Super Smash Bros. - Review

Niemand hatte damals gedacht, dass Super Smash Bros. solche Begeisterungsstürme entfachen würde - nicht einmal Nintendo. Was damals noch ein Risikoprojekt war, ist heute ein garantierter Kassenschlager und Systemseller. Wenn Mario, Link, Samus Aran, Pikachu, Captain Falcon und neuerdings sogar Mega Man, Pac-Man und Little Mac im Ring aufeinandertreffen, dann will jeder dabei sein. Super Smash Bros. für Nintendo 3DS ist das erste von zwei großen Prügelfesten auf Nintendos Konsolen in diesem Jahr - und es ist das erste Smash für Handhelds. Lange herrschten Zweifel, ob der 3DS wirklich die passende Plattform für ein solches Beat'em-Up-Biest ist. Nach etlichen Stunden in den Offline- & Online-Arenen und unzähligen Fights kenne ich die Antwort.

Sie lautet "Ja und Nein". Ja, weil sich das neue Super Smash Bros. nach wie vor großartig spielt, und das auf einer Plattform, die auf den ersten Blick alles andere als prädestiniert für einen solchen Brawler scheint. Nein, weil diesem Super Smash Bros. wichtige Elemente fehlen, die die Serie seit je her auszeichneten. Auf dem Nintendo 3DS fühlt sich das Spiel gut an, richtig gut sogar, und es macht ohne Frage einen Heidenspaß - aber das richtige, ultimative Smash, das erscheint erst am 5. Dezember für die Wii U. Die 3DS-Version ist mehr ein Vorgeschmack auf das, was uns auf dem großen Fernseher erwartet, eher ein Spin-Off denn ein vollwertiges Smash 4 - aber wenn der Appetizer so viel Fleisch auf den Rippen hat und so lecker schmeckt, dann werde ich mich ganz bestimmt nicht beklagen, zumal die Wartezeit damit angenehm verkürzt wird.


Super Smash Bros.
Shulk aus Xenoblade Chronicles (mittleres Bild links) ist einer der vielen neuen Herausforderer.



Ein Monster von einem Spiel



Außerdem ist die 3DS-Version alles andere als ein fix zusammengeschustertes Spiel - hier steckt verdammt viel Liebe zum Detail drin, und vor allem auch verdammt viel Inhalt. Im Vergleich zu Super Smash Bros. Brawl fällt es zwar dennoch leicht ab, aber bedenkt man die Tatsache, dass es sich hier um ein Handheld-Spiel handelt, ist der Umfang geradezu gigantisch groß. Über 50 Kämpfer befinden sich im Kader, das sind mehr als ein Dutzend mehr als noch in Brawl, und die Menge an Spielmodi kann sich wahrlich sehen lassen: Da gibt es den normalen Smash- und den traditionellen Classic Modus, den 3DS-exklusiven "Smash Run", einen Online-Multiplayer samt Zuschauer-Modus mit Wettfunktion, eine ganze Reihe an Multi-Man- und Hardcore-Challenges sowie eine Auswahl an Minispielen wie den Home Run Contest oder den an Angry Birds angelehnten Target Smash - und außerdem wartet eine ganze Palette an Kämpfern, Stages, Pokémon, Musikstücken und weiteren Features darauf, freigeschaltet bzw. freigespielt zu werden. Auf dieses Modul wurde extrem viel Inhalt gequetscht, ganz so, wie es sich für ein würdiges Super Smash Bros. gehört. Keine Frage: Hiermit kann man sich etliche Stunden beschäftigen, und ein paar Multiplayer-Runden gehen immer.

