The Crew 2 - Review

Du feierst die Zwillinge Lena & Lisa? Du vergötterst Bibi Heinicke und Dagi Bee? Bist vielleicht sogar selbst auf der Jagd nach immer mehr Followern, dem nächsten Skandal, dem nächsten Aufreger und siehst dich bald selbst an der Spitze der Social-Media-Trends? Dann solltest du dir dringend The Crew 2 anschauen! Die Kreativköpfe von Ubisoft und Ivory Tower haben dem Arcade-Racer nämlich die bisher kreativste und beste Story der Rennspielgeschichte verpasst. Ich war für euch an der Front auf der Jagd nach Followern und habe spektakuläre Neuigkeiten aus den Vereinigten Staaten für euch parat - selbstredend nicht ganz schwindelfrei!

Hach ja, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Das Land der Träume, wo Menschen vom Tellerwäscher zum Millionär werden können. Quasi über Nacht, so sagt man es hier. Schön ist hier vor allem eines: die Landschaft! Die Hochebenen von Utah, die Rocky Mountains oder riesige Metropolen wie New York City: The Crew 2 hat sie alle. All diese schönen Orte, all diese Sehenswürdigkeiten, die jeder Mensch in seinem Leben mal hautnah gesehen haben sollte. Doch was treibt mich her? In diese Lande voller Gefahren und großem Potenzial? Nun, man sagte mir, ich könne hier ein Megastar werden. Hört ihr? Ein Meeegastar! Wer hat nicht schon immer von Milliarden auf seinem Konto geträumt? Vom Reichtum, der Anerkennung und den Frauen, die sich dann recht schnell um die eigenen Beine schlängeln wollen.


Endlich reich!



The Crew 2 macht das alles möglich! Setz dich in ein Auto deiner Wahl, dreh ein paar Runden und schwupps bist du der neue Star am Social-Media-Himmel. Wie das gehen soll? Na klar, mit den richtigen Leuten an deiner Seite. Die richtig krassen übercoolen Boys and Girls wissen schon, wie sie dich promoten sollen. Was dann noch fehlt? Die Crew hinter deinem Rücken und vielleicht noch ein hipstermäßiges Aussehen, das du dir im Editor zusammenklicken darfst. Keine große Sache, falsch machen kannst du hier nichts - bei so "vielen" Auswahlmöglichkeiten. Und dann, ja dann geht's auch schon los: auf die Piste mit dir und deinem gammligen Auto, welches nicht mal mehr dein Opa fahren wollen würde. Aber hey, Hauptsache alles cool hier!

Anschließen kannst du dich dann auch diversen Crews. Alle haben einen anderen Schwerpunkt. Die einen stehen auf knallhartes und schwammiges Streetracing, begleitet von geilen Bildrateneinbrüchen und überaus nervigen Streckenverläufen, die manchmal so undurchschaubar gestaltet sind, dass du am liebsten dein Gamepad durch die Lüfte werfen würdest. Wieder andere werden "Fame" durch Offroad-Rennen. Da hat man diese Dinger, die durch den Dreck fahren - egal ob mit zwei oder mit vier Rädern. Hauptsache, du siehst gut aus!

Alternativ gibt es dann da auch noch die Freestyle-Crew. Die liebt es, Speedboot zu fahren und in engen kleinen Höhlen, die wunderschön beleuchtet sind, ihre Rennen auszutragen. Klingt spaßig? Wäre es - aber nur dann, wenn man nicht die ganze Zeit den linken Analogstick nach hinten drücken müsste. Für mehr Antrieb, versteht sich. Aber denk immer daran: Hauptsache, du siehst gut aus dabei! Und wenn dir das alles nicht gefällt, dann fahr doch einfach gleich die Profirennen. In einem fetten Formel-1-Racer durch abgesperrte Strecken cruisen und dabei durch jede Kurve rutschen? Der Traum kann hier wahr werden!


The Crew 2The Crew 2
Egal ob im F1-Racer oder im Flugzeug: Die Jagd nach Followern steht stets im Mittelpunkt der Geschichte.


Der Traum eines jeden Rennspielfans



Zugegeben, ich bin ziemlich fies beim Umgang mit The Crew 2. Denn schlussendlich bietet das Spiel jede Menge Neues. Die in vier Klassen unterteilte "Karriere" sorgt für viel Abwechslung und mündet nach Abschluss einer jeden in einem spannenden Rivalen-Rennen, bei dem verschiedenste Klassen im selben Lauf verwendet werden. Wie das funktioniert? Nun, du fährst erst auf einem Motocross in der Schlammwüste auf abgesperrter Piste dein Rennen, fliegst dann über eine Sprungschanze und wechselst automatisch zum nächsten Fahrzeug. Ohne Zwischensequenz, ohne Actioneinlage und ohne die Möglichkeit, dich gegen den Streckenverlauf wehren zu können. Zwar kann man für jeden Style sein Lieblingsfahrzeug vorkonfigurieren, welches Fahrzeug aber gleich benötigt wird, weiß man im Voraus natürlich nicht.

