Song of Horror - Review

Wann habt ihr euch eigentlich das letzte Mal so richtig gegruselt? Falls es euch ähnlich wie mir geht und ihr die Frage gar nicht so genau beantworten könnt, verspreche ich euch, dass Song of Horror genau das richtige Spiel für euch sein wird. Als geistiger Bruder der Resident Evil-Reihe hat mich der Horrortrip nicht nur das Fürchten neu gelehrt, sondern auch gezeigt, dass klassischer Horror abseits von plumpen Jumpscares auch 2021 noch exzellent funktionieren kann. Warum ich nicht nur einen Angstschrei losgeworden bin, erzähle ich euch gerne.

In der Rolle von Daniel Noyer, einem gescheiterten Unternehmer und ehemaligen schweren Alkoholiker, suche ich im Rahmen meiner Verlagsarbeit nach dem verschwundenen Autor Sebastian P. Husher. Dieser ist schon seit längerer Zeit nicht erreichbar, weshalb ich mich an einem Freitagabend widerwillig im Auftrag meines Chefs auf den Weg zu seinem Anwesen mache.

Dort angelangt fällt mir direkt auf, dass die Wohnungstür offensteht und demnach irgendetwas nicht in Ordnung sein kann. Weder er noch seine Familie sind in dem dunklen Anwesen anzutreffen. Stattdessen höre ich immer wieder ein seltsames Poltern, das je nachdem, in welchem Raum ich mich befinde, mal lauter und mal leiser wird. Auf dem Flur flackert das Licht, plötzlich höre ich, dass ein Glas umgefallen ist. Ist hier außer mir doch noch jemand? Ich finde Briefe von Husher, die verwirrt klingen. Immer wieder schreibt er über eine seltsame Spieluhr und deren Musik...


Song of Horror
Hinweise kann ich durch ein weißes Leuchten wahlweise einblenden lassen.


Rätsel gefällig?



Ich suche den Raum auf, in dem das Glas umgefallen ist - allerdings liegen keinerlei Scherben auf dem Boden. Was geht hier nur vor sich? Nach dem Abklappern sämtlicher offener Türen finde ich einen Schlüssel, der mir den Raum hinter der Küche öffnet. Nichtsahnend öffne ich genau diese Tür und werde von einer verkohlten Leiche überrascht, die am Küchentisch sitzt. An der Durchgangstüre finde ich außerdem einen weiteren Brief, der erneut auf die seltsame Spieluhr anspielt. Kurz danach höre ich genau die Musik, von der Husher in seinen Brief spricht. Werde ich jetzt auch verrückt? Ich folge wie paralysiert der Musik und lande in einem Raum, den ich zuvor schon kannte. Aber Moment mal? War diese Holztür hier schon vorher gewesen? Ich gehe hindurch und lande in einer völlig anderen Zeitepoche.

Wenige Tage später taucht auch Daniel nicht mehr an seinem Arbeitsplatz auf, weshalb sich wahlweise sein Chef oder seine Ex-Frau auf die Suche nach ihm begibt und das mysteriöse Anwesen aufsucht. Um das Rätsel über das Verschwinden zu lösen, muss das ganze Anwesen auf den Kopf gestellt werden. Hierfür werden klassische Rätsel im Stile von Silent Hill gelöst, die es ganz schön in sich haben. Um beispielsweise die Stromzufuhr zum Anwesen wieder herzustellen, benötige ich verschiedene Sicherungen. Diese muss ich nicht nur zunächst überall im Haus einsammeln, sondern auch noch in der richtigen Stromstärke in den Sicherungskasten einsetzen.

Einen Hinweis hierzu gibt es nicht wirklich. Die Kabel sind zwar allesamt farblich markiert, aber es ist eben auch nicht direkt auf Anhieb ersichtlich, welche Sicherung in welches Feld eingesetzt werden muss. Immerhin stehen so viele Fehlversuche wie nötig zur Verfügung, sodass man im Zweifel auch mal in die Komplettlösung schauen darf. Letzteres war übrigens eines der einfacheren Rätsel hier und da warten schon mal heftige Kopfnüsse auf euch, die wirklich nur allein gelöst werden können, wenn man alle Hinweise findet und diese auch beachtet.


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Der Tod lauert hinter jeder Ecke



Grundsätzlich stellen die verschiedenen Rätsel einen elementaren Teil des Spiels dar, der einen herrlichen Loop entstehen lässt und so das fast vergessene Resi-Gefühl aus den Anfangsjahren wieder aufleben lässt. Für weiteren Nervenkitzel sorgen außerdem die Begegnungen mit der dunklen Macht, die überall im Haus auftauchen kann. Selbst Räume, die ich bereits aufgesucht habe, können bei Nichtbeachten der Geräuschkulisse zum Tode führen. Folglich prüfe ich an jeder Tür, ob sich dahinter mysteriöse Geräusche verbergen.

Erst dann entscheide ich, ob ich die Türe öffne oder lieber einen anderen Weg zu meinem Ziel gehe. Manchmal werde ich aber auch durch das Klappern einer Türe überrascht, sodass mir nichts anderes mehr übrigbleibt als diese zuzudrücken. In heftigen Quick-Time-Sequenzen, die für einen erhöhten Puls sorgen, versuche ich so der Macht zu entkommen.

