Pokémon Omega Rubin und Pokémon Alpha Saphir - Review
Altes Spiel, neue Kleider: Die Rückkehr nach Hoenn
Erinnert sich noch jemand von euch an die Phase unseres Lebens, als wir unsere GameBoys via Link-Kabel verbanden, um Pokémon miteinander zu tauschen? Ein Blanas Stufe 31 für dich, ein Altaria Stufe 25 für mich? Das waren noch Zeiten! Zwölf Jahre ist es nun her, dass Pokémon Rubin und Pokémon Saphir die dritte Generation der Rollenspielserie einleiteten - zwölf verdammte Jahre! Wer sich zurückerinnern möchte an die Spielwelt Hoenn, die legendären Pokémon Groudon und Kyogre und die Rüpel von Team Aqua und Team Magma, der braucht dank Pokémon Omega Rubin und Pokémon Alpha Saphir nun nicht mehr den GameBoy Advance aus dem Keller kramen, sondern kann das Abenteuer von damals auf dem Nintendo 3DS erneut erleben - mit mehr Pokémon, modernen Features und zeitgemäßen Kulissen im Stile von X und Y.
Gotta catch 'em all - damals wie heute
Daher gibt es im Grunde auch gar nicht viel über Omega Rubin zu sagen. Wer in den letzten 20 Jahren nicht unter einem Stein gelebt hat, dürfte selbst als Nicht-Pokémon-Spieler bestens informiert sein über das altbekannte Spielprinzip, die in der Spielwelt umherstreifenden Taschenmonster zu bekämpfen und mit Pokébällen einzufangen, um sie dann zu trainieren, zu entwickeln und schließlich zum besten Trainer aller Zeiten aufzusteigen. Selbstverständlich verbirgt sich unter der Oberfläche weit mehr als das - alleine über das taktische Kampfsystem mit seinen komplexen Statistiken könnte man seitenweise philosophieren -, aber das Fundament ist dennoch altmodisch, wenngleich nicht unbedingt veraltet. Noch heute kann man problemlos hunderte Stunden in Pokémon-Kämpfe investieren, ohne dass einem langweilig wird. Allerdings wären diese Kämpfe deutlich spannender, würde ein neues Pokémon-Spiel endlich mal von Beginn an ohne spielerseitige Einschränkungen herausfordernd sein; es ist schon etwas schade, dass man auch nach fast 20 Jahren den kompletten Einstieg mühelos schafft und mit dem Starter-Pokémon nahezu jedes Wald- und Wiesen-Monster mit 1-2 Treffern niederknüppelt. Das legt sich zwar mit zunehmender Spielzeit ein wenig und Serien-Experten verzichten innerhalb des Spiels sowieso auf die Verwendung des EP-Teilers und Grinding - trotzdem wäre es schön, zum Spielstart einen Schwierigkeitsgrad wählen zu können, der den taktischen Möglichkeiten des Kampfsystems auch gerecht wird. So liegt der Reiz des Offline-Spiels nach wie vor mehr im Sammelwahn begründet als im Meistern der Duellmechaniken. Für das gibt es den aus X & Y bekannten Online-Multiplayer.
Zu sammeln gibt es dafür aber mehr als genug, leben in der Welt von Pokémon Omega Rubin doch unzählige verschiedene Pokémon, die sich größtenteils in freier Wildbahn fangen lassen oder erst durch Stufenaufstiege und Entwicklungen entdeckt werden können - im Vergleich zu den Originalversionen enthält Omega locker die doppelte Zahl an Taschenmonstern, wenn nicht gar noch mehr, weil auch etliche Pokémon aus späteren Generationen hinzugekommen sind, darunter auch legendäre Monster wie Palkia, Zekrom oder Deoxys. Zusätzlich besitzen jetzt noch viel mehr Pokémon die Möglichkeit, eine Mega-Entwicklung zu vollziehen, nachdem das Feature in X und Y auf viel gutes Feedback gestoßen war - das macht die Kämpfe zwar noch einfacher, sieht aber ziemlich cool aus und wirkt sich positiv auf den ohnehin starken Sammelwahn aus.