Das alles wäre aber nichts wert, wenn das eigentliche Gameplay, das Kämpfen, nicht zufriedenstellend funktionieren würde - und da hatte man sich angesichts der Plattformwahl nicht ganz unberechtigt schon im Vorfeld einige Sorgen gemacht. Schließlich ist der 3DS wegen seiner eckigen Form, der schwachen Hardware und vor allem des kleinen Bildschirms nicht gerade das System, auf dem man ein komplexes und oft extrem chaotisches Spiel wie Smash erwarten würde - schon kleine Macken hinsichtlich der Spielbarkeit und Framerate könnten hier ganz massive Probleme auslösen. Doch seid beruhigt: Masahiro Sakurai und sein Team haben den 3DS ganz großartig im Griff! Sie haben es tatsächlich geschafft, die gewohnt gute Smash-Erfahrung fast verlustfrei auf den Handheld zu portieren - selbst präzise Rettungssprünge und sekundengenaues Ausweichen und Blocken sind mit ein bisschen Übung problemlos möglich. Selbstverständlich erfordert es Gewöhnungszeit, aber hat man sich einmal in die Steuerung am 3DS hineingefuchst, steht einer ordentlichen Prügelei nichts mehr im Wege. Zwar würde ich nach wie vor einen klassischen Analogstick dem doch etwas schwammigen Circle Pad vorziehen, aber unter dem Strich funktioniert Super Smash Bros. auf dem 3DS wirklich gut und läuft darüber hinaus sogar in 2D und 3D mit konstant flüssiger, sehr angenehmer Framerate - angesichts der Hardware eine absolut beeindruckende Leistung, zumal das Spiel auch noch wirklich gut ausschaut und sehr detaillierte Modelle und Stages bietet.


Super Smash Bros.
Im Spiel sieht die Grafik richtig schick aus - sowohl in 2D als auch 3D bei konstanter Framerate.



Die neuen Herausforderer



Spielerisch hat sich unterdessen erwartungsgemäß wenig geändert, das Prinzip ist unkaputtbar und unterhält im mittlerweile vierten Anlauf immer noch genauso gut wie zuvor. Für diejenigen unter euch, die noch nie ein Super Smash Bros. gespielt haben (gibt es die überhaupt?): Zwei bis vier Kämpfer treten auf einer zweidimensionalen Arena gegeneinander an und versuchen, sich gegenseitig aus dem Bildschirm zu kloppen - mit zunehmendem Schaden erhöht sich die Flugweite immer mehr, bis man irgendwann selbst durch leichte Schläge schon enorm in Bedrängnis gerät. Smash funktioniert damit komplett anders als Street Fighter & Co. und bringt durch seine interaktiven, teils vertikal aufgebauten Arenen auch ein gewisses Jump'n'Run- und durch seine abgedrehten Items vor allem Party-Flair mit sich. Das Kampfsystem ist per se recht simpel: Man kann leichte und schwere Angriffe starten sowie auf vier Spezialaktionen zurückgreifen, dazu noch blocken und greifen, das war es auch schon - Combos gibt es nicht. Was sich auf dem Papier noch einfach anhört, geht in der Praxis überraschend weit in die Tiefe und bietet einen schier endlosen Pool an taktischen Möglichkeiten. Bis auf 3-4 Kloncharaktere (Toon Link, Lucina, ...) besitzt auch jeder Kämpfer einzigartige Merkmale und Aktionen, sodass die Variation im Kampfgeschehen wahrlich gigantisch ist.

Dieses Rezept ging schon 1999 im allerersten Super Smash Bros. für den Nintendo 64 auf und es funktioniert auch am 3DS noch absolut hervorragend. Wie gewohnt haben Nintendo und Bandai Namco einige Balance-Änderungen vorgenommen und zum Beispiel Bowser und Yoshi spürbar gestärkt, ansonsten hat sich aber kaum etwas verändert - gut so, denn das Kampfsystem ist nach wie vor einzigartig und macht einfach nur Spaß. Das große Highlight sind selbstverständlich die neuen Kämpfer im Kader, von denen es dieses Mal ganze 17 Stück gibt - darunter Little Mac aus Punch-Out!!, der am Boden wahnsinnig schnell und unglaublich stark ist, dafür aber im Luftkampf absolut nicht zu gebrauchen, und Rosalina & Luma aus Super Mario Galaxy, die ihren Sternenbegleiter verschießen und dann aus der Ferne steuern kann. Besonders cool ist auch der Bewohner aus Animal Crossing, der feindliche Geschosse wie beispielsweise Samus' Power Beam einfach einsammeln und zurückwerfen kann. Und das ist nur die Spitze des Eisberges, denn mit Daraen aus Fire Emblem: Awakening, Quajutsu aus Pokémon X & Y, der Wii Fit Trainerin und den Videospiel-Ikonen Pac-Man und Mega Man warten noch jede Menge weitere coole Herausforderer darauf, gemeistert zu werden. Interessant ist auch die Möglichkeit, einen eigenen Mii-Kämpfer zu erstellen - dieses Feature hat mir entgegen meiner Erwartungen erstaunlich gut gefallen und mich lange und oft beschäftigt.


