Mario Party 10 - Review

Wenn es eine Spieleserie auf 14 Ableger in 16 Jahren schafft, dann kann sie so schlecht nicht sein - auch wenn die Wertungen der Presse oft das Gegenteil widerspiegeln. Dennoch ist seit dem GameCube ein klarer Abwärtstrend bei Mario Party erkennbar gewesen. Erst mit Mario Party 9 für die Wii und der darin erfolgten Überarbeitung des Spielprinzips ging es wieder aufwärts. Nun könnte man folglich meinen, dass Nintendo und NDCube sich für die Wii-U-Premiere noch mehr coole Dinge einfallen ließen und das System mit Mario Party 10 weiterentwickelt haben, damit die Serie endlich zurück zur Stärke alter Tage findet. Mit vorsichtiger Vorfreude haben wir uns also in geselliger Runde zusammengetan, um die Fete steigen zu lassen - und wurden bitter enttäuscht.

Enttäuscht sind wir vor allem deshalb, weil Mario Party 10 - ganz anders als noch sein Vorgänger - hingeklatscht wirkt. Dieses Spiel ist seelenlos und wurde ohne große Ambitionen produziert, da brauchen wir gar nicht groß herumzureden, es ist absolut offensichtlich und fällt immer und immer wieder auf. Das fängt schon damit an, dass es nicht einmal ein klitzekleines Intro-Video gibt, und geht beim Hauptmenü mit bunten Kacheln auf leblosem, weißem Hintergrund weiter. Dass sich der dritte Spielmodus, die amiibo-Party, hinter einer "Pseudo-DLC-Sperre" (man braucht einen passenden amiibo, um den Modus freizuschalten) versteckt, ist außerdem mehr als nur frech - so wird man bei jedem Spielstart von einem ausgegrauten Kasten angelächelt. Mangels dazugehörigem amiibo - es werden nur die spielbaren Figuren, also Mario, Luigi, Peach, Yoshi, Toad, Rosalina, Donkey Kong und Bowser unterstützt - kam ich also gar nicht erst dazu, den Spielmodus überhaupt auszuprobieren. Angesichts der generellen Qualität von Mario Party 10 bestand für mich allerdings auch kein großer Anreiz, mir eigens dafür noch einen amiibo zuzulegen, zumal die "amiibo Party" auf den offiziellen Screenshots nicht gerade spektakulär, sondern eher ziemlich langweilig aussieht.


Mario Party 10
Ohne amiibo ist das Hauptmenü nur halb so bunt. Dann erscheint die linke Kachel hässlich ausgegraut.


Party like it's 1999... nicht ganz.



Dreh- und Angelpunkt des Spiels ist natürlich nach wie vor die "Mario Party" - derjenige Spielmodus, in dem vier Spieler gemeinsam in einem Fahrzeug über ein virtuelles Spielbrett ziehen, mit Glückstoren und Minispielen wertvolle Ministerne sammeln und Stück für Stück voranschreiten, bis sie mit einem finalen Bosskampf kooperativ das Ende der Spielrunde erreichen. Im Großen und Ganzen ist also eigentlich nicht viel anders als im Vorgänger - und trotzdem hat es das Spiel geschafft, uns an diesem Abend zu langweilen. Dass dieser immer noch junge spielerische Ansatz, der im 9er noch ganz gut funktioniert hat, im 10er regelrecht scheitert, liegt an ein paar ganz simplen Entscheidungen im Spieldesign.

Wohlgemerkt Entscheidungen, nicht Fehlern - denn das, was ich gleich ankreide, ist die Konsequenz aus einer fragwürdiger Mentalität der Herren und Damen in Kyoto, ein sowieso schon glückslastiges und bewusst schlecht ausbalanciertes Spiel noch glückslastiger und unausbalancierter zu machen, um auch ja der kleinen Schwester oder dem Pechvogel auf dem vierten Platz noch eine Chance einzuräumen, den Spieß in der letzten Runde umzudrehen. Oder um es ganz konkret zu formulieren: In Mario Party 10 ist es nicht selten, dass der Erste in der letzten oder vorletzten Runde durch Würfelpech die Hälfte seiner Sterne verliert und auf den letzten Platz abrutscht, während der zuvor Letzte durch Würfelglück in einem einzigen Zug Dutzende Sterne einsackt und sogar ohne ein einziges gewonnenes Minispiel den Platz an der Spitze einnimmt und schlussendlich auch das gesamte Spiel gewinnt.

Sicher, Mario Party war schon seit je her zu großen Teilen Glückssache. Aber man hatte doch immer das Gefühl, zum eigenen Erfolg mit geschicktem Item-Einsatz und gutem Einsatz in den Minispielen etwas beitragen zu können. In Mario Party 10 ist das schlicht nicht mehr möglich. Würfel unterschiedlicher Zahlen sind die einzigen Items, und Minispiele sind nicht nur unheimlich selten, sondern für das Ranking der Spieler nahezu ohne Auswirkung; der Sieger bekommt 5, der Zweite 3, der Dritte und Vierte immerhin noch 2 und 1 Sterne. Aber was ist das schon wert, wenn man durch Würfeln einer 6 auf dem Spielbrett locker mal 13 oder mehr Sterne einsammeln kann, ohne irgendwas dafür tun zu müssen? So verkommen die Minispiele, die ursprünglich mal der Star der Mario-Party-Reihe waren, zur belanglosen Nebensächlichkeit, um das Würfeln auf dem Brett ein bisschen aufzulockern. Und wer denkt, am Ende für die meisten gewonnenen Minispiele wenigstens noch einen Sternebonus zu bekommen - so, wie es früher mal üblich war -, schaut bei der Abschlusszeremonie ganz schön doof aus der Wäsche, wenn die anderen jeweils 15 Ministerne dafür bekommen, dass sie am niedrigsten gewürfelt oder die meisten Ereignisfelder besucht haben. Kein Witz.


