Sniper Elite 4 - Review

Im Gegensatz zu anderen Shootern im Genre setzt die Sniper-Elite-Reihe auf ausgeklügelte Taktiken und vor allem auf die Geduld des Spielers, um das Level möglichst unerkannt erfolgreich abzuschließen. Hier sind das richtige Timing und kein schneller Finger am Abzug gefragt. Sniper Elite 4 erfindet das Rad zwar nicht neu, verleiht der Serie dennoch einen frischen Anstrich. Dabei bauen die Jungs von Rebellion auf dem erfolgreichen Unterbau des Vorgängers auf und drehen an den richtigen Stellschrauben.

Als Kulisse für die zahlreichen Blutbäder dient diesmal Italien im Jahr 1943, das eine willkommene Abwechslung von den üblichen braunen und ziemlich langweiligen Schauplätzen bietet. Die Küstenstädte sowie die ländlichen Regionen sind wunderschön anzuschauen und lassen schnell in die damalige Welt abtauchen. Besonders überzeugen der gewählte Stil sowie die grafische Präsentation der riesigen Maps, die über viele Stunden ausgekundschaftet werden dürfen. Auffällig ist dabei die enorme Weitsicht, die mich als Spieler stark fordert, da man jeden Pixel genauestens im Blick behalten muss, um nicht doch noch einem Gegner vor die Füße zu laufen. In der Geschichte finden wir uns übrigens inmitten eines Aufstands des Widerstands wieder, der genug Potenzial bietet, eine spannende, wenn auch trashige Story zu erzählen.


Es gibt viel zu entdecken



Ähnlich einem Metal Gear Solid 5 sind die Maps sehr weitläufig und gespickt mit optionalen Zielen. Diese sind hervorragend in die Landschaften eingewoben, sodass sich diese nur selten als unnötiger Ballast anfühlen. Da für jede einzelne Mission stets eine ausgeklügelte Taktik vorausgesetzt wird, bietet jede Map genug Umfang, damit man sich als Spieler in der Welt verliert.

Selbstredend sind die richtige Vorgehensweise sowie die passenden Verstecke der Schlüssel zum Sieg. Im Gegensatz zum Vorgänger lässt sich Karl Fairburne nun wesentlich agiler durch die Welt steuern, wenngleich ich nicht die Leichtigkeit eines Assassin's Creed verspüre. Zwar kann ich Gebäude bis zu einem gewissen Grad hinaufklettern, um mir eine bessere Sichtposition zu verschaffen, große Sprünge oder gar spektakuläre Turm-Kills sind allerdings nicht möglich. Stattdessen bin ich auf herumliegende Objekte und meine Pfeife angewiesen, mit der ich die zahlreichen Feinde in der Nähe zu mir locken kann. Oftmals zwingen mich die äußerst verwinkelten Hütten dann dazu, nahezu blind zu agieren, sofern ich die Gegner nicht zuvor mit dem Fernglas markiert habe. Weiterhin stehen die Kletterpartien Fairburne äußerst gut und bieten neue Möglichkeiten, sodass die Serie dadurch einiges an Dynamik gewinnt und die Kämpfe somit noch spannender inszeniert werden.


Sniper Elite 4
Das sonnige Italien sorgt für spannende Kämpfe inmitten einer malerischen Kulisse.


Die Geschichte des Faultiers



Extrem nervig sind hingegen die direkten Konfrontationen mit den Soldaten. Während ich mich hinter einem dicken Felsen verstecke und wenig später in der Hocke auf meinen Widersacher vorstoße, bewegt sich Fairburne so langsam wie ein neugeborenes Faultier. Dies führt dazu, dass sich der etwa fünf Meter entfernte Soldat vor Erreichen bereits umdreht, direkt den Alarm auslöst und damit eine Hundertschaft von Gegnern auf mich hetzt. Verläuft so ein Tötungsvorgang allerdings erfolgreich, bringt der Nervenkitzel mich dazu, mich direkt dem nächsten Gegner zu widmen. Abseits dieser Methode sind überall auf der Karte Objekte versteckt, die zu rein zufälligen Kills führen. Im Ansatz von Hitman übernommen, sind diese äußerst kreativ und herrlich befriedigend umgesetzt. Selten hat es so viel Spaß gemacht, eine Meute Soldaten mit einer gefährlich hängenden Kiste zu zerquetschen.

Gleichermaßen sorgt die Möglichkeit, Sprengstoff an bereits ausgeschalteten Soldaten zu platzieren, für jede Menge Laune. Habe ich einen Widersacher ausgeschaltet, kann ich seine Leiche im Dunkeln präparieren und wenig später so geschickt platzieren, dass ein weiterer Feind beim Untersuchen freudig überrascht wird.


Sniper Elite 4Sniper Elite 4
Im direkten Kampf hat Fairburne noch einiges zu lernen.


Koop-Spaß garantiert



Eine gute Möglichkeit, seine Strategie gegen die Nazis zu ändern, bietet der Koop-Modus. Mit einem zweiten Spieler kann ich über das Internet, am besten verbunden im Voice-Chat, die gesamte Kampagne durchspielen. Dies hebt das Spiel auf eine ganz andere Ebene und bietet völlig neue Optionen, um die Soldaten abzulenken und mit ein bisschen Koordination vollends zu verwirren. Eine weitere Herausforderung bieten darüber hinaus die höheren Schwierigkeitsgrade, bei denen bei jedem Abschuss die Windrichtung sowie die Schwerkraft mit einberechnet werden müssen. Weiterhin bietet mir das Spiel abseits der festgelegten Schwierigkeitsgrade massig Einstellungsmöglichkeiten, die angebotenen Hilfen so auszuwählen, dass ich immer selbst darüber entscheiden kann, wie schwer mein Spielerlebnis ausfallen soll.