Super Smash Bros.
Die Stages basieren auf Nintendos Handheld-Historie - wie der Zug aus Zelda: Spirit Tracks für NDS.



Da schlägt das Fanherz höher



Generell ist "Personalisierung" das prominente Feature in Super Smash Bros. für Nintendo 3DS. Denn nicht nur die Mii-Kämpfer lassen sich erstellen, auch jeder andere normale Charakter wie Mario oder Link kann in seinen Attacken konfiguriert werden. So schaltet man im Spielverlauf immer mehr alternative Angriffe frei, mit denen man dann sein ganz persönliches Kämpfer-Profil anlegen kann. Auch der 3DS-exklusive Spielmodus "Smash Run" dreht sich stark um solche Personalisierungen und Statistiken: Hier rennt man über fünf Minuten durch ein zufallsgeneriertes Labyrinth voller versteckter Schätze und Gegner und sammelt dabei unzählige Sticker, die dann wiederum Boni auf Bewegungsgeschwindigkeit, Angriffskraft, Defensive etc. geben, bevor es anschließend in einen finalen Kampf mit drei Widersachern geht. Die Idee ist nett, aber die Umsetzung hat mir eher weniger zugesagt, weil die Durchquerung des Labyrinths eher in Arbeit ausartet denn in Spaß - hier wurde viel Potential verschenkt. Das ist vor allem deshalb schade, weil es abseits von Smash Run und Classic Mode keinen echten Solo-Spielmodus gibt. So fehlt dem 3DS-SSB das Äquivalent zum Adventure Mode aus Melee oder dem Subspace Emissary aus Brawl - alleine ist das Spiel daher deutlich uninteressanter als seine Vorgänger und der fehlende Storymodus hinterlässt eine sehr große Lücke.

Dafür bietet es allerdings den bislang besten Multiplayer der Serienhistorie: Die Online-Anbindung ist wesentlich flüssiger und konstanter als noch in Brawl, das damals mit heftigen Problemen zu kämpfen hatte, und es ist schön, dass man zwischen Kämpfen mit Items und Kämpfen ohne Items wählen kann - die beiden Modi heißen auch schön betitelt "For Fun" und "For Glory". Mit Siegen erlangt man Punkte für seine "Global Smash Power", anhand der man sehen kann, wie viele Gegner man statistisch bereits hinter sich gelassen hat - schade aber, dass es keine echten Online-Leaderboards gibt. Gut gefällt mir auch die Möglichkeit, anderen Spielern beim Kämpfen zuzuschauen und Smash-Münzen auf den Sieger zu wetten - ein weiteres Beispiel dafür, wie viele kleine Details in Super Smash Bros. versteckt sind. Wer dagegen offline gegen andere Spieler antreten will, kann das natürlich ebenfalls tun, allerdings müssen dann beide eine Version des Spiels besitzen - eine Download-Play-Variante ist leider nicht vorhanden, was für mich persönlich mit der größte Kritikpunkt am ganzen Spiel ist, da es in Mario Kart 7 & Co. ja auch wunderbar geklappt hat.

Alles in allem ist Super Smash Bros. also ein großartiges Beat'em-Up, aber diese Aussage alleine würde ihm nicht gerecht werden. Denn SSB ist mehr als nur ein Spiel - es ist ein riesiges Museum, in dem man die Nintendo-Geschichte verfolgen kann. Das erkennt man nicht nur am breit gefächerten Kämpferkader, sondern auch an den über 30 Arenen, die auf bekannten Szenarien diverser Spiele(-serien) basieren - so kämpft man unter anderem auf Tortimer Island aus Animal Crossing: New Leaf oder dem Prismaturm aus Pokémon X & Y. Außerdem sammelt man im Spielverlauf hunderte Trophäen von Figuren und Gegenständen aus allerlei Nintendo-Spielen und kann sich dort viele coole Hintergrund-Infos durchlesen. Mein persönliches Highlight ist und bleibt aber die Musik-Bibliothek, in der man dem fantastischen Soundtrack lauschen kann - hier schlägt mein Nintendo-Fanherz sofort höher, wenn diese herrlichen Remixes und Medleys erklingen.



