F1 2018 - Review

Während Red Bull Racing-Pilot Max Verstappen für seine Aussagen in der Presse immer Mal wieder im Fokus steht, nutzt Codemasters genau diesen Trubel für seine diesjährige Iteration der überaus erfolgreichen Formel 1-Reihe. Getreu dem Motto: "Make Headlines" setzt F1 2018 auf viel Trubel neben der Rennstrecke, der sogar dazu führen kann, dass euer Ruf in den Keller sinkt und euer eigenes Team nichts mehr von euch wissen möchte. Ob dieser Fokus genügt, um Käufer des Vorgängers erneut zur Kasse zu bitten?

Schon im letzten Jahr überzeugte die Edel-Simulation aus dem Hause Codemasters auf ganzer Linie. Umso schwieriger ist es, die Messlatte jedes Jahr höher zu setzen. Entsprechend hat man sich Gedanken gemacht und mehr neben als auf der Rennstrecke verändert. Der Fokus des Spiels bleibt aber stets der gleiche: Die Karriere. Mit ihr ist man die meiste Spielzeit beschäftigt und kann sich, ähnlich wie im letzten Jahr, einen Fahrer aus vorgegebenen Gesichtern zusammenklicken, diesem einen Namen geben und sogar den Helm selbst designen. Sogar an die weibliche Fraktion wurde gedacht, der es nun ermöglicht wird, ihr Formel 1-Debüt feiern zu dürfen.


Ich hab' da Ärger mit der Presse



Nach dem Vorgeplänkel geht es auch direkt in die knallharten Vertragsverhandlungen. Gleich wie im letzten Jahr kann ich bei mehreren Teams unterschreiben. Jedes einzelne hat dabei gemäß der eigenen Leistung andere Zielvorstellungen. Erwarten die einen, dass man oben an der Spitze mitfährt, geben sich schwächere Teams logischerweise mit einigen wenigen Punkten in der Meisterschaft zufrieden. Neu kommt hier hinzu, dass die Teams Voraussetzungen an euren eigenen Charakter stellen. Selbstdarsteller à la Lewis Carl Davidson Hamilton sind bei Teams, die auf Fairness und Teamgeist wert setzen logischerweise weniger gern gesehen. Die Stellschrauben hierfür setzt man in diesem Jahr in den neu hinzugekommen Interviewszenen.

Die junge TV-Reporterin Claire, die durch eben jene führt, nimmt dabei ihren Job durchaus ernst. Immer wieder bekomme ich unbequeme Fragen gestellt und werde so schnell unter Druck gesetzt. In feinster Telltale-Manier darf ich mich in kurzen Zeitfenstern für die bestmögliche Antwort entscheiden. Diese hat dann Einfluss auf die Forschungsabteilung meines Teams oder auf die direkte Konkurrenz. Spätestens wenn im unteren linken Bildschirmrand die Meldung "Die Aerodynamikabteilung wird sich das merken" erscheint, ist für ein schlechtes Bauchgefühl gesorgt. Im Gesamten gefällt mir die Neuerung durchaus gut, wenngleich mit zunehmender Spielzeit klar vorherzusehen ist, welche Antworten man geben muss um das eigene Team im Hintergrund weiter pushen zu können. Darüber hinaus stehen oft leider nur bekannte Phrasen als Antwortmöglichkeit zur Auswahl, sodass eine Charakterbildung des eigenen Fahrers, wie sie eigentlich suggeriert wird, nicht möglich ist. Schaut man sich bei der Konkurrenz um, bleibt hier noch äußerst viel Potenzial im Verborgenen, sodass Codemasters gut daran bedient sein wird, dieses Feature in den nächsten Jahren auszubauen und so abseits der Strecke für mehr Realismus zu sorgen.


F1 2018
Claire kann ganz schön aufdringlich sein. Mit ein wenig Erfahrung, kann man sie dennoch schnell überlisten.


Hauptsache, es fährt!