Selbstverständlich sind auch die Bullet-Cams wieder am Start, die im Moment des Aufpralls der Kugel eindrucksvoll darstellen, welches Körperteil meines Widersachers maximal zerstört wird. Da werden schon mal Därme zerrissen, Gehirne zerstört oder sogar Hoden explodieren gelassen. Möglicherweise findet dies der ein oder andere anstößig oder nervig, aber selbst daran haben die Entwickler gedacht. Die Kill-Cams lassen sich nämlich ganz bequem über das Options-Menü in ihrer Häufigkeit einstellen oder gar komplett abschalten. Dennoch halte ich die äußerst cool inszenierten Zeitlupen für elementar, da sie durch ihre überzeichnete Darstellung - insbesondere im Koop-Modus - für Lacher sorgen.


Überraschend gute Präsentation



Sniper Elite 4 präsentiert sich überraschend frisch. Die Entscheidung, die letzte Konsolengeneration hinter sich zu lassen, tut dem Spiel spürbar gut und hat neue Möglichkeiten im Kampf eröffnet. Die Maps sind allesamt glaubwürdig umgesetzt, wenngleich ich manchmal den Eindruck erhalte, mich trotz der Weitläufigkeit auf einem fest vorgeschriebenen Pfad zu befinden. Die Story ist überaus trashig und nimmt sich an bestimmten Punkten selbst auf den Arm. Als etwas nervig empfinde ich das Aufeinandertreffen mit wichtigen Charakteren, die mir zu Beginn jeder Mission die Nebenmissionen mitteilen. Die Gespräche verlaufen hölzern und uninformativ, sodass ich mich immer wieder dabei selbst erwischt habe, einzelne und zu langatmige Szenen zu überspringen. Zugleich überzeugen die optische Präsentation und vor allem das herausragende Leveldesign, welches bis zum letzten Meter stimmig wirkt.



Predator

Fazit von Kevin:

Die vierte Iteration hat meine Erwartungen weitgehend erfüllt. Ich liebe es, mit Fairburne durch das schicke Italien zu schleichen und meine Widersacher auf wichtiger Operation zu erledigen. Die Missionen sind allesamt unterhaltsam und die gekonnte Verflechtung der Nebenmissionen in die Hauptstory ist überaus gut gelungen. Die neuen Spielmechaniken bieten mehr Raum für neue Taktiken und eröffnen somit ein breiteres Spektrum meiner Vorgehensweise. Weiterhin überzeugt der minimalistische Soundtrack, der stets passend im Hintergrund zum Geschehen für die richtige Atmosphäre sorgt. Wenn Fairburne im direkten Aufeinandertreffen mit den Soldaten nun noch etwas agiler agieren würde und die Charaktere ihren Plastik-Charme verlieren würden, wäre das Spiel in einigen Hitlisten weiter oben anzusiedeln. So handelt es sich um einen guten Shooter, der das Rad nicht neu erfindet, aber durch die Veränderungen trotzdem frisch bleibt und für circa zehn Stunden für einiges an Spielspaß sorgt.

Rebellion dreht an den richtigen Stellschrauben und bietet ein äußerst gutes Spielerlebnis im schicken Italien des Jahres 1943.

Besonders gut finde ich ...
  • große, weitläufige Maps
  • abwechslungsreiche Missionen
  • verbesserte KI
  • individuell anpassbarer Schwierigkeitsgrad
  • großes Waffenarsenal
  • gutes Schnellspeichersystem
  • ordentliche deutsche Synchronisation
Nicht so optimal ...
  • Gegner oft übermächtig
  • belanglose Geschichte
  • hakelige Klettersteuerung
  • Clippingfehler, Bildrateneinbrüche

Kevin hat Sniper Elite 4 auf der PlayStation 4 gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Rebellion zur Verfügung gestellt.

Sniper Elite 4 - Boxart
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  • Entwickler:Rebellion
  • Publisher:Rebellion
  • Genre:Third-Person-Action
  • Plattform:PC, PS4, Xbox One, Switch
  • Release:14.02.2017
    (Switch) 17.11.2020

Kommentare & Likes

Folgenden Usern gefällt der Beitrag: HerrBeutel, Atze ... und 5 Gästen.
  • Philipp
    #1 | 2. März 2017 um 16:03 Uhr
    Die Reihe scheint sich echt gemacht zu haben. Erinnere mich noch daran, dass die ersten Teile außer der harten Killcam ja fast nichts zu bieten hatten. Vielleicht echt mal einen Blick wert, gerade für mich als alter COMMANDOS Fan.
  • DarkRaziel
    #2 | 2. März 2017 um 22:39 Uhr
    Ich warte bis die Game of the Year Edition rausgekommen ist, aber dann auch noch im Sale wo es günstiger ist.
    Wie Teil 3 hat schon Spaß gemacht, aber zum Vollpreis ist mir das Game jetzt nicht wert.
  • Jari
    #3 | 17. März 2017 um 18:01 Uhr
    Ich habe jetzt rund 25 Stunden auf der Uhr und kann sagen: Ich bin begeistert. Sniper Elite 4 ist die perfekte Mischung aus Hitman und GTA. Dank eines sehr gnädigen Speichersystems kann man einfach mal verschiedene Taktiken ausprobieren und wenn es schief geht, probiert man es einfach neu. Meiner Meinung nach haben die Entwickler an den richtigen Schrauben gedreht. Die Areale sind ausreichend groß und die Grafik um einiges schöner, als im dritten Teil. Einziger Wermutstropfen bleibt die "doofe" KI, die man nach Strich und Faden und mit den bekannten Rezepten austricksen kann. Doch oh Wunder: Das Spiel wird trotzdem nie langweilig. Für mich ein Pflichtkauf.

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