Tim

Fazit von Tim:

Was Masahiro Sakurai und sein Team hier geleistet haben, ist beeindruckend: Dass man ein so hektisches und komplexes Spielerlebnis wie Smash Bros. fast ohne nennenswerte Verluste auf eine Plattform wie den Nintendo 3DS transferieren kann, hätte ich im Vorfeld niemals erwartet. Umso schöner ist es, dass man Smash nun auch unterwegs spielen kann - und das sowohl als Party-Prügler mit Items & Co. als auch als kompetitives, skillbasiertes eSports-Beat'em-Up. Zwar gehen mit der schwächeren Hardware einige Kastrationen einher - die Ice Climbers haben es zum Beispiel nicht geschafft -, dennoch wirkt das Spiel zu keiner Zeit beschnitten. Im Gegenteil: Das Spiel wurde technisch und inhaltlich absolut überzeugend für den 3DS optimiert und fühlt sich genau so richtig an, wie es ist. Schmerzlich vermisst habe ich allerdings eine Download-Play-Option für den lokalen Multiplayer sowie ein würdiges Äquivalent zum Subspace-Emissary-Storymodus aus Brawl - vermutlich waren die Ressourcen hierfür einfach nicht mehr vorhanden. Doch trotz dieser Kritik ist Smash Bros. für Nintendo 3DS mehr als nur ein Appetizer für das ultimative Turnier, das ab Dezember auf der Wii U steigt - es ist ein durchaus würdiges, wenngleich kleineres Smash und dank der vielen tollen neuen Inhalte (Charaktere, Stages, Spielmodi, Multiplayer) eine absolut lohnenswerte Investition für alle, die sich auch unterwegs mit Mario, Samus, Pikachu & Co. kloppen wollen. Und: Es versüßt wunderbar die Wartezeit auf die richtige, große Wii-U-Version.

Selbst auf dem kleinen 3DS macht Super Smash Bros. eine großartige Figur: Die Spielerfahrung wurde nahezu verlustfrei auf den Handheld transportiert. Und die vielen coolen Neuerungen sorgen dafür, dass dieses mobile Smash mehr ist als nur ein Appetizer. Allerdings werden Storymodus und Download-Play schmerzlich vermisst.

Besonders gut finde ich ...
  • Spielerfahrung fast verlustfrei auf 3DS portiert
  • eingängiges Kampfsystem mit vielen Möglichkeiten
  • über 50 Kämpfer, darunter viele coole Neulinge
  • viele abwechslungsreiche und interaktive Stages
  • gelungener Online-Multiplayer, guter Netzcode
  • schicke Grafik bei jederzeit konstanter Bildrate
  • jede Menge zusätzliche Inhalte freischaltbar
  • fantastischer Soundtrack mit tollen Remixes
  • Unmengen an liebevollen Details und Fanservice
Nicht so optimal ...
  • traditionell Übersichtsprobleme bei viel Action
  • fehlender Story Mode hinterlässt eine Lücke
  • kein Download-Play für lokalen Multiplayer
  • Freischaltbares wird einem nachgeschmissen

Tim hat Super Smash Bros. auf dem Nintendo 3DS gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Nintendo zur Verfügung gestellt.

Super Smash Bros. - Boxart
  •  
  • Entwickler:Bandai Namco Games
    Nintendo
  • Publisher:Nintendo
  • Genre:Beat 'em up
  • Plattform:WiiU, 3DS
  • Release:02.10.2014
    (Wii U) 28.11.2014

Kommentare & Likes

Folgenden Usern gefällt der Beitrag: Atze ... und einem Gast.
  • Darius
    #1 | 21. Oktober 2014 um 05:56 Uhr
    MH4G ships over 2m units, oh wait. Glaube die SMB3DS Zahlen waren auch ganz gut ... in Japan, soweit?   

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