Im anderen Falle kann ich aber auch direkt verfolgt werden und habe nur noch die Möglichkeit, mich in einem Schrank oder unter einem Tisch zu verstecken. Mit den Schultertasten muss ich dann den Puls meiner Spielfigur langsam wieder beruhigen. Andernfalls hustet oder röchelt mein Protagonist und macht so nur unnötig auf sich aufmerksam. Diese Sequenzen dauern durchaus ein paar Sekunden, sodass man wirklich das Gefühl bekommt, ums Überleben zu kämpfen. Verstärkt wird dies noch über die Permadeath-Möglichkeit, die einem zu Beginn des Spiels angeboten wird.

Entscheide ich mich folglich also doch die Decke vom Spiegel zu entfernen oder einen Raum zu betreten, aus dem ein Weinen zu hören ist, kann das gut und gerne den Tod für mich bedeuten. Dies heißt auch, dass der genutzte Charakter komplett gestorben ist und auch im nächsten Kapitel nicht mehr anwählbar sein wird. Wem das allerdings zu hart ist, kann auch in einen anderen Modus schalten, in dem Checkpoints gespeichert werden und das Spiel genau an dem Punkt weitergeht, an dem man zuvor gestorben ist. Letztere Option nimmt allerdings auch den Druck und die Angst aus dem Spielerlebnis, weshalb ich dringend dazu rate, den Nervenkitzel des immer drohenden Todes über sich ergehen zu lassen.


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Die Bedrohung ist nicht nur in direkten Quick-Time-Sequenzen spürbar.


Herrliches Klangerlebnis



Die permanente Bedrohung ist außerdem jederzeit exzellent audiovisuell wahrzunehmen. Dabei sind die Begegnungen mit der dunklen Macht, die übrigens keinen konkreten Gegner darstellt, nie geskriptet, sodass es immer wieder zu Überraschungen kommen wird. Insbesondere dann, wenn man sich sicher fühlt, kommt der nächste Schockmoment auf mich zu. Jedes Poltern, jeder Schritt und der herrliche Soundtrack sorgen für herausragende Horror-Atmosphäre, von der sich Capcom eine Scheibe abschneiden sollte.

Selten war ein Spielerlebnis klangtechnisch derart intensiv und passend umgesetzt, sodass auch ohne Bedrohung die ein oder andere Gänsehaut entstanden ist. Insgesamt ist das Spiel also definitiv nichts für Angsthasen, sondern nur etwas für Personen, die schon damals Silent Hill und die ersten Resident Evil-Teile geliebt haben. Dennoch muss klar sein, dass nicht geballert wird und der ganze Horror nur im Kopf und durch die nervenaufreibenden Begegnungen mit der dunklen Macht stattfindet.

Visuell ist Song of Horror dagegen eher zweckmäßíg. Die festen Kameraperspektiven sorgen wie schon 1998 dafür, dass man nie so genau weiß, was hinter der nächsten Ecke lauert. Dieses Angstprinzip funktioniert noch immer sehr gut, weshalb man durchaus vorsichtig durch die einzelnen Räume der verschiedenen Locations auf Hinweissuche geht. Dabei habe ich allerdings auch den ein oder anderen Bug entdeckt, der mich aus dem Spielerlebnis geworfen hat.

Mal öffne ich eine Tür und bleibe in der Animation stecken und die Tür ist wieder verschlossen. Also öffne ich sie wieder und teleportiere durch einen Gang, um nur wieder am Ende vor derselben verschlossenen Türe zu stehen. Diese Fehler sind zwar eher selten passiert, nehmen einen aber trotzdem aus der sonst herrlichen Atmosphäre heraus. Die Animationen der Figuren sind allesamt sonst auch wenig ansehnlich und erinnern insgesamt an frühere Konsolengenerationen. Dies sollte aber kein Grund sein, sich nicht auf das packende Spielerlebnis einzulassen.



Predator

Fazit von Kevin:

Packend, intensiv und absolut abgefahren. Song of Horror bietet genau das Horrorerlebnis, auf das Fans von Silent Hill und Resident Evil seit Jahren gewartet haben. Zwar ist die Story insgesamt etwas platt, dafür ist das Horrorerlebnis audiovisuell fantastisch umgesetzt worden und lässt mich als Spieler immer wieder in Schockstarre verfallen.

Die Möglichkeit, hinter jeder Ecke den Tod zu finden, sorgt für ordentlich Nervenkitzel und bietet darüber hinaus durch nicht geskriptete Begegnungen einen enormen Wiederspielwert. Hinzu kommen die äußerst kreativen und abwechslungsreichen Rätsel, die meinen Verstand nicht nur einmal auf die Probe gestellt haben. Folglich kann man über die kleinen Kinderkrankheiten, die das Spiel schon zum PC-Release im letzten Jahr hatte, hinwegsehen und sich der Atmosphäre am besten mit Headset in einem abgedunkelten Raum hingeben. Ich wette, ihr werdet schreien!

Besonders gut finde ich ...
  • abwechslungsreiche Locations
  • fordernde Rätsel
  • herrlich passender Soundtrack
  • gute Lichteffekte
  • Permadeathfunktion an/abschaltbar
  • nervenaufreibende Quick-Time-Events
Nicht so optimal ...
  • keine deutsche Sprachausgabe
  • kleinere Bugs
  • platte Story

Kevin hat Song of Horror auf der PlayStation 4 gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Raiser Games zur Verfügung gestellt.


Song of Horror - Boxart
  •  
  • Entwickler:Protocol Games
  • Publisher:Raiser Games
  • Genre:Horror-Adventure
  • Plattform:PC, PS4, Xbox One
  • Release:31.10.2019
    (PS4, Xbox One) 28.05.2021