Assassin's Creed: Revelations - Review

Fast genau ein Jahr ist es her, da durften wir das letzte Mal mit Meisterassassine Ezio Auditore da Firenze durch eine offene Welt bzw. Stadt streifen. Anfang November 2010 erschien Assassin's Creed: Brotherhood - und Mitte November 2011, also vor kurzer Zeit, wurde Assassin's Creed: Revelations veröffentlicht. Manch einer betitelte das Spiel im Voraus schon mal als Assassin's Creed 2.3, weil der richtige dritte Teil ja immer noch in weiter Entfernung liegt. Doch trotz aller Vorfreude auf die nächste Epoche, den nächsten Helden und die nächste Grafik-Engine lohnt es sich, einen Blick auf Revelations zu werfen - vor allem dann, wenn man sich für die Story interessiert. Denn gewissermaßen ist Revelations ein kleines großes Finale. Bedeutet das ein Happy End für unsere Lieblings-Assassinen Altair und Ezio?

Arrivederci, Italia! Neue Horizonte erwarten mich!



Die italienische Metropole Rom ist Schnee von gestern. In Assassin's Creed: Revelations verlassen wir den Schauplatz des Vorgängers und wenden uns neuen Gefilden und Gebieten zu. Es geht hinaus aus Italien! Das neue Ziel ist Konstantinopel, die Hauptstadt der Türkei, in der fünf Masyaf-Schlüssel versteckt sind, welche Ezios Vorfahre und Assassin's-Creed-1-Protagonist Altair dort zurückgelassen hat. Mit allen fünf Schlüsseln lässt sich in Masyaf das Tor zu Altairs geheimer Bibliothek öffnen - ein Ort, für den sich nicht nur Ezio Auditore da Firenze interessiert, sondern auch die Templer. Wie in jedem Serienteil haben auch die wieder ihre Finger im Spiel und mischen sich in unsere Angelegenheiten ein. Es erwartet euch also im Kern ein Assassin's Creed, wie man es kennt und gern hat. Doch sowohl für Neulinge als auch Kenner der letzten Ableger stellt sich zunächst einmal die Frage, wieso man überhaupt in der Renaissance unterwegs ist. Was ist geschehen? Ist Desmond etwa wieder im Animus? Oder ist die Desmond-Geschichte in Revelations egal und das Spielgeschehen wurde komplett in die Vergangenheit verlagert? Keine Angst: Das Spiel liefert auf fast alle Fragen eine Antwort. Fast alle.

Assassin's Creed: Revelations


Gefangen zwischen Raum und Zeit ...



Nach dem verhängnisvollen Cliffhanger-Ende von Assassin's Creed: Brotherhood ist Desmond in ein tiefes Koma gefallen und nur der Animus ist noch in der Lage, seinen Verstand irgendwie zusammenzuhalten. Die Handlung, die in der Gegenwart spielt, ist in Revelations daher nur von geringer Bedeutung, da Desmond selbst ja nicht weiß, was um ihn herum geschieht. Die komplette Zeit des Spiels verbringt man somit im Animus. Dort spielt man entweder Desmond auf der sogenannten Animus-Insel, Ezio in Konstantinopel oder Altair im Hochmittelalter um 1250. Assassin's Creed: Revelations handelt also auf drei unterschiedlichen Zeitebenen. Trotzdem braucht ihr keine Angst haben, irgendwie von der Geschichte verwirrt zu werden, da die Handlungsstränge zwar parallel zueinander ablaufen, aber gut erklärt und inszeniert werden. Und natürlich wartet am Ende, wie es sich für ein Assassin's Creed gehört, ein fieser Cliffhanger - dieses Mal nach meinem Empfinden sogar noch fieser und gleichzeitig verlockender als in Assassin's Creed: Brotherhood. Ich kann es kaum erwarten, zu sehen, wie es in Assassin's Creed III weitergeht, auch darum, weil weitere Fragen aufgekommen sind. Die meisten Fragen, die man sich als Serienfan stellt, werden in Revelations dennoch beantwortet. Ezios und Altairs Geschichten sind nun abgeschlossen und wurden zu einem überzeugenden Ende geführt.

