Mad Max - Review

Mit Mad Max zeigt Warner Bros. Interactive Entertainment ein weiteres Mal, dass Lizenzspiele nicht schlecht sein müssen, wenn die Entwicklung den richtigen Leuten anvertraut wird. Während die Batman-Arkham-Reihe überwiegend von den Rocksteady Studios stammt, sind im Falle von Mad Max die Avalanche Studios verantwortlich, die besonders für die Just-Cause-Serie bekannt sind. Somit sei schon verraten, dass Mad Max keinesfalls ein schlechtes Spiel ist. Wie gut es jedoch abschneidet und – in diesem Falle sogar wichtiger denn je – für wen (!) es das tut, kann ich euch nach fast 30 Stunden Spielzeit verraten.


Wir brauchen einen V8!



Ähnlich wie bereits im Film Mad Max: Fury Road wird Max zu Beginn von einer Meute War Boys angegriffen, die ihm sein Auto (Interceptor) und seine Lederjacke stehlen, nur mit dem Unterschied, dass sich Max im Spiel direkt befreien kann, noch bevor er im feindlichen Lager als Universalspender endet. Bei dem Versuch, sein Hab und Gut zurück zu erlangen, verletzt er sogar den Warlord Scrotus, Sohn von Immortan Joe (dem Warlord aus Fury Road), mit einer Kettensäge am Kopf und schafft es, in die Wüste zu entkommen – leider jedoch ohne sein geliebtes Fahrzeug. Dort trifft Max auf den deformierten und buckeligen Chumbucket, ein sogenannter Schwarzfinger, also jemand, der nicht nur weiß, wo Gaspedal und Bremse sind, sondern Fahrzeuge auch bauen und reparieren kann. Kurz: ein Schrauber. Die beiden schließen sich zusammen und Chumbucket stellt Max sein Fahrzeug – den Magnum Opus – zur Verfügung, der allerdings zu Beginn noch nicht stark genug ist, sich gegenüber Scrotus' Armee zu behaupten und den Interceptor zurückzuholen. Das für Max vorerst größte Problem stellt nun die Hauptaufgabe des Spiels: Der Magnum Opus läuft nur auf sechs Zylindern - und das sind zwei zu wenig.

Ja, ihr habt richtig gelesen. Die Hauptaufgabe des Spiels ist es, für den Magnum Opus einen V8 zu besorgen, um anschließend gegen Scrotus' War Boys antreten zu können und somit den Interceptor zurückzuholen ... und genau genommen ist das weniger absurd, als es erst den Anschein macht, denn wer die Mad Max Filme kennt, weiß, welche Relevanz ein funktionsfähiges und auch leistungsstarkes Auto in dieser Welt hat. So simpel bleibt es natürlich trotzdem nicht. Während die eigentliche Story im Laufe des Spiels um einige emotionale Aspekte bereichert wird, die über die Liebe zum Automobil hinausgehen, gibt es auch Nebenmissionen, welche die Schicksale weiterer Personen bzw. Personengruppen behandeln. Zusätzlich bieten die Ödlande noch die Möglichkeit, an tödlichen Autorennen teilzunehmen, Konvois von feindlichen Warlords zu überfallen und ganze Gebiete von der Präsenz feindlicher Gruppierungen zu befreien.


Mad Max
Mit dem richtigen "Tuning" wird aus dem Magnum Opus ein echtes Monster!


Die öden Ödlande: eine grausame Welt



Atmosphärisch macht Mad Max einiges her. Die Landschaften sind groß und optisch abwechslungsreich. Sie reichen hinweg von sandigen Wüsten über felsige Einöden bis hin zur dreckigen Industriestadt Gas Town. Der Tag- und Nachtwechsel sorgt unterdessen für wunderschöne Belichtungen und schon fast eine romantische Stimmung, wären nicht überall Leid und Wahnsinn. Wanderer betteln nach Wasser, Frauen werden vergewaltigt und vielerorts hängen abstrakt entstellte und verstümmelte Menschenkörper. Die Welt, in der Max Rockatansky zu überleben versucht, ist ein schrecklicher Ort, der von all jenen regiert wird, die Zugriff zu Wasser, Fahrzeuge und Benzin haben.