Richtig nervig wird das dann, wenn du auf dem gewünschten Gebiet kein Profi bist und Unfälle baust, gegen die drei Fußgänger am Times Square fährst oder einfach nicht checkst, wo die nächste Kurve liegt. Vielleicht liegt es an meinem Fernseher oder meinem Unvermögen, aber ihr könnt mir glauben: Ich bin bei noch keinem Rennspiel so ausgerastet wie bei The Crew 2. Von einer Ideallinie ganz zu schweigen, sucht man sich den Weg der Rennstrecke oft auf der Minimap und lässt dabei natürlich was aus den Augen? Den Verkehr! Es ist zwar nicht so, als wären auf dem Highway mehr als fünf Autos unterwegs, auf diese treffen kann man aber trotzdem schneller als es einem lieb ist. An eine Rückspulfunktion, wie sie in vielen anderen Rennspielen am Start ist, hat man hier natürlich auch nicht gedacht und so passierte es nicht nur einmal, dass ich ein 40-Minuten-Rennen ohne Speicherpunkt und ohne Checkpoint nur deshalb verloren habe, weil ich die letzte Kurve vor dem Ziel vermasselt habe.

Nun könnte man denken, dass ich doch gut genug gefahren sein sollte, um in den 40 Minuten der KI davon gefahren zu sein? Eben nicht! Das furchtbar nervige Gummiband sorgt zwar dafür, dass ich bei einem Fehler immer wieder aufholen kann, ist aber gleichzeitig dafür verantwortlich, dass mir die Kollegen stets im Nacken sitzen – egal, wie gut ich fahre. Gut, verfüge ich über ein Fahrzeug, welches weit über der empfohlenen Fahrzeugstufe liegt, kann man den Jungs auch schon mal zwei Minuten davon fahren, aber meist ist das eben nicht der Fall. Die verfügbaren, immerhin lizenzierten Karren kosten einfach zu viel Kohle, die meist nur durch nerviges Grinden zu erspielen ist.


The Crew 2
Auf eigenen Tracks wird im Monstertruck durch Loopings gefahren und auf Half-Pipes herumgehüpft.


Wo ist der nächste Tuningshop?



Und so vergeht Stunde um Stunde, egal ob mit drei weiteren Freunden oder allein, in denen dann ein Rennen nach dem anderen, die sich untereinander nicht ähnlicher sein könnten, abgespult wird. Es werden Follower gesammelt, der Coolness-Faktor ausgebaut, Teile gewonnen und Geld verdient. Dieses kann ich nur in neue Fahrzeuge investieren. Wie schon im Vorgänger müssen Tuningteile nämlich gewonnen werden. Ganz traditionell sind diese in verschiedene Klassen unterteilt und boosten das eigene Fahrzeug mal mehr, mal weniger gut. Verpasse ich es, diese nach dem Rennen direkt einzusammeln, muss ich sie mir in einem der vier Hauptquartiere abholen, welche sogar frei begehbar sind, aber sonst nicht mehr hergeben als jeweils einen simplen Showroom. Ein frei wählbarer Tuningshop wie damals in Need for Speed Underground 2 hätte dem Spiel äußerst gut getan. Da jener eben fehlt, baue ich zu meinem Fahrzeug keine tiefere Bindung auf, sodass es mir letztlich egal ist, mit welcher Karre ich durch die Weiten der USA düse. Hauptsache, ich verfüge über das gewünschte Fahrzeuglevel und kann so mit der Konkurrenz mithalten.

Alternativ können das auch andere für mich übernehmen. Solange nur ein Crew-Mitglied das angepeilte Ziel erreicht, gilt das Rennen als abgeschlossen. Die Belohnungen fallen vom Himmel und das nächste Rennen steht auch schon vor der Tür. Dass man sich kaum noch mit der eigentlich riesigen Spielwelt auseinandersetzt, liegt vor allem daran, dass es a) dort nichts zu entdecken gibt und b) man sich zu jedem Rennen teleportieren kann. Spart Zeit, spart Nerven, dachte sich wohl auch Ivory Tower und macht es so natürlich leichter, die "großartige" und sehr "spannende" Karriere zu einem Finale zu bringen. Dennoch wird hier nicht das volle Potenzial ausgeschöpft. Zwar darf ich die USA, anders als im Vorgänger, gleich komplett zu Beginn bereisen, bis auf kleinere Minispielchen wie Slalomfahren oder Fototouren an der Freiheitsstatue hat die Welt allerdings einfach zu wenig zu bieten.


