Tom Clancy's: The Division - Preview

Ein aktueller Blogartikel zum Spiel: Tom Clancy's: The Division - Review

Ich muss gestehen, dass der neue Ubisoft-Titel bei mir lange auf der Kippe stand: Die Beta war eher so ok, die ganzen Update- und DLC-Pläne klangen schon wieder nach Cash-Cow und irgendwie fand ich zwar das Setting und die Entwickler interessant, aber so richtig am Hype beteiligen wollte ich mich nicht. Letzten Endes habe ich dann aber aus Neugier doch zugeschlagen. Da Tom Clancy's The Division extrem umfangreich ist und natürlich für jeden Spieler unterschiedlich funktioniert, möchte ich meinen ersten Eindruck - nach ungefähr zehn Spielstunden - mit euch teilen. Unsere ausführliche Review kommt dann etwas später.

Es ist soweit: Der Download ist endlich beendet und ich darf mich zum ersten Mal seit der Beta in die Welt von The Division begeben. Ich bin schon ein wenig gespannt. Damit man sich auch gleich in dystopischer Stimmung befindet, gibts ein überraschend ernstes und gut gemachtes Real-Sequenz-Intro, das in wenigen Minuten klar stellt, was passiert ist: Ein neuartiger Pocken-Virus kommt (nicht ganz natürlich) in Umlauf und infiziert erst einige Menschen, später dann ganze Stadt- und Landesteile. Es dauert nur kurz, bis "Black-Friday"-Berichte einer Ansprache der Nationalgarde weichen, die mit der Situation und der Eskalation auf den Straßen hoffnungslos überfordert ist. Das ist der Punkt, an dem unser Agent, Teil der Einheit "The Division", ins Spiel kommt und auf den Plan gerufen wird. Es geht also los!


Erstkontakt zwischen "Wow!" und "Meh."



Da stehe ich nun, mitten im winterlich-verschneiten Brooklyn, frisch eingetroffen und absolut planlos. Neben ersten beeindruckenden Grafik-Impressionen und einem Eindruck, was noch kommen kann, folgt die Erstellung unseres Helden bzw. unserer Heldin. Nach der fantastischen Einführung steht mir aber direkt die erste Ernüchterung bevor: Der Charakter-Editor ist - höflich formuliert - spartanisch. Pro Geschlecht gibt es acht nicht anpassbare Gesichter unterschiedlichster Herkunft (vom afro-amerikanischen über den europäischen bis zum asiatisch-angehauchten Typ) mit einer überschaubaren Anzahl an Optionen. Die Gesichter können mit, je nach Wahl, 4-6 verschiedenen Frisuren kombiniert werden. Wer so richtig steil gehen will, macht sich noch eine Narbe oder ein Tattoo ins Gesicht und wählt zwischen Piercings oder (!) Sonnenbrille. Brille tragen und ein Piercing gleichzeitig ist in der Spezialeinheit wohl strengstens untersagt. In Anbetracht dessen, dass man mit seinem Helden bzw. seiner Heldin im besten Fall mehrere hundert Stunden verbringen wird, enttäuscht die Auswahl. Spätestens als im ersten Zusammentreffen mit anderen Spielern fast alle Helden gleich aussahen (Vollbart, Undercut) war die Ernüchterung groß. Schade! Immerhin stach ich mit meiner toughen Heldin sehr aus der Masse heraus - auch ohne Hipsterbart.


Tom Clancy's: The Division
Der Charakter-Editor wäre selbst 2005 schon enttäuschend gewesen.


Nach der Erstellung stellte ich fest, dass man gar nicht wie in der Beta in Manhattan anfängt, sondern in Brooklyn. Das Gebiet ist, wie für Tutorials üblich, stark eingeschränkt. Man wird zum ersten Safehouse geschickt, bekommt ein paar Briefing-Infos, hat Kontakt mit den ersten "echten" Spielern und zieht dann los in die verschneiten Straßen. Vorher bekomme ich aber noch meinen ersten Skill-Punkt spendiert, den es zu verteilen gilt und so wähle ich eine von drei möglichen Fähigkeiten aus: eine Haftbombe, einen Schild zur Deckung im Kampf oder einen Impuls, der Freund und Feind in meiner Umgebung (auch durch Wände hindurch) sichtbar macht. Ich entscheide mich für letzteres. Sofern ich nicht in einem Kampf bin, kann ich aber jederzeit die Fähigkeit wechseln. Das sorgt für Sicherheit und nötige Flexibilität, vor allem im Gruppenspiel. Cool! Bevor es losging, wollte ich aber noch die Chance für Sightseeing nutzen. Also suchte ich den Hudson River auf und bekam direkt unter der Brooklyn Bridge einen Ausblick, der mir den Atem stocken ließ. Atmosphärisch und grafisch war das mehr als beeindruckend.