Habt ihr zuvor schon Pokémon X oder Pokémon Y gespielt, wirkt Omega Rubin aber trotz des riesigen Umfangs nicht ganz so frisch wie das 3DS-Debüt der Serie. Das liegt zum einen daran, dass sich spielerisch zu X und Y so gut wie gar nichts geändert hat, zum anderen daran, dass ein Remake generell keine revolutionären Anpassungen in Sachen Weltdesign und Erzählung erlaubt, um die Nähe zum Original und das Nostalgiegefühl nicht zu verlieren. So schön es auch ist, mit Latios in 3D durch die Spielwelt zu fliegen oder seine Pokémon mit dem PokéMonAmi-Feature zu streicheln und zu füttern - das ist alles entweder schon bekannt oder im Spielkontext schlicht irrelevant und zwar nett gedacht, aber überflüssig. Während X und Y im Jahr 2013 technisch wie spielerisch eine Frischzellenkur für die Serie darstellten, ist Omega Rubin "nur" ein Spiel aus dem Jahr 2002, das in die Kleider von X und Y gesteckt wurde. Versteht mich nicht falsch: Das macht nach wie vor einen Riesenspaß und ich habe schon weit mehr als zwei Dutzend Stunden in Hoenn verbracht, auf die noch etliche weitere folgen werden. Und ja, Omega Rubin ist nur ein Remake und damit natürlich nicht das Spiel, an das ich die Maßstäbe einer Neuausrichtung legen möchte. Dennoch: Der Serie würden größere Fortschritte und Änderungen wahnsinnig gut tun und ich lege große Hoffnung in Game Freak, dass die nächste Generation diese endlich mit sich bringt. Selbst wenn es nur ein Schwierigkeitsgrad für Experten wird.
Fazit von Tim:
Das Pokémon-Phänomen fasziniert mich jedes Mal wieder aufs Neue. Ich kenne keine einzige andere Spieleserie, die sich historisch bei so vielen Ablegern so wenig weiterentwickelt hat und dann wider Erwarten mit jedem neuen Teil das gleiche Sammelfieber auslöst. Pokémon Omega Rubin ist da keine Ausnahme: Selbst nach über zwei Dutzend Stunden in Hoenn gibt es noch so viel mehr für mich zu tun, zu sammeln und zu erkunden, und mir ist die Lust und Laune noch lange nicht vergangen. Außerdem ist es wie zuvor schon in X und Y wahnsinnig schön, seine Lieblinge von damals in schicker 3D-Grafik wiederzusehen. Trotzdem vermisse ich aber den spielerischen Fortschritt, zumal viele Probleme seit dem Seriendebüt im Jahr 1999 (!) immer noch nicht ausgebügelt wurden, beispielsweise der niedrige Schwierigkeitsgrad. Ist es denn zu viel verlangt, eine zweite, anspruchsvollere Option anzubieten, in der die Kämpfe mehr taktisches Vorgehen verlangen und in der ich die gegnerischen Pokémon nicht mühelos niederkloppe? Klar: Dafür gibt es den Online-Multiplayer und wer möchte, kann den EP-Teiler ja deaktivieren und das Grinding sein lassen. Dennoch ist das nur ein Umweg, den Spieler für sich gefunden haben, um sich aus dem engen Rahmen des Spiels zu befreien. Sei's drum: Als Remake, was es ja schließlich auch ist, macht Omega Rubin eine richtig gute Figur! Für die Zukunft wünsche ich mir aber mehr Mut zum Risiko. Zwar keine Neuausrichtung der Serie - zumindest aber das Gefühl einer echten Evolution.
Omega Rubin ist eine willkommene Rückkehr nach Hoenn und bringt das zwölf Jahre alte Spiel auf den aktuellen Stand und damit auf das Niveau von Pokémon X und Y.
- Suchtgefahr besteht auch nach 17 Jahren noch
- willkommenes Wiedersehen mit einem Klassiker
- Spielwelt Hoenn um viele Pokémon erweitert
- altbekanntes, aber gelungenes Kampfsystem
- tolle Musikuntermalung trägt das Abenteuer
- gigantischer Umfang mit hunderten Pokémon
- keine spielerischen Fortschritte zu X & Y
- Schwierigkeitsgrad meist viel zu niedrig
Tim hat Pokémon Omega Rubin und Pokémon Alpha Saphir auf dem Nintendo 3DS gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Nintendo zur Verfügung gestellt.