Double Cross - Review

Das Spielejahr 2019 startet für die Nintendo Switch mit zwei Jump'n'Runs: Mit New Super Mario Bros. U Deluxe von Nintendo höchstselbst und dem eher unscheinbaren Double Cross von 13AM Games. Doch während Mario naturgemäß wieder in aller Munde war, flog letzteres weitestgehend unter dem Radar. Ich gebe zu, dass auch ich vorher bei Double Cross so meine Zweifel hatte. Im Vergleich zum bunten, stilsicheren Vorgängerprojekt Runbow wirkte es bislang trist und lieblos, fast schon austauschbar. Nun habe ich Double Cross gespielt und erkannt: Die Sorgen waren leider berechtigt.

Stellt euch vor, in einer parallelen Dimension wären die Dinosaurier nicht ausgestorben. Stattdessen hätten sie große Fabriken hochgezogen, betrieben illegalen Waffenhandel und drohten, in andere Dimensionen einzudringen und diese zu plündern - zum Beispiel unsere Erde. Damit das nicht passiert und wir den aggressiven Reptilien nicht ausgeliefert sind, gibt es in der Welt von Double Cross die "Regulatoren Interdimensionaler Fronten und Technologie", kurz RIFT. Diese Organisation rund um Spielfigur Zahra Sinclair ist es, die den Frieden zwischen den Dimensionen bewahren soll - auch wenn das, wie es sich für ein Videospiel gehört, natürlich nicht klappt.

Als der mysteriöse Suspect X das Hauptquartier von RIFT angreift, beginnt ein neuer Fall: Der Schuldige muss gefunden, der böse Plan vereitelt werden. Also reise ich mit Zahra durch die Dimensionen, sammle Hinweise, führe Gespräche und Verhöre und setze wie in einem Detektiv-Adventure die Puzzleteile zusammen. Für ein Jump'n'Run ist das ganz schön viel Story, Dialog und investigative Arbeit - und unter dem Strich vielleicht auch nicht das, was Double Cross gebraucht hätte.


Double Cross
Das Team von RIFT besteht aus den alten Stereotypen, u.a. dem Nerd als Sidekick und der Alien-Wissenschaftlerin.


Durch den Glibber in Gootopia und auf der Suche nach dem Spaß im Funderdome



Fangen wir ganz vorne an. Double Cross ist im Kern ein klassisches, ziemlich geradliniges Jump'n'Run, ein bisschen vielleicht wie Guacamelee, wenn man dort das Metroidvania abzieht. Man hüpft und läuft zumeist von links nach rechts, löst kleinere Puzzles, entdeckt hier und da versteckte Kammern mit Edelsteinen und hin und wieder, wenn das Spiel es verlangt, muss man auch mal die Fäuste sprechen lassen - dann wird aus dem traditionellen Platformer eine Art Arena-Beat'em-Up. So weit, so altmodisch, aber zwei Dinge sollen aus Double Cross etwas Besonderes machen: der Adventure-Part, den ich schon angesprochen habe, und der Proton Slinger, mit dem man sich gummiband-artig von Ankerpunkten wegstoßen, Projektile auffangen bzw. werfen und andere coole Dinge anstellen kann. Das Problem: Keiner dieser Aspekte funktioniert wirklich gut oder ist zu Ende gedacht.

Und das ist ein Jammer, weil im Leveldesign durchaus spannende Ideen stecken: In Gootopia etwa liegt überall bunter Glibber, von dem man entweder wie ein Flummi abprallt, in dem man untergeht oder kleben bleibt - es kommt sogar ein bisschen Rätselstimmung auf, wenn man die verschiedenen Flüssigkeiten geschickt miteinander kombinieren muss. Im Funderdome dagegen fühlt man sich wie in einer futuristischen Spielhalle - inklusive witziger Arcade-Herausforderungen, während der Timer läuft oder der Highscore hinaufzählt. Besonders gefallen haben mir die beweglichen Schienen auf Reptarria, der Heimat der Dinosaurier: Dort verschieben sich die Ankerpunkte, sobald ich mich mit dem Proton Slinger anklinke, sodass ein schöner Flow des Schwingens entstehen könnte - wenn sich Double Cross so ansprechend spielen würde wie es sich auf dem Papier liest.


Double CrossDouble Cross
Zahra wird auf Mission geschickt, die drei Dimensionen nach Hinweisen zum mysteriösen Suspect X zu untersuchen.


Als Jump'n'Run hat es Double Cross auf der Nintendo Switch besonders schwer



In der Praxis allerdings erweist sich Double Cross schnell als ein gerade auf der Nintendo Switch eher unterdurchschnittliches Jump'n'Run. Das fängt schon bei der Optik an, die mitunter an ein Flash-Game erinnert. Zwar sind die Charaktermodelle durchaus gelungen, aber hält man die Level-Grafiken Seite an Seite zum Vorgängerprojekt Runbow, zieht Double Cross in jeder Hinsicht den Kürzeren. Runbow hatte einfach einen coolen Stil und hat so clever mit seinen Farben gespielt, dass der Minimalismus dort richtig gut gepasst hat. Wenn man mit Zahra dagegen die drei Dimensionen des Extraversums durchstreift, fragt man sich, ob die Entwickler vergessen haben, die finalen Hintergrundgrafiken in das fertige Spiel einzubauen.

