inFamous 2 - Festival of Blood Review
Festival of Blood - Blutsauger-Spielchen in New Marais
Beantwortet mir dies: Wie viele Feste, an denen sich Erwachsene Menschen wie Idioten kleiden und benehmen, brauchen wir? Nach Antwort der Industrie scheinbar immer eins mehr, ansonsten ist nicht zu erklären, wieso Halloween auf einmal deutsches Volksfest wird. Pünktlich zum Fest - am 31. Oktober - kam inFAMOUS: Festival of Blood in den PSN Store, ein knapp 4 GB großes (hoffe, eure Internetleitung ist mächtig), Stand-Alone Spiel, basierend auf dem PS3 exklusiven inFAMOUS 2.
Die Story ist kurz und offensichtlich auch so nie passiert. Wir alle wissen, was in inFAMOUS 2 passiert ist. Es beginnt in Empire City, kurz nach dem Intro reist Cole nach New Marais, verbleibt die gesamte Zeit über dort und diese Geschehnisse finden im Rahmen der Geschichte nicht statt. Wir wissen, dass Cole schon vorher in New Marais war zwecks Klettertour, aber zu einem Zeitpunkt, als er noch keine Kräfte hatte. Und wer beide Enden von inFAMOUS 2 gesehen hat wird wissen, dass es aus sachlogischen Gründen nicht nach den Ereignissen in New Marais passiert sein konnte. Also, es geschah nicht vor inFAMOUS 2, nicht während und konnte nicht später geschehen, ergo, Zeke denkt sich was Lustiges aus. Was schadet es?
Die Story beschränkt sich auf "Töte Bloody Mary". Das war's. Mehr passiert nicht und mehr gibt es auch nicht zu sagen. Die Präsentation der bekannten Comicsequenzen bietet einige schöne Artworks und die Sprecher von Cole und Zeke sind erneut an Bord, wobei Zeke als Erzähler der Story deutlich stärker seinen Stempel aufdrückt. Für den einen oder anderen Lacher ist die Zecke immer wieder mal gut.
Wieso haben wir das mit der einen Nacht eingeführt?
Kann ich ihn nicht gleich zum Sklaven machen?
Früh im Spiel wird Cole gebissen und muss fortan als Untoter im Training agieren. Im Grunde spielt sich Festival of Blood wie inFAMOUS 2 in reduzierter Form. Ihr verfügt vom Start weg über alle Standardkräfte wie Bolt, Granaten und Raketen, Gleiten, Schweben und die Nahkampfmoves. Einige lassen sich durch Herausforderungen (vernichte 20 Vampire durch einen Pflock durchs Herz) einmalig erweitern, aber das volle Arsenal mit all seinen Variationen, Spezialmoves und den Eis-/Feuerkräften aus inFAMOUS 2 vermisst der Kenner. Ebenso seid ihr auf die orangenen (sprich bösen) Kräfte angewiesen, da Cole als Halb-Vampir dem Titel Demon of Empire City näher kommt als je zuvor. Neu ist die Fähigkeit, sich in einem Schwarm Fledermäuse zu verwandeln und so große Distanzen in Sekunden zurück legen zu können. Für diese Fähigkeit muss Cole allerdings Blut von Passanten saugen.
Die Tatsache, dass man als Quasi-Böser spielen muss ohne Wahlmöglichkeit stieß mir ein wenig auf, da ich meinen Cole immer als tragischen Helden ausgerichtet habe. Es macht sicherlich Sinn im Kontext der Geschichte (innerhalb einer Geschichte), aber gerade das Moralsystem war immer ein Teil der Reihe und ein inFAMOUS ohne diesen Aspekt fühlt sich schon recht leer an.
Das ist auch ein Punkt, den man dem ganzen Produkt anhaften kann. Festival of Blood ist extrem kurz. So kurz, dass das Spiel vorbei ist, bevor die PS3 in die zweite Lüfterstufe geschaltet hat. Das verfügbare Areal ist auf die erste Insel beschränkt, also keine Sümpfe und kein Industriegebiet. Inklusiver einiger Nebenaufgaben war ich in knapp zwei Stunden am Ende, bei Konzentration auf die Hauptmissionen dürfte das Spiel kaum eine volle Stunde halten. Die meisten Nebenaufgaben sind vom Typ Sammler, wobei einige Coles Spinnen-, pardon, Vampirsinn für eine Art Schnitzeljagd missbrauchen. Wer in GTA IV mit Begeisterung Tauben gesucht hat, könnte hier auf seine Kosten kommen, aber für den Rest bietet Festival of Blood relativ wenig.