Anders als noch im letzten Jahr darf ich im Übrigen nicht mehr darauf drängen, dass wichtige Teile meines Wagens zu einem bestimmten Termin fertiggestellt sein müssen. In Abhängigkeit meiner Aussagen im Interview arbeitet die Forschungsabteilung nämlich mal mehr, mal weniger schnell und gewissenhaft an neuen Bauteilen, die dafür sorgen, dass mein Bolide besser auf der Strecke liegt oder mit mehr Leistung versorgt wird. Mache ich für Fehler im Rennen also mein eigenes Team verantwortlich, wird mir das mit Dienst nach Vorschrift quittiert - und wer wird mit solch einer Einstellung schon Weltmeister? Die Moral meiner Boxencrew und Forschungsabteilung kann ich dabei stets im Menü im Auge behalten und so beim nächsten Interview eine Lobpreisung aussprechen, selbst wenn das Auto nicht die Leistung gebracht hat, die ich mir gewünscht hätte - zur Motivation versteht sich.

Welche Teile als nächstes in den Flitzer eingebaut werden sollen, kann ich dank dem ausufernden und leicht unübersichtlichen Upgrade-System selbst entscheiden. Dort wird in ansprechenden Grafiken der Leistungsgewinn und die Wartezeit angezeigt, sodass immer taktiert werden kann, welches Upgrade in nächster Zeit am sinnvollsten ist. Außer Acht darf man hier vor allem nicht die Stabilität der Teile lassen, die für mehrere Rennen halten müssen. Kümmere ich mich hier zu wenig drum, kann es passieren, dass einzelne Teile oder sogar der Motor während eines Rennwochenendes den Geist aufgeben und ich somit nicht weiter auf Punktejagd gehen kann. Wem das alles zu kompliziert und zu viel erscheint, darf die Upgrades aber auch automatisch durchführen lassen. Hier trifft man genau den Nerv und stellt einen guten Spagat zwischen Hardcore- und Casualgamer her.


Wer fleißig sät, wird auch ernten



Um die ganze Forschung überhaupt am Laufen zu halten, benötige ich, ähnlich wie im letzten Jahr, Ressourcenpunkte. Diese sammele ich in den freien Trainings, in denen ich verschiedene Programme absolvieren muss. Hier geht es vor allem darum die Strecke kennenzulernen, Benzin einzusparen, schonend mit den Reifen umzugehen oder das neu hinzugekommene Energy Recovery System vollends auszureizen. Gemäß meiner eigenen Fahrweise kann ich die Trainingsprogramme dann im grünen oder violetten Bereich abschließen. Umso näher ich an den gestellten Anforderungen abschließe, umso mehr Ressourcenpunkte erhalte ich logischerweise.

Alles in allem ein nettes Feature, welches sich über die ganze Weltmeisterschaft allerdings recht schnell abstumpft. Immerhin sind diese Programme keine Pflicht - dennoch sollte klar sein, dass bei Ausbleiben dieser keine Punkte für die Forschung gesammelt werden können. Fleißige Rennfahrer, die wirklich jedes Trainingsprogramm mitnehmen, werden im Laufe der Karriere allerdings viel zu stark, sodass selbst auf einer hohen Schwierigkeitsstufe der Konkurrenzkampf vermindert wird. Selbst mit einem schwachen Team lässt sich so recht schnell die Spitze erklimmen, sodass hier dauerhaft nachgebessert werden sollte - denn wer will der Konkurrenz einsam und alleine dauerhaft vorneweg fahren?


F1 2018F1 2018
Klassische Rennevents lockern den Karriereverlauf spürbar auf und sorgen für Abwechslung.


Neues auf der Rennstrecke?



Auf der Strecke bleibt vieles wie gehabt. Die Boliden wurden gemäß der Regeländerung mit dem aus den TV-Übertragungen bekannten Heiligenschein ausgestattet. Dieser schützt die Fahrer vor umherfliegenden Teilen und soll bei Kollisionen für weiteren Schutz sorgen. Natürlich hat Codemasters hier auch mitgedacht und lässt mich den Halo in den Kameraoptionen ausblenden, sodass ich weiter in der Über-Cockpit-Ansicht störungsfrei fahren kann. Schäden am Auto oder ein leerer Benzintank fließen ferner glaubhaft in die Fahrphysik des Rennflitzers ein und sorgen so für noch etwas mehr Realismus als im Vorjahr. Spieler, die den Vorgänger gespielt haben, fühlen sich gleich heimisch und dürften keine größeren Einführungsrunden benötigen. Durchaus nett ist zudem das Rumble-Feature, welches mich jede Bodenwelle spüren lässt und ich diese in der darauffolgenden Runde umfahren kann.