Die meiste Zeit im neuesten Assassin's Creed verbringt man mit Ezio in Konstantinopel. Ich war anfangs wirklich überrascht, wie alt der Kerl doch mittlerweile geworden ist: Mitte 60, grauer Bart, Falten - und trotzdem hat er es immer noch drauf, wenn es um das Erklettern von riesigen Festungen und Türmen, das brachiale Erledigen von Gegnern, das heimliche Töten von chancenlosen Opfern oder das Becircen von Frauen geht. In Revelations trifft man auf die jüngere Italienerin Sofia, die Ezio nicht nur bald sehr nahe steht, sondern ihm auch bei seiner Mission hilft. Die Charaktere sind im neuesten Serienableger ohnehin mal wieder schön und glaubwürdig ausgearbeitet und zeichnen sich durch persönliche Eigenschaften aus. Auch grafisch hat Ubisoft hier etwas gearbeitet, weshalb die wichtigen Personen dank aufwendiger Mimik und vielen Details sehr lebendig wirken und Erinnerungen an L.A. Noire wecken. Die NPCs dagegen scheinen immer noch der Puppenkiste entnommen zu sein, auch wenn das keinen großen Kritikpunkt darstellt. Festhalten kann man jedenfalls, dass Assassin's Creed: Revelations erzählerisch und inszenatorisch das bisher beste Spiel der Serie darstellt. Der WOW!-Effekt von Teil 2 ist allerdings mittlerweile geschwunden. Ich fühlte mich zu sehr daheim und nicht mehr wie in einem gänzlich neuen Abenteuer. Langsam wird es eben Zeit für einen neuen Helden und eine neue Epoche.

Assassin's Creed: Revelations


Neues und Altes: Sind Assassin's Creed und Ezio gut gereift?



Doch bis zu diesem Zeitpunkt sollte jeder Hobby-Assassine erst einmal Revelations genießen, denn genau wie seine direkten Vorgänger hat es auch dieses Abenteuer gewaltig in sich. Wie ich bereits oben erwähnt habe, fehlte mir zwar das gewisse Etwas, diese frische Prise Kreativität und Mut zum Risiko - es mangelt Revelations nicht am Spielspaßfaktor und Unterhaltungswert, sondern schlicht und ergreifend am Gefühl des Einzigartigen -, aber insgesamt ist auch dieses Spiel ein richtig gutes, das ich gerne und lange gespielt habe. Wenn ich könnte, würde ich direkt wieder in das damalige Konstantinopel abtauchen und weitere Abenteuer mit Ezio Auditore erleben, doch leider habe ich die Story bereits beendet. Mit der hatte ich auf jeden Fall erfreulich viel Spaß. Ich bin riesige Türme hochgeklettert, habe 22 Aussichtspunkte erklommen und synchronisiert, eine Vielzahl an Templer-Festen eingenommen und manche auch via eines Tower-Defense-ähnlichen Minispiels namens Den Defense wieder verteidigt - in diesem Video könnt ihr euch einen Eindruck davon verschaffen -, ich habe zahllose Neben- und Mainquests absolviert, meine Assassinen auf die weite Reise in ferne Städte entsandt, meine Ausrüstung verbessert und neue Waffen erworben, meine Kleidung umgestaltet, Herolde bestochen, Bomben hergestellt und geworfen und natürlich habe ich verdammt oft gekämpft - gegen einzelne Feinde oder ganze Gruppen von Soldaten. Es gibt eben viel zu tun in Istanbul.