Dabei spielt sich Mad Max wie eine Mischung aus Assassin's Creed, Batman: Arkham und Carmageddon. Das Spiel bietet eine riesige Welt, die in verschiedene Regionen unterteilt ist. Jede Region hat jeweils eine Fraktion, der sich Max anschließt bzw. für die er Aufgaben erledigt, um im Gegenzug neue Teile für sein Fahrzeug zu erhalten. Das Gameplay selbst funktioniert dann folgendermaßen: Ihr seid entweder im Fahrzeug unterwegs, um von A nach B zu kommen bzw. um gegen feindliche Konvois zu kämpfen, oder ihr nehmt zu Fuß ein feindliches Lager ein. Dadurch sinkt die Bedrohung in den Regionen, was für den Magnum Opus weitere "Tuning-" und Ausrüstungsmöglichkeiten freischaltet.

Außerdem erhaltet ihr Skillpunkte, welche ihr dafür verwenden könnt, beim Plündern mehr Schrott zu finden, die Gesundheit zu steigern oder weniger Benzin zu verbrauchen. Letzteres ist nur leider völlig überflüssig, denn der gute Ansatz, von Wasser und Benzin abhängig zu sein, gerät bereits nach 2-3 Spielstunden in den Hintergrund, da Max immer genug von beidem zur Verfügung hat. Habt ihr beispielsweise den Stützpunkt einer befreundeten Fraktion komplett ausgebaut, wird immer, wenn ihr die Festung betretet, eure Gesundheit, eure Munition und auch der Tank des Fahrzeuges aufgefüllt. Betretet ihr ein neues Gebiet, ist das dann nicht mehr der Fall und sollte eigentlich wieder eine neue Herausforderung für sich sein. Allerdings habt ihr eine Schnellreisefunktion, die es euch erlaubt, nach jeder Mission in neuen Territorien kurzerhand die alte Festung zu bereisen, die Reserven wieder aufzufüllen und sich anschließend wieder den neuen Aufgaben zu widmen. Das nimmt leider jegliche Herausforderung und schafft viel zu viel Bequemlichkeit.

Leider bieten die Ödlande auch nur optisch wirklich Abwechslung. Zwar gibt es unzählige Lager feindlicher Fraktionen und verschiedene Konvois, die überfallen werden können, allerdings ändert sich hierbei von der ersten bis zur letzten Herausforderung hinweg lediglich der Schwierigkeitsgrad in Form von immer stärker werdenden Gegnern und immer stärker gepanzerten Fahrzeugen. Zudem sind die vielen Orte, die es theoretisch zu entdecken gäbe, viel zu wenig mit der eigentlichen Story verstrickt, was zusätzlich die Motivation nimmt, auf Entdeckungstour zu gehen.


Mad Max
Mad Max bietet einiges an Action - sowohl mit dem Fahrzeug als auch zu Fuß.


Mit dem "Spritfresser" die Ödlande unsicher machen



Bei den Fahrzeuggefechten lassen sich die Avalanche Studios nicht lumpen und liefern neben einer tollen Fahrphysik und völlig abgefahrenen Rat Rods, umgebauten Muscle Cars und-Pick Ups auch jede Menge wunderschöne Explosionen. Neben der Möglichkeit, den Gegner zu rammen, stehen euch noch diverse Waffen zur Verfügung, darunter eine Harpune mit Greifhaken, mit der ihr die Türen, Panzerungen und Reifen von gegnerischen Fahrzeugen wegreißen könnt, und ein Flammenwerfer, um den Fahrzeugen neben euch ordentlich einzuheizen. Zudem könnt ihr den Magnum Opus mit Stacheln bestücken und somit verhindern, dass War Boys ihn entern. Hat es euch trotzdem mal erwischt und eurem Wagen geht die Puste aus, könnt ihr ihn von Chumbucket reparieren lassen und es so lange zu Fuß mit den Gegnern aufnehmen. Tatsächlich gibt es bei der ganzen Fahrmechanik nur sehr wenig zu bemängeln. Etwas öder geht es leider zu, wenn Max die Hände vom Lenkrad nimmt.