Mario Party 10
Alle fahren in einem Boot (links) und freuen sich, wenn mal ein Minispiel (rechts) getriggert wird.


Bowser, der olle Partycrasher



So wird Mario Party zwar unberechenbarer denn je, gleichzeitig aber auch unfair, unausbalanciert und für Gewinner und Verlierer gleichermaßen unbefriedigend; für den einen, weil er ohne Eigenverschulden alles verloren hat, für den anderen, weil ein geschenkter Sieg nichts wert ist. Das Gefühl des Erfolges, das man früher beim Erwerb eines 20 Münzen teuren Powersterns hatte, sucht man in Mario Party 10 vergeblich.

Mit gerade einmal fünf identitäts- und weitestgehend ereignislosen Spielbrettern ist das Spiel auch vergleichsweise schlecht gerüstet für längere Multiplayer-Abende - hat man eines gespielt, kennt man sie im Prinzip schon alle, da es den Spielbrettern schlicht an Eigenständigkeit fehlt. Es gibt wenige bis keine Gabelungen, kaum spielrelevante Ereignisse, stattdessen zumeist mit Ministernen gepflasterte Einbahnstraßen. Das ist weder das Mario Party, das ich kannte, noch das Mario Party, das ich wollte - und es fällt mir schwer zu verstehen, wie man ein so erfolgreiches Konzept derart verwässern konnte. Immerhin sind die Minispiele zuweilen ganz unterhaltsam. Dieser Pluspunkt verpufft allerdings auch wieder, sobald man realisiert, dass sie im Spielverlauf eher die Ausnahme denn die Regel sind und man froh sein kann, überhaupt mal auf ein Minispielfeld zu gelangen - und dann sind die Minispiele oft nach wenigen Sekunden wieder vorbei.

Das Spiel noch halbwegs retten kann die "Bowser Party", ein zusätzlicher Spielmodus, in dem vier Spieler zu den WiiMotes greifen und ein fünfter das GamePad in die Hand nimmt, um mit Bowser die Party zu crashen. In den dazugehörigen acht Minispielen ist spielerische Asymmetrie das große Highlight - hier wird das GamePad nicht nur endlich sinnvoll genutzt, es kommt auch richtig Spaß auf! Allerdings sind acht Minispiele viel zu wenig und die Balance ist ziemlich unausgewogen - meistens ist der Bowser-Spieler ganz klar im Vorteil. Trotzdem ist Bowser Party der Spielmodus, in dem wir am meisten gelacht und Spaß gehabt haben.

Eine kleine Info am Rande: Wollt ihr Mario Party 10 mit Freunden oder Familie spielen, müsst ihr zwingend vier WiiMotes daheim herumliegen haben - im klassischen Mario-Party-Modus werden weder das GamePad noch der Pro Controller oder sonstiges Wii-U-Zubehör unterstützt. Und Online-Parties sind ganz nach Nintendo-Tradition sowieso nicht erlaubt. Was ich im Übrigen nicht wirklich schlimm finde, denn gerade dieses Mario Party hat ganz andere Probleme als eine fehlende Internet-Anbindung.



Tim

Fazit von Tim:

Schade, dass Mario Party von Nintendo nicht die gleiche Aufmerksamkeit bekommt wie die meisten anderen Spieleserien im Portfolio. Stattdessen hat man Mario Party 10 mal eben auf den Markt geworfen - hier ging es wohl eher um das schnelle Geld anstatt um kreative Ideen. Hatte ich bei Mario Party 9 noch das Gefühl, die Weichen würden auf eine erfolgreiche Zukunft gestellt, schaue ich jetzt nur zurück auf ein belangloses Stück Software, das an einen Glücksautomaten erinnert. Immerhin ist "Bowser Party" ein durchaus gelungener neuer Spielmodus und ein gutes Showcase für die Möglichkeiten des GamePads - auch wenn acht Minispiele viel zu wenig sind. Ich bin dennoch sehr enttäuscht von der Wii-U-Premiere der Serie, da hilft auch eine nette HD-Optik nicht weiter. Kramt am besten euren GameCube raus und legt nochmal Mario Party 3 oder 4 ein - die Klassiker machen auch heute noch mehr Spaß als dieser müde, uninspirierte 10er.

Auch wenn "Bowser Party" Spaß macht: Das hier ist eines der schwächsten Mario Partys und vor allem wegen dem unsäglichen Glücksfaktor und der lieblosen Spielbretter ein enttäuschendes Debüt der Serie auf der Wii U.

Besonders gut finde ich ...
  • kunterbunte Präsentation mit Knuff-Faktor
  • einige coole & unterhaltsame Minispiele
  • neu: Video-Tutorials zu jedem Minispiel
Nicht so optimal ...
  • deutlich zu stark ausgeprägter Glücksfaktor
  • lieblose Spielbretter ohne Eigenständigkeit
  • nahezu 0 Ereignisse auf den Spielbrettern
  • keine Alternative zum Vehikel-Spielmodus
  • Minispiele haben geradezu Seltenheitswert
  • stark schwankende Qualität der Minispiele
  • unausgewogene Vergabe von Ministernen
  • WiiMote zum Spielen zwingend notwendig

Tim hat Mario Party 10 auf der Nintendo Wii U gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Nintendo zur Verfügung gestellt.

Mario Party 10 - Boxart
  •  
  • Entwickler:NDCube
  • Publisher:Nintendo
  • Genre:Partygame
  • Plattform:WiiU
  • Release:20.03.2015

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