The Crew 2The Crew 2
Zwei Extreme, die sich gegenüberstehen: Die riesige Map der USA bietet jede Menge Abwechslung.


Optisches Meisterwerk?



Gleiches gilt für die Grafik, die im Gegensatz zum Vorgänger natürlich aufgebohrt wirkt, aber weiterhin keine Bäume ausreißen kann. Auf der normalen PS4 kommt es besonders in Stadtzentren zu teils wirklich sehr unschönen Bildrateneinbrüchen, die den Spielspaß aus meiner Sicht enorm mindern. Lediglich die Beleuchtung, der Tag- und Nachtwechsel sowie einzelne Wettereffekte können überzeugen. Umso ärgerlicher ist es, dass die Stadtzentren überhaupt nicht belebt scheinen und die Welt als Ganzes sonst eher steril wirkt. Daran ändern auch die durchaus hervorragend inszenierten Xtreme-Races nicht mehr viel. In jenen Rennen werden alle wichtigen Fahrzeugklassen vereint, sodass man zunächst mit dem Auto, später mit dem Boot und gegen Ende mit dem Flugzeug auf Follower-Jagd geht.

Dass die Story natürlich völliger Mist ist und jede Spannung vermissen lässt, brauche ich nicht noch einmal gesondert erwähnen. Insbesondere die Zwischensequenzen sind derart hölzern gestaltet und so heftig auf pseudocool getrimmt, dass sie definitiv ein Fall für die Fremdschämkiste sind.



Predator

Fazit von Kevin:

Insgesamt betrachtet bietet The Crew 2 einen großen Spielplatz und damit theoretisch die Basis für Online-Spaß in der Gruppe. Die gute Basis wird derzeit aber leider noch nicht vollständig genutzt. Solisten müssen überdies jederzeit online sein, um das Spiel überhaupt spielen zu können, und dürften sich beim ständigen Wiederholen einiger Rennen schnell langweilen. Die schwerfällige Steuerung einzelner Klassen sowie das nervige Grinden für neue Upgradeteile und die inhaltsleere Welt machen es mir schwer, mich mit dem Spiel anzufreunden.

Die Idee, Boote, Flugzeuge, Motocross & Co. in ein Spiel zu packen, ist dagegen herausragend und wird hoffentlich mit der Veröffentlichung weiterer DLCs verbessert und weiter miteinander verwoben. Bisher bietet The Crew 2 nämlich fast nur eine Aneinanderreihung verschiedenster Rennen mit wenig Suchtpotenzial. Die wirklichen Highlights wie das Rennen auf der Skipiste oder das rasante Herabfahren des Abhangs kommen leider zu selten vor, als dass diese über Stunden des drögen Herumfahrens hinwegtäuschen können.

Immerhin funktionierte die Online-Komponente stets einwandfrei. Ein Belohnungssystem für den Führenden in der Crew bleibt aber aus, sodass kein wirklicher Konkurrenzkampf im Team entstehen kann. Dieser hätte dem Spiel, gerade angesichts der sehr lahmen Geschichte und der inhaltsleeren Welt, sicherlich noch einmal Pluspunkte eingebracht.

Großartige Idee, großartige Karte, weniger gute Fahrphysik und Einbindung der Spielwelt: The Crew 2 scheitert bisher an sich selbst, könnte aber mit DLCs noch richtig gut werden.

Besonders gut finde ich ...
  • riesige Map
  • viele Sehenswürdigkeiten
  • ausgiebiger Fotomodus
  • Abwechslung durch verschiedene Rennklassen
  • nahtloser Fahrzeugwechsel möglich
  • tolle Beleuchtung
Nicht so optimal ...
  • fürchterliche Story
  • Streckenführung
  • fehlender Tuningshop
  • belangloser Soundtrack
  • kein PVP-Modus (kommt im Dezember)
  • furchtbare Gummiband-KI
  • teils schwerfällige Steuerung

Kevin hat The Crew 2 auf der PlayStation 4 gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Ubisoft zur Verfügung gestellt.

The Crew 2 - Boxart
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  • Entwickler:Ivory Tower
  • Publisher:Ubisoft
  • Genre:Rennspiel
  • Plattform:PC, PS4, Xbox One
  • Release:29.06.2018