Fernab der Grafik bereitet auch das eigentliche Gameplay keine allzu große Freude. Das Platforming ist, gerade im Vergleich zur starken Konkurrenz auf der Switch, bestenfalls akzeptabel, aber weit von der Präzision und dem Flow eines Rayman Legends oder Celeste entfernt, vom stumpfen und überflüssigen Nahkampf ganz zu schweigen. Alles wirkt irgendwie abgehackt und greift nicht wirklich ineinander - und dass Zahra mit ihrem linken oder rechten Fuß an Kanten quasi "überstehen" kann, als stünde sie auf einer unsichtbaren Plattform, ist für das Jahr 2019 ein No-Go, da kann es keine Entschuldigung geben. Auch der Proton Slinger, der ja eigentlich das Aushängeschild des Spiels sein müsste, ist als Gadget bei genauerer Betrachtung ziemlich unspektakulär, da sich das Schwingen selbst einerseits nicht natürlich anfühlt und man mit dem - in der Theorie coolen - Gerät auch nur dort etwas anfangen kann, wo es das Leveldesign erlaubt. Experimentieren ist damit schlicht nicht möglich.

Kurz gesagt: Als Jump'n'Run ist Double Cross in jeglicher Hinsicht so gewöhnlich, dass es regelrecht langweilt. Das gilt natürlich vor allem für die Switch-Version, die in direkte Konkurrenz nicht nur mit Rayman und Celeste, sondern auch mit Donkey Kong Country: Tropical Freeze und New Super Mario Bros. U Deluxe treten muss - und im direkten Duell immer ganz klar verliert.


Double CrossDouble Cross
Weder das Platforming mit dem Proton Slinger noch die stupiden Arenakämpfe können jedoch lange unterhalten.


Detektivarbeit auf Schienen



Bleiben also noch die Story und die investigative Detektivarbeit übrig - und auch hier tut sich Double Cross keinen Gefallen. So interessant die Idee mit Dialogen, Verhören und Hinweisstücken auch sein mag, die Umsetzung ist in vielerlei Hinsicht schlicht misslungen. Anstatt verschiedene Hinweise miteinander zu kombinieren, Gespräche aktiv zu lenken oder überhaupt einmal nachzudenken, muss man die bei Level-Abschluss erhaltenen Gegenstände einfach nur der Reihe nach allen Figuren präsentieren, bis eine darauf reagiert und das Beweisstück damit seinen Zweck erfüllt hat. Schnell wird dabei auch klar, wer der Täter ist, und so nimmt die Spannung, die schon zu Beginn nicht sonderlich hoch war, nur noch weiter ab. Am Ende entpuppt sich der Adventure-Anteil nicht als spannendes Rätseln, sondern als mühseliges Abarbeiten von einfallslosen Dialogen. Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass Double Cross ohne dieses Element ein besseres Spiel geworden wäre.

Mit gerade einmal etwas mehr als 15 Levels, die jeweils nicht viel länger als zehn Minuten dauern, ist Double Cross auch ein recht kurzes Vergnügen - wenn man es denn "Vergnügen" nennen darf. Letztendlich war ich aber schon fast froh, dass mich das Spiel nicht viel länger als 3-4 Stunden beschäftigt hat, denn auch wenn es abseits des Adventure-Parts nichts wirklich schlecht macht, fehlt es ihm unter dem Strich einfach an spielerischer, erzählerischer und auch audiovisueller Qualität.



Tim

Fazit von Tim:

Die Zweifel im Vorfeld waren berechtigt: Nach dem großartigen Runbow ist Double Cross eine mittelschwere Enttäuschung. Nicht nur, dass das Spiel schon optisch und akustisch Charme vermissen lässt und es nicht schafft, eine eigene Identität zu entwickeln. Auch was das tatsächliche Gameplay angeht, liegt Double Cross meilenweit von dem entfernt, was man in anderen Jump'n'Runs für die Nintendo Switch geboten bekommt. Grundsätzlich stecken in Zahras Abenteuer zwar einige spannende Ideen - etwa der Glibber auf Gootopia oder der Proton Slinger als mächtiges Gadget, das sowohl in Kampf als auch das Platforming eingebunden werden kann.

Aber in der Umsetzung fehlt es sowohl an Feintuning in der Qualität als auch an einem grundsätzlich interessanten Gameplay. Dem können auch die optionalen Upgrades für weitere Angriffe und Fähigkeiten nicht entgegenwirken - die sind nämlich derart überflüssig, dass ich sie im Text bisher gar nicht erst erwähnt habe. Unter dem Strich hatte ich leider nicht wirklich Spaß mit Double Cross und das tut mir für die Entwickler fast schon leid, die mit Runbow doch bewiesen haben, dass sie es eigentlich besser können.

Double Cross macht als Jump'n'Run nichts wirklich schlecht, besitzt aber kaum Charme, kann in keinerlei Hinsicht eigene Zeichen setzen und ist gerade auf der Nintendo Switch im Vergleich zur starken Konkurrenz kaum der Rede wert.

Besonders gut finde ich ...
  • einige interessante Ideen im Leveldesign
  • Proton Slinger in der Theorie cooles Gadget
  • Zahra ist eine sympathische Protagonistin
Nicht so optimal ...
  • sehr reduzierte Grafik wirkt lieblos, austauschbar
  • das Gleiche gilt für den belanglosen Soundtrack
  • abgehacktes Spielgefühl, es kommt kein Flow auf
  • Proton Slinger wird nicht kreativ eingesetzt
  • nervtötendes, eintöniges Abarbeiten von Dialogen
  • langweilige Geschichte, uninteressante Figuren
  • überflüssige Upgrades machen das Spiel noch einfacher

Tim hat Double Cross auf der Nintendo Switch gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Headup Games zur Verfügung gestellt.


Double Cross - Boxart
  •  
  • Entwickler:13AM Games
  • Publisher:Graffiti Games
    Headup Games
  • Genre:Arcade-Action
  • Plattform:PC, Switch
  • Release:10.01.2019