Dark Souls II: Scholar of the First Sin - Review

Es ist eine Rückkehr, aber sie fühlt sich wie ein Rückschritt an - obwohl sie eigentlich einen Fortschritt darstellt. Das mag sich nach komplizierter Philosophie anhören, doch ist es im Grunde ganz simpel: Hat man erst Dark Souls II im Original gespielt, dann ein Jahr später Bloodborne, und wiederum wenige Wochen danach Dark Souls II: Scholar of the First Sin, dann ... weiß man nicht so recht, was man denken oder fühlen soll. Da ist einerseits das Vertraute, das Nostalgische - und andererseits das ständige Teufelchen im Kopf, das einem leise mitteilt, wie sehr man das Kampfsystem, die Grafik und den Flow von Bloodborne doch vermisst. Das macht das Rezensieren von Scholar of the Sin nicht gerade einfach. Doch wie das Sprichwort sagt, kommen nur die Harten in den Garten, und so habe ich mich auch dieser schwierigen Quest angenommen.

Remastered nach Rezept - oder doch nicht?



Vor etwas mehr als einem Jahr habe ich mich auf meine erste Reise nach Drangleic begeben. Und ich habe damals nahezu jede Minute davon genossen - ausgenommen das Loch, die Giftgruben, die Kanalisation, den Kampf gegen den Verdorbenen, gegen die verlorene Sünderin und gegen den vorletzten optionalen Boss, den ich bis heute partout nicht geschafft habe. War dort gerade zu viel Ironie im letzten Satz? Okay, vielleicht ein bisschen. Denn genossen habe ich Dark Souls II eigentlich nicht - das wäre einfach zu weit von der Wahrheit entfernt, wenn ich bedenke, wie oft ich damals geflucht habe. Aber ich bereue keine Minute von Dark Souls II, denn es war eines dieser Spiele, zwar bockschwer sind, sich danach aber umso besser anfühlen. Ganz so gepackt wie das erste Dark Souls hatte mich der 2er trotzdem nicht. Wie hatte ich es seinerzeit formuliert?

Wo Souls draufsteht, ist auch Souls drin: Auch im Königreich Drangleic entfesselt die ewige Wiederholung von Tod, Wiederauferstehung und befreiendem Erfolg eine unglaubliche Sogwirkung. Trotzdem ist Dark Souls II aber eher "more of the same" als eine echte Fortsetzung - was dank seiner Qualität jedoch keine schlechte Sache ist.

Was also erwartet ihr von Scholar of the First Sin - eine Generalüberholung? Eine völlig neue Spielerfahrung? Ein grundlegend verändertes Kampfsystem? Kommt schon, ihr solltet es wirklich besser wissen. Scholar of the First Sin ist das Paradebeispiel für eine Neuauflage, wie sie heutzutage üblich ist: Hochskaliert, etwas aufpoliert, um die bestehenden DLCs erweitert, auf 60 Bilder pro Sekunde getrimmt. Der Rest ist und bleibt 1:1 identisch. Überraschungen gibt es keine - weder positiv noch negati... was zum Teufel? Wo kommt denn dieser Schildkrötenkerl her? Der war früher doch gar nicht hier! Und was soll eigentlich dieser versteinerte Typ, der mir dort vorne den Weg versperrt? Da konnte ich letztes Jahr doch noch problemlos durchgehen! Moment Mal: Bedeutet das etwa, dass Scholar of the First Sin doch mehr ist als nur eine hochskalierte Neuauflage nach Rezept? Richtig! Doch da das große Ganze nach wie vor genau so funktioniert wie damals, verweise ich euch an dieser Stelle einfach auf meine Review zum originalen Dark Souls II aus dem letzten Jahr und widme mich in den folgenden Absätzen stattdessen ganz den Veränderungen dieses Director's Cuts.


Dark Souls II: Scholar of the First Sin
Das Loch ist nach wie vor eines der miesesten Gebiete der ganzen Serie. Zum Teufel damit!


Bitterböse Überraschungen



Derer gibt es nämlich einige; zwar weniger, als ich es mir erhofft hatte, aber doch mehr, als ich zu glauben gewagt hätte. Die für Kenner relevanteste Veränderung: From Software hat die Spielwelt Drangleic einmal fest durchgeschüttelt (nicht gerührt) und dabei Gegner-, Truhen- und Itempositionen verschoben. Ich staunte wahrlich nicht schlecht, als mir mit einem Aufzug plötzlich dieser Schildkrötenkerl mit seiner Lanze entgegenkam. In einem Aufzug! Könnt ihr euch das vorstellen? Während man gemütlich auf der Couch liegt und meint, sich einen Moment entspannt zurücklehnen zu können, kommt dieses Biest und sticht mir die Spitze seiner Waffe direkt in den Brustkorb. Was kommt als nächstes? Gegner, die sich als Leuchtfeuer tarnen?