Die ersten Aufträge



Doch wir haben ja einen Auftrag: gestohlene Güter zu sichern. Also ziehe ich los, klettere über Zäune, schlendere fast verlassene Straßen mit dem einen oder anderen verzweifelten Anwohner entlang und komme an mein Ziel. Dort sehe ich einen Mann, der einen anderen mit der Waffe bedroht. Er solle ihn verschonen, er habe Familie. Der Täter entgegnet ihm, dass ihm das egal sei, denn er habe keine Familie. Nicht mehr. Bevor es eskaliert, sprinte ich hinzu, in der Hoffnung, vermitteln zu können. Das Spielt sieht diese Option allerdings nicht vor, daher liegt der Übeltäter keine Sekunde später tot am Boden und hinterlässt meinen ersten Loot. Der bedrohte Bürger flieht. Ich soll weitergehen und Kisten sichern. Irgendwie fühlt sich das unbefriedigend an und doch ernüchternd real. Ich habe gerade gelernt: In der Welt von The Division wird nicht vermittelt; Kugeln sind die Antwort auf alles, denn nur der Stärkere kann überleben.


Tom Clancy's: The Division
Duck'n'Cover: Mit dieser Mechanik verbringt man schon zu Beginn sehr viel Zeit


Das merke ich auch beim Sichern der gestohlenen Kisten. Kaum sind diese für unsere Division markiert, tauchen weitere Plünderer auf. Ich gehe in Deckung, schieße, sprinte, lade nach. Das funktioniert so hervorragend, dass bereits nach einigen Gefechten der komplette Ablauf in Fleisch und Blut übergegangen ist. Wenige Minuten später sind die Angreifer besiegt, die Ware gesichert. "Gut gemacht!" höre ich über den Funk. Aber es ist keine Zeit zum Ausruhen. Unsere interaktive Übersichtskarte zeigt weitere Missionen an: Medizin wurde gestohlen und in einer Bank wurden Geiseln genommen. Welche Mission ich wie zuerst mache? "Meine Entscheidung." Ich entscheide mich für die Medizin. Wieder laufe ich durch diese wunderschön-detaillierten Straßen. Der Himmel hat sich mittlerweile verdunkelt, Schnee fällt, die Lichter gehen - sofern noch funktional - an. Fast findet man es idyllisch, als ein "Hey, das ist einer von denen!" die Stille durchbricht.

Ich werde von Plünderern überrascht, die ich wohl beim Ausrauben eines wehrlosen Bewohners gestört habe. Kurze Zeit später ist wieder Ruhe, die Frau flieht, die Angreifer sind niedergestreckt. Ich erreiche mein Ziel. Der Ablauf ist ähnlich: Ware sichern, Gegner abhalten. Erst die Geiselnahme in der Bank erfordert ein anderes Vorgehen. Ich muss einen Zugang durch die Kanalisation finden, was mir durch eine nahelegene Baustelle ermöglicht wird. Vor der Bank strecke ich in einem intensiven Gefecht die Räuber nieder und befreie einen Soldaten, der festgehalten wurde. Er bedankt sich, kehrt zu seiner Einheit zurück und ich fühle mich gut. Nach diesen Einführungsmissionen wartet aber noch die erste große Koop-Mission: Ein Polizeigebäude wurde von einer Gang unter Kontrolle gebracht, genauso wie die Waffen, die Verpflegung und die technischen Geräte. Who you gonna call? Mich!


Tom Clancy's: The Division
In der Ruhe liegt die Kraft - die Atmosphäre ist atemberaubend


Gemeinsam sind wir stärker



Es ist die erste Auftrags-Mission und im Gegensatz zu den bisherigen Nebenmissionen sollte man diese nicht alleine machen. Außerdem gibt es zwei Schwierigkeitsgrade - Normal und Schwer -, zwischen denen es sich zu entscheiden gilt. Je nachdem, auf welchen die Wahl fällt, gibt es am Ende bessere Belohnung. Ich suche mir drei weitere, zufällige Mitstreiter und entscheide mich für "schwer". Dass schwer wirklich schwer ist, merkt das Team direkt am Anfang. Nach wenigen Schusswechseln geht der erste von uns down, weil er ins Gefecht rannte. Zum Glück konnte ich ihn wiederbeleben und wir verschanzten uns. Granaten flogen, Gegner wurden besiegt und Stück für Stück eroberten wir uns den Außenbereich zurück. Unterstützung gab es von KI-gesteuerten Soldaten, die uns gegen die feindliche Überzahl zur Seite standen.

Danach ging es durch die Tiefgarage über die Büroräume bis aufs Dach, wo sich mein Trupp dem Gang-Leader stellen musste. Der Weg dahin war gesäumt von überraschend taktischem Spiel. Auch ohne viel Kommunikation funktionierten "Gib mir Deckung!" und "Vorwärts" erstaunlich gut. Ich fühlte mich richtig wohl in der Gruppe und jeder Meter gewonnener Raum war extrem befriedigend. Störend empfand ich allerdings die Schadensverteilung. Ein Gangster schlägt mich einmal mit einem Baseball-Schläger und ich gehe trotz Schutzweste und sonstigem Schutz zu Boden, wohingegen ich zwei volle Magazine in seinen Kopf jagte und er noch immer Rüstung übrig hatte; das sorgte bisweilen für Frust. Ich weiß noch nicht, ob ich diese Mechanik nicht auf Dauer frustrierend finden werde.

