutage scheint es wohl nur noch wenige zu geben, die gerne zu zweit an einer Konsole spielen. Dabei wäre der Splitscreen gerade bei SSX wichtig gewesen!

An dieser Stelle auch gleich der Hinweis an alle Hasser des Online-Pass: Er ist auch in SSX Voraussetzung, um an globalen Events teilzunehmen und besondere Belohnungen zu erhalten. Ridernet funktioniert allerdings auch ohne. Mittlerweile sollte sich jeder seine Meinung zu diesem Thema gebildet haben.


SSX


Was wäre ein SSX ohne einen genialen Soundtrack? Genau: kein SSX!



Rundum überzeugen kann das ganze Drumherum, sprich: Steuerung, Grafik und Musik. Technisch macht SSX einen sehr guten Eindruck, auch kleinere Macken wie aufploppende Bildobjekte oder ein paar hässliche Texturen können diesen nicht trüben. Das Eindrucksvolle sind die kräftigen Farben sowie das generell tolle Design von Fahrern und Umgebungen, zumal die Effekte einiges wieder herausholen. Bei der Steuerung können SSX-Freunde zwischen zwei Varianten auswählen: Die Veteranen nehmen die klassische Steuerung via Tasten, alternativ kann man sich auch für eine Tricksteuerung mittels dem rechten Analogstick entscheiden. Beide Varianten funktionieren prima und auch das Fahrgefühl stimmt. Wie es sich für ein würdiges SSX gehört, ist natürlich auch der Soundtrack gut bestückt und liefert mit Songs von Skrillex, Run DMC, Flux Pavilion, The Qemists, DJ Shadow und anderen bekannten Künstlern eine hervorragende Bandbreite an musikalischer Unterhaltung. Kopfnicken und Mitwippen sind also vorprogrammiert - und das SSX-Flair von damals wird perfekt eingefangen. So gehört sich das!

Zum Schluss noch eine kurze Anmerkung zur Ingame-Währung: Wer keine Lust hat, zig Rennen nacheinander zu absolvieren, nur um sich endlich das heiß ersehnte neue Board, den neuen Anzug oder das neue Equipment zu kaufen, der kann auch mit Microsoft Points bezahlen. Das erfreut sich mittlerweile ja großer Beliebtheit - und findet damit auch in SSX seinen Platz. Wer's braucht ;-)




Tim

Fazit von Tim:

Ihr habt schon früher auf der PlayStation 2 oder der alten Xbox gerne das virtuelle Snowboard bestiegen und besitzt auch eine der modernen Heimkonsolen von Sony und Microsoft? Ja? Dann habt ihr die perfekten Voraussetzungen, um nach all den Jahren endlich wieder SSX in Reinkultur zu erleben! EA hat es mit diesem Reboot tatsächlich geschafft, alles, was die früheren Ableger auszeichnete, optimal mit neuen Ideen zu verknüpfen - das Ergebnis ist ein adrenalingeladenes Snowboarding-Spiel, welches sich nicht nur auf seine Arcade-Wurzeln besinnt, sondern gleichzeitig eine Evolution des Genres darstellt, indem es neben all den abgedrehten Rennen und Trick-Challenges auch die tödliche Herausforderung der Deadly Descents in den Vordergrund stellt. Es gibt nur wenige Aspekte, die dem neuen SSX den Wind aus dem Wingsuit nehmen: Das Problem Online-Pass ist altbekannt, gelegentliche Stürze in unvorhersehbare Abgründe frustrierend und ein klassischer Splitscreen-Multiplayer wird schmerzlich vermisst. Gerade letzteres wird vielen vermutlich sauer aufstoßen - verständlich. SSX ist damit natürlich nicht perfekt. Aber das muss es auch gar nicht sein, um die längst erloschene SSX-Flamme in mir wieder zu entzünden; denn trotz dieser kleinen Mankos genieße ich jede Minute in den virtuellen Alpen und Rocky Mountains!

Shaun White, Stoked, Amped und wie ihr auch alle heißen möget: An SSX führt kein Weg vorbei! Nach all den Jahren der Wartezeit lädt EA alle Fans endlich wieder zu einem adrenalingeladenen Snowboarding-Trip in die verschneiten Gipfel der Erde ein - und beweist einmal wieder, warum SSX der King im Ring ist. Ein ausgezeichnetes Comeback!

Besonders gut finde ich ...
  • tolles Fahr- & Geschwindigkeitsgefühl
  • umfangreiches Trick- & Combosystem
  • hervorragendes Design der Abfahrten
  • sehr schicke, effektgeladene Grafik
  • Deadly Descents bringen Abwechslung
  • SSX-Ridernet als Motivationsspende
  • "Trackmania"-ähnlicher Multiplayer
  • dickes Paket mit über 150 Pisten
  • recht gelungene Soundtrack-Auswahl
Nicht so optimal ...
  • logisch: kostenpflichtiger Online-Pass
  • leider kein Splitscreen-Multiplayer
  • frustrierende Stürze in Abgründe

Tim hat SSX auf der Xbox 360 gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Electronic Arts zur Verfügung gestellt.

SSX - Boxart
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  • Entwickler:Electronic Arts
  • Publisher:Electronic Arts
  • Genre:Sportspiel
  • Plattform:PS3, Xbox360
  • Release:01.03.2012

Kommentare & Likes

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  • DarkRaziel
    #1 | 14. März 2012 um 17:47 Uhr
    Habe SSX immer gemocht auch wenn immer die Neuauflagen nie an den ersten Teil ran gereicht haben, aber so ist das meist mit Fortsetzungen.
    Und als ich dann gelesen habe das es wieder ein neues SSX geben wird war ich schon Geil es in meinen Fingern zu halten.
    Und ich wurde bis jetzt nicht enttäuscht, auch wenn die Abfahrten es in sich haben und einiges an den neunen Dingen mir nicht so gefällt aber eben auch wieder seinen Reiz hat zu überlegen was nehme ich für Ausrüstung um die Strecke zu schaffen.
    Aber im Großen und Ganzen ein gelungenes SSX, denn für die realistischen Snowboard Spiele habe ich nichts übrig.

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