Keine Sorge: Ganz so schlimm ist dieses Scholar of the First Sin noch nicht. Aber es hat es faustdick hinter den Ohren und hält für Veteranen einige ganz böse Überraschungen bereit. Und das finde ich gleich aus zweierlei Sicht genial: Erstens, weil Dark Souls II dadurch auch bei Kennern noch für Anspannung und verschwitzte Hände sorgt - und zweitens, weil diese inhaltliche Überarbeitung heutzutage die Ausnahme ist, wenn es um Neuauflagen der Marke "Remastered", "Definitive" oder "Ultimate" geht. Dieses Scholar of the First Sin macht damit etwas richtig, das ich der Spielebranche dieser Tage gar nicht mehr zugetraut hatte. Hut ab! Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, wären ein oder zwei zusätzliche Bosskämpfe natürlich noch klasse gewesen - aber auch so ist die Neuauflage inhaltlich richtig gelungen. Zumal die drei hammerharten DLC-Add-Ons jetzt ja ebenfalls Teil des Gesamtpaketes geworden sind und sich nahtlos in die Spielwelt einfügen.

Davon abgesehen hat sich selbstverständlich auch an technischer Front ein bisschen was getan, wenngleich nicht genug, als dass man von einem Generationensprung sprechen könnte - und gerade im Vergleich zum aktuellen Bloodborne wirkt Dark Souls II auch auf der PlayStation 4 hoffnungslos veraltet. Die grafische Klasse, die das Spiel damals im Ankündigungstrailer versprochen hatte, kann auch Scholar of the First Sin nicht erreichen. Das betrifft vor allem die nach wie vor blassen Umgebungstexturen und die Beleuchtung, aber es betrifft speziell auch die vielen kleinen Details. Sicherlich sieht das Spiel heute besser aus als noch letztes Jahr, da brauchen wir gar nicht drüber reden, aber Lobeshymnen hat sich die optische Präsentation nicht verdient. Zumindest in diesem Aspekt hält die Neuauflage eben doch das ein, was man von der Remastered-Ära so erwartet. Die erhöhte Bildrate von 60FPS ist aber definitiv willkommen und tut dem Gameplay vor allem anfangs wirklich gut - auch wenn viele Animationen nun quasi doppelt so schnell ausgeführt werden und dadurch reichlich dämlich aussehen. Unglaublich nervig ist hingegen der "Waffen-gehen-nun-doppelt-so-schnell-kaputt"-Bug, den man bis heute nicht weggepatched hat. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie frustrierend es ist, wenn mitten im Bosskampf gleich zwei Waffen zerbrechen - zumal man für den Waffenwechsel jedes Mal ins Menü muss und nicht pausieren kann. Was hat sich From dabei nur gedacht?

Auch wenn es für mich nicht relevant war, sei an dieser Stelle der Vollständigkeit halber erwähnt, dass im PVP nun auch sechs Spieler gleichzeitig kämpfen können - im Original waren es nur vier. Nett. Und damit wären alle Veränderungen und Neuerungen von Scholar of the First Sin auch schon abgehakt und diskutiert.



Tim

Fazit von Tim:

Scholar of the First Sin erweitert Dark Souls II zwar nicht, krempelt es aber so weit um, dass es auch für Veteranen viel Neues zu sehen und zu entdecken gibt - zumal das Kampfsystem und die Erkundung von Drangleic enorm von der verdoppelten Bildrate profitieren. Außerdem freut es mich richtig, dass es in einer Zeit von "Remastered-", "Definitive-" und "Ultimate Editions" noch Neuauflagen gibt, die mehr aus der Vorlage machen als sie nur hochzuskalieren und die DLCs mit auf die Disc zu packen. Umso ärgerlicher ist es gerade dann, dass der lästige Waffenhaltbarkeits-Bug immer noch nicht weggepatched wurde. Was sollte das denn, From Software? Aber auch damit kann man sich zum Glück abfinden und sich ein wenig daran gewöhnen. Wenn ihr Dark Souls II noch nicht kennt, ist Scholar of the First Sin dennoch in jedem Fall die Version des Spiels, die ihr wählen solltet. Und selbst wenn ihr bereits zuvor nach Drangleic gereist seid, lohnt sich die Rückkehr - alleine schon wegen der DLCs und der veränderten Spielwelt. Doch lasst euch gesagt sein: So toll das Spiel auch in seiner Gesamtheit ist - der Schritt von Bloodborne zurück zu Dark Souls ist schwierig.

Keine Neuerfindung von Dark Souls II, aber dank einer überarbeiteten Spielwelt, höherer Bildrate und aufpolierter Grafik definitiv die beste Version von Dark Souls II.

Besonders gut finde ich ...
  • alles, was schon an Dark Souls II gut war
  • überarbeitete und stark veränderte Spielwelt
  • 60FPS sorgen für mehr Dynamik im Kampfsystem
  • grafisch aufgehübscht, bessere Beleuchtung
  • alle drei DLCs in die Spielwelt integriert
Nicht so optimal ...
  • Waffenhaltbarkeits-Bug immer noch vorhanden
  • wirkt trotz Verbesserungen grafisch veraltet

Tim hat Dark Souls II: Scholar of the First Sin auf der PlayStation 4 gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von NamcoBandai Games zur Verfügung gestellt.

Dark Souls II: Scholar of the First Sin - Boxart
  •  
  • Entwickler:From Software
  • Publisher:NamcoBandai Games
  • Genre:Action-RPG
  • Plattform:PC, PS3, PS4, Xbox360, Xbox One
  • Release:03.04.2015

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