Besonders wenn es darum geht, im letzten Drittel des Rennens die Reifen in Führung liegend zu schonen, macht dieses Feature durchaus Sinn und erweitert den Realismusgrad. Jener kann natürlich über die bereits bekannten Fahrhilfen geregelt werden. Diese lassen euch selbst entscheiden, ob es die volle Traktionskontrolle braucht und lässt euch stufenweise regulieren, ob ihr arcadiger oder realistischer durch die Straßen von Monaco fahren werdet. Gleiches gilt für die KI-Gegner, die in kleinsten Schritten an die eigenen Fähigkeiten angepasst werden können. Trotzdem drängeln und rempeln diese noch viel zu oft, sodass die Rückspulfunktion des Öfteren wegen Fremdverschulden zum Einsatz kommen muss.


Ein optisches Meisterwerk?



Letztere Strecke sieht im diesjährigen Ableger noch viel knackiger aus. Die Lichteinfälle wirken wesentlich realistischer als noch im Vorjahr. Am meisten hat man allerdings am Fahrerlager geschraubt: Die Mechaniker bewegen sich nicht mehr ganz so hölzern und emotionslos durch die Boxengasse. Hinzu kommen die verbesserten Animationen, die das Ganze Geschehen wesentlich realistischer wirken lassen. Tatsächlich wurde auch endlich mal an die Siegerehrung gedacht, die man sich in diesem Jahr mit Freude in voller Länge anschauen darf. Zwar bedarf es den Gesichtern durchaus noch mehr Emotionen, denn mit einem Uncharted kann die Präsentation natürlich nicht mithalten, dennoch wurde ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung getan. Umso erfreulicher ist es, dass in insgesamt 20 klassischen Rennen die Historie der Königsklasse in neuem Glanz erlebt werden darf.



Predator

Fazit von Kevin:

Endlich wieder Hockenheim! Im diesjährigen Ableger findet sich eine der schönsten deutschen Rennstrecken wieder im Rennkalender. Zwar ohne Mick Schumacher, dafür mit ganz vielen Klassikboliden setzt Codemasters abseits der Karriere Akzente, die Rennspielenthusiasten für einige Spielzeit sehr gut unterhalten dürfte.

In diesem Jahr wurden fast alle Kritikpunkte des letzten Jahres aufgegriffen und konsequent weiterentwickelt. Nun fehlt nur noch ein komplett eigener Storymodus mit herausragender Inszenierung, so wie es die Sportspiele aus dem Hause Electronic Arts eindrucksvoll vorleben. Die grafische Weiterentwicklung, das knackige Renngefühl und die Klassikevents tun ihr Übriges damit die Edelsimulation weiterhin in der ersten Liga spielt.

Auch in diesem Jahr überzeugt die Rennsimulation vollends und darf uneingeschränkt empfohlen werden. Keep Racing!

Besonders gut finde ich ...
  • Interviews mit Claire
  • mehr Trubel abseits der Strecke
  • leicht verbesserte Fahrphysik
  • motivierende Karriere
  • deutliches Grafikupgrade
Nicht so optimal ...
  • Co-Kommentator Stefan Römer
  • Interviews zu durchschaubar
  • Trainingsprogramme langweilen auf Dauer
  • keine Charakterentwicklung
  • kein durchdachter Storymodus

Kevin hat F1 2018 auf der PlayStation 4 gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Codemasters zur Verfügung gestellt.

F1 2018 - Boxart
  •  
  • Entwickler:Codemasters Racing
  • Publisher:Codemasters
  • Genre:Rennsimulation
  • Plattform:PC, PS4, Xbox One
  • Release:24.08.2018

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