Spätestens wenn Max in ein feindliches Lager eindringt, bleibt ihm nichts anderes übrig, als sein Auto zu verlassen und zu Fuß in die Schlacht zu ziehen. Allerdings warten keine Schießereien auf ihn, sondern knochenbrechende Nahkampfeinlagen, bei denen sich der Road Warrior gegen unzählige War Boys verschiedener Stämme durchsetzen muss. Neben den regulären Attacken kann Max feindlichen Angriffen auch ausweichen oder diese blocken, und – wie nicht anders zu erwarten war – ist das meist auch der Schlüssel zum Sieg. Klingt vertraut? Ist es auch und es fühlt sich sogar sehr ähnlich an wie der Nahkampf in der Batman-Serie. Den Unterschied macht letzten Endes die Brutalität, da Max weniger zimperlich mit seinen Kontrahenten umgeht und auch von Messern und seiner ikonischen Schrotflinte Gebrauch macht, um dem Feind das Leben auszuhauchen.

Leider ist das Kampfsystem nicht ganz so komplex an wie bei der Fledermaus, was letzten Endes dazu führt, dass Kämpfe auf Dauer langweilig werden und Gegnergruppen nur noch "abgearbeitet" werden. Zwar sorgt das Skill-System für Abwechslung, indem Max lernt, mehr Attacken auszuweichen und schnellere Finisher einzusetzen, allerdings gibt es keine weiteren nennenswerten Offensivaktionen neben der Standardattacke und einem starken Schlag (Taste gedrückt halten), welche Max ausführen könnte – die Exekution mit der Schrotflinte mal ausgenommen. Ein gewisser Unterhaltungsfaktor bleibt aber trotzdem auch bei späteren Kämpfen noch, da es immer wieder Freude bereitet, wenn Max dem Gegner den Kopf in die Wand rammt oder ihm mit einem Wrestlingwurf das Genick bricht.




Fazit von Kai:

Mad Max überzeugt mit einer authentischen Atmosphäre und einer guten - wenn auch nicht allzu anspruchsvollen - Geschichte. Die Ödlande sind toll inszeniert, die Fahrzeuge liebevoll gestaltet und die Kämpfe sind brutal. Leider schafft das Spiel die Begeisterung und den Spaß nur bedingt aufrecht zu erhalten, da es einfach an Abwechslung fehlt. Zu eintönig werden die Nahkämpfe und zu unwichtig scheinen viele Orte, die es zu entdecken gilt. Auch die Survival-Aspekte verlieren leider viel zu schnell wieder an Bedeutung und Max scheint völlig unabhängig von Wasser und Benzin. All die Punkte machen es nicht gerade einfach, so lange durchzuhalten, bis der Magnum Opus stark genug und die Ödlande soweit befreit sind, um sich dem finalen Kapitel zu widmen. Einfacher haben es hier schon all diejenigen, denen das ganze Setting rund um Gewalt, Wahnsinn und laute Motoren zusagt und die schon alleine dann ihre Freude haben, wenn sie in Stahlboliden durch die Wüste donnern und sich ganz nach Manier von Fury Road in Autoschlachten stürzen. Trotzdem möchte ich von Mad Max keinesfalls abraten, nur sollte der Kauf gut überlegt sein!