Etwa die Hälfte der eigentlichen Hauptmissionen findet im Untergrund statt und besteht zum Großteil aus Kämpfen gegen drei verschiedene Gegnertypen, von denen insbesondere die hängenden Vampirschwestern mit den Uzis extrem nerven können. Den größten Erfolg brachte auf Grund des engen Areals oft der Nahkampf, welcher in inFAMOUS ja nun nicht als sonderlich tief bezeichnet werden kann.
Warum kann jeder Conduit teleportieren, nur Cole nicht?
Was die Kämpfe betrifft, so treffen hier einige Faktoren zusammen, die sie weniger spaßig machen als sie sein sollten. Cole klebt immer noch an jedem Objekt der Umgebung fest, was es schwer macht, ihn in engen Arealen da hin zu bewegen, wo er sein soll, sprich aus der Schusslinie. Das Problem wird dadurch intensiviert, dass die Gegner dazu neigen, sich hinter Cole zu teleportieren, was den Kämpfen schnell jeder Taktik beraubt.
Festival of Blood ist natürlich eigentlich nicht mit den Hauptspielen zu vergleichen. Zwei Vollpreis-Veröffentlichungen auf Disc mit je um die 20 Stunden Spielzeit gegenüber einem Download für knapp zehn Euro, da muss man seine Erwartungen anders setzen. Festival of Blood ist eine Zusatzmission im Universum von inFAMOUS, die sich aber einfach zu limitiert anfühlt. Missionsdesign, Fähigkeiten, Story, Moralsystem, überall fehlt einfach im Vergleich zu den richtigen Spielen etwas. Ich gehe soweit zu behaupten, dass sich im Hauptspiel von Usern erschaffene Nebenmissionen finden, die mehr Substanz bieten als Festival of Blood.
Fazit von Bart Wux:
Es ist fraglich, für wen Festival of Blood gedacht ist. Die Veröffentlichung als Stand-alone anstelle eines AddOn bedeutet, dass ein Besitz von inFAMOUS 2 nicht vonnöten ist, sodass auch diejenigen zugreifen können, die nie etwas mit der Reihe zu tun hatten (oder das Spiel nur ausgeliehen oder wieder verkauft haben). Wer sich jedoch trotz der überwiegend positiven Kritiken der beiden Hauptspiele bislang nicht dazu durchringen konnte, die beiden Titel zu spielen, dem dürfte ausgerechnet Festival of Blood nichts geben. Als Fan der Reihe fallen mir hingegen in erster Linie die Dinge auf, die ich an der Serie so liebe und die ich alle in Festival of Blood nicht mehr habe.
Im Kern ist Festival of Blood nie wirklich schlecht, verfehlt aber die ursprünglichen Stärken der Serie und bietet im Grunde nur sehr uninspirierte Gegner in sehr uninspirierten Arealen mit limitierten Kräften. Ein Preis von knapp zehn Euro klingt sicherlich attraktiv und als eingefleischter Fan der Reihe mag man versucht sein, auch diesem nicht ganz ernst gemeinten saisonalen Titel eine Chance zu geben.
Mir persönlich war das Gebotene im Endeffekt zu schmal. Wenn überhaupt hat Festival of Blood in mir nur die Lust erweckt, mal wieder das Hauptspiel zu genießen. Wer noch gar nichts mit inFAMOUS zu tun hatte, der sollte beim Erstling einsteigen und nur, wer in inFAMOUS 2 alle Missionen und sämtliche UCG Missionen gespielt hat und den es trotzdem nach mehr dürstet, der sollte den Download wagen. Zehn Euro für maximal zwei Stunden glorifizierte Fan-Fiction erscheinen mir nicht als bedenkenlos empfehlenswerter Deal.
- Gute Technik
- Stand alone
- Gewohnt gute Spielbarkeit
- Cole kann fliegen
- sehr kurz
- Nebenmissionen hauptsächlich Schnitzeljagden
- uninteressantes Missionsdesign
- wenig Kräfte
- kein Moralsystem mehr
Bart Wux hat inFamous 2 auf der PlayStation 3 gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Sony CEE zur Verfügung gestellt.
#1 | 17. November 2011 um 00:47 Uhr