Trotzdem: Als am Ende die erlösende "Mission-beendet"-Musik unseren glorreichen Sieg zelebriert, während wir uns verarzten, Munition und Loot aufsammeln und guten Gewissens die Polizeistation wieder den rechtmäßigen Besitzern überlassen, stellte sich ein gutes Gefühl ein. Es war ein hartes Stück Arbeit, aber es war intensiv, packend und machte Lust auf mehr. Brooklyn war gesichert, jetzt geht es nach Manhattan. Also auf zum Landeplatz an der Brooklyn Bridge, rein in den Heli und ... Explosion! Irgendwas lief schief. Ich werde verwundet, der Commander stirbt. Dank eines News-Helikopters und einer spannenden Cutscene landen wir aber trotzdem in Manhattan. Die Sonne scheint, wir betreten das sichere Basiscamp. Ein Blick auf die Map und erste Berichte machen aber deutlich: Es gibt viel zu tun. Verdammt viel. Ob ich Lust darauf habe? Aber sowas von!

Tom Clancy's: The Division
Der Anfang ist packend, bildhübsch und macht durchaus Lust auf mehr


Die Frage nach der Langzeitmotivation bleibt



Zwischen diesen Zeilen habe jetzt mittlerweile knapp zehn Stunden mit der Division verbracht. Wenn ich bedenke, wie wenig ich gesehen habe (ich bin gerade mal Level 9), freue ich mich auf das, was noch kommen könnte. "Könnte", weil ich hoffe, dass das Spiel neben den Feuergefechten auch der Story und der Welt bald mehr Platz einräumt. Auch wenn die Action packend ist, droht bereits nach den ersten Stunden eine gewisse Routine: Gehe zu Punkt X, sichere Punkt X, töte die Angreifer, gehe zum nächsten Punkt. Aktuell kaschieren die interessanten Rollenspiel-Elemente und das motivierende Level-System noch die sich wiederholenden Aufgaben, aber ich sehe schon, dass hier eventuell ein Problem liegt, das die Langzeitmotivation - für mich - gefährden könnte.

Ich will so viel von dieser wunderschön-detaillierten Welt erfahren und noch mehr Infos aus der Story ziehen, befürchte aber, dass diese Wünsche nicht in dem Maße befriedigt werden, wie ich das vielleicht gerne hätte. Zwar gibt es in den Hauptmissionen immer wieder so etwas wie einen roten Faden und die ersten verdächtigen Namen tauchen auf, aber es muss sich zeigen, dass da mehr ist als nur eine große Blase in einer wunderbar detaillierten Welt ohne (storyrelevanten) Inhalt. Immerhin: Es werden tolle, kleine Geschichten in den unzähligen Nebenmissionen erzählt, die die Spielwelt mit Tiefe und Emotionen füllen. Ich bin sehr gespannt, wie das Spiel sich weiter entwickelt und hoffe, dass Kai in seiner kommenden Review positiv berichten kann, dass sich meine Befürchtungen nicht gänzlich bestätigt haben.


Kommentare & Likes

Folgenden Usern gefällt der Beitrag: CookieMonster ... und 5 Gästen.
  • Tim
    #1 | 10. März 2016 um 19:31 Uhr
    Anfangs hab ich mich echt sehr drauf gefreut, aber nach deiner Preview und anderen Berichten klingt mir das alles doch zu sehr nach Destiny. Auf Dauer eintöniges Gegrinde schreckt mich eher ab. Das Setting gefällt mir dafür umso besser, toll, dass es wohl auch gut umgesetzt wurde. Mal schauen, vielleicht spicke ich ja doch irgendwann demnächst mal rein  
  • Darius
    #2 | 10. März 2016 um 19:55 Uhr
    Fand schon die Beta nicht sehr überzeugend, auch wenn es Leute geben soll, die da zig Stunden in der DarkZone Spaß hatten. Für mich auch durch das realistische Setting eher das schlechtere Destiny. Die Gegnervielfalt ist nicht sonderlich berauschend und auch das Gunplay fand ich nicht so fluffig wie beim Bungieshooter. Ob die Story was hergibt und die Missionen gut und abwechslungsreich sind, wird sich wohl zeigen. Zum Launch ist es mir für Konsole zumindest derzeit zu teuer um "reinzuschnuppern", zumal der Season-Pass ohnehin Pflicht sein wird.

    Mal schauen, wie das Spiel nach 2+ Wochen abschneidet.   
  • Jari
    #3 | 17. März 2016 um 10:34 Uhr
    Die vielen atmosphärischen Screenshots, die in meine Timeline gespült worden sind, haben mich trotz aller Kritikpunkte schon recht neugierig gemacht, aber am Ende werde ich dann doch Destiny weiterspielen.

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