Besonders gut finde ich ...
  • Sand, Treibstoff und dicke Motoren
  • authentischer Max, wie man ihn kennt
  • actiongeladene Fahrzeugkämpfe
  • Tag-/Nachtwechsel
Nicht so optimal ...
  • sich zu oft wiederholende Gameplay-Schemata
  • Überlebensaspekte werden zu schnell unwichtig

Kai hat Mad Max auf dem PC gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Warner Bros. Interactive zur Verfügung gestellt.


Tim

Fazit von Tim:

Mad Max ist vor allem eines, nämlich das schlechtere Mittelerde: Shadow of Mordor. Die Ähnlichkeiten sind trotz der komplett unterschiedlichen Szenarien verblüffend: Es sieht verdammt gut aus, spielt sich absolut solide und erinnert an einen bunten Action-Adventure-Mix aus Assassin's Creed und Batman: Arkham. Doch was Mad Max zur gleichen Klasse von Shadow of Mordor fehlt, ist vor allem die Abwechslung und die Vision. Wo Mordor mit einem hohen Schwierigkeitsgrad und einer enormen Varianz im Gameplay beeindruckt hat, leidet Mad Max am Ubisoft-Syndrom: Die Welt ist zwar groß, aber langweilig, weil es zwar viel zu tun gibt, die Beschäftigungen jedoch immer die gleichen sind. Außerdem verstehe ich nicht, wie man das Kampfsystem so oberflächlich designen konnte, wo doch Batman gerade erst erneut gezeigt hat, welche Tiefe man mit wenigen Tasten erreichen kann. Man darf mich nicht falsch verstehen: Ich mag Mad Max, ich hatte viel Spaß damit, das Intro war großartig und die Fahrzeugschlachten sind immer noch sehr unterhaltsam. Aber für ein Spiel, das nicht nur die Ambitionen, sondern tatsächlich das Zeug dazu hatte, auf einer Stufe mit Shadow of Mordor zu stehen, fehlt es letztendlich an Polishing und Vision. Ein Sequel darf gerne her - dann muss aber vieles besser werden.

Besonders gut finde ich ...
  • visuell fantastisch in Szene gesetzte Welt
  • jede Menge Nebenbeschäftigungen & Missionen
  • kurzweilige Kämpfe und coole Fahrzeugduelle
  • großartiges Intro-Video zum Story-Einstieg
Nicht so optimal ...
  • Welt ist groß, aber steril und langweilig
  • allen Spielsystemen fehlt die nötige Tiefe
  • auf Dauer enormer Mangel an Abwechslung

Tim hat Mad Max auf dem PC gespielt.

Mad Max - Boxart
  •  
  • Entwickler:Avalanche Studios
  • Publisher:Warner Bros. Interactive
  • Genre:Action-Adventure
  • Plattform:PC, PS4, Xbox One
  • Release:01.09.2015

Kommentare & Likes

Folgenden Usern gefällt der Beitrag: HerrBeutel ... und 6 Gästen.
  • Darius
    #1 | 21. September 2015 um 23:24 Uhr
    Hm, schade dass es nicht der ganz große Wurf geworden ist. Hab's mir aber für 13 Euro mal gegönnt (PC-Keyseller ahoi). Mal sehen, wann es an der Reihe ist. Das Intro [Mad Max - Ingame Opening Video | pressakey.com] fand ich aber schon mal ziemlich cool =)
  • Darius
    #2 | 27. Dezember 2015 um 15:55 Uhr
    Mein Magnus Opus ist komplett, genau wie Max #V8Power. Die Wastelands warten nur noch auf die 100% Säuberung - allerdings kommt das einem "Durchkehren in der Wüste" gleich. Sehr anstrengend und eintönig das Ganze. Die (Haupt)Missionen und die Story als solches fand ich jetzt eigentlich recht gut (inszeniert), vor allem die Atmosphäre kam super rüber. Das Drumherum wird leider schnell zum üblichen, leidigen "Open-World"-Gedöns. Insgesamt hat es mir aber doch gefallen.

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