Sicher, das meiste davon kennt man exakt so bereits aus den vorhergegangenen Teilen, und darum stellt sich sehr schnell eine Art "Zuhause-Gefühl" ein. Ich wusste von der ersten Sekunde an, wie ich vorgehen muss, was es zu tun gibt und wie ich es mache. Die Steuerung beherrschen Kenner wieder sofort ohne größere Probleme, das heimliche Ausschalten dürfte für die meisten von uns ein Klacks sein und auch das Verwalten der Bruderschaft läuft nach dem gleichen Schema ab wie in Assassin's Creed: Brotherhood. Selbst das technische Grundgerüst ist das gleiche: Die Engine wurde zwar gegenüber den Vorgängern leicht aufgemotzt, aber noch immer findet man alte Schwächen wie massives Tearing auf Konsolen, gelegentliche Pop-Ups und ein paar sehr seltsam anmutende Animationen vor. Mit dem nächsten Teil wird es endgültig Zeit, auf eine neue Engine umzusteigen - trotzdem sieht auch Revelations wieder sehr schön aus. Im Grunde handelt es sich bei Revelations also um ein neues Abenteuer in einer bekannten Verpackung, der lediglich kleine, aber feine Zusatzstoffe hinzugegeben wurden. Die Hakenklinge beispielsweise ist ein neues Allzweckwerkzeug, das in Kämpfen hilft, das Klettern beschleunigt und die Möglichkeit eröffnet, an Seilen entlangzurutschen. Bomben lassen sich in allerlei Variationen herstellen und einsetzen. Ist das revolutionär? Natürlich nicht. Aber es erweitert die Spielmechanik dezent um ansprechende, frische Elemente, die sich perfekt ins Gesamtbild einfügen.

Assassin's Creed: Revelations


Italien oder Türkei, Rom oder Konstantinopel - wo ist da der Unterschied?



Wenn sich die spielerischen Änderungen schon in Grenzen halten, dann rücken wir eben den Schauplatz in den Mittelpunkt - das hat sich Ubisoft wohl bei Assassin's Creed: Revelations gedacht und in diesem Trailer die neue Stadt Konstantinopel en detaille vorgestellt. Und tatsächlich: Konstantinopel sieht verdammt schön aus! Es beeindruckt mit einer einzigartigen Architektur, einem großen Palastkomplex, zahlreichen riesigen Türmen und einer lebendigen Atmosphäre. Die Frauen tragen Schleier, die Männer Turbane. Auch die Byzanthiner spielen eine Rolle in der Geschichte von Revelations, während die Privatarmee des Sultans, die Janitscharen, in der Stadt patroullieren und für Recht und Ordnung sorgen. Ja, selbst der Sultan Suleyman hat einen Auftritt und ist für den Verlauf der Handlung von Bedeutung. Konstantinopel ist umwerfend schön designt - aber dennoch werde ich das Gefühl nicht los, dass zu vieles an Rom erinnert. Revelations bietet zwar einen neuen Schauplatz, architektonisch und spielerisch gibt es aber zu wenige Unterschiede gegenüber der italienischen Metropole. Während sich Venedig in Assassin's Creed II beispielsweise durch die Kanäle und Gondeln nicht nur optisch, sondern auch spielerisch auszeichnete, fehlt Konstantinopel genau diese Eigenschaft. Es fehlen spielerische Möglichkeiten, die es nur dort gibt und sonst nirgends. Aber trotz aller Kritik: Der Schauplatz gehört zu den größten Stärken dieses Abenteuers. Nur wenige offene Welten können heutzutage so faszinieren.

Dass ich so von der Atmosphäre dieses Spiels mitgerissen wurde, liegt natürlich auch wieder einmal am wundervollen Soundtrack. Jesper Kyd hat erneut seine Talente als Komponist bewiesen: bezaubernde, friedliche Melodien begleiten das alltägliche Leben in Konstantinopel, während dramatische Momenten mit einer ebenso dramatischen Musik untermalt werden. Und auch die deutsche Sprachausgabe ist mehr als nur gelungen und sogar recht lippensynchron - klasse! Wer möchte, kann trotzdem auf die englische Variante schalten, welche nochmal ein ganzes Stückchen besser klingt. Untertitel gibt es natürlich auch.

Acht Assassinen, ein Kampf: Multiplayermeucheln 1.5



Nach dem großen Erfolg und dem überaus guten Feedback seitens Presse und Spielern ist es wenig verwunderlich, dass auch der Online-Multiplayermodus, der in Assassin's Creed: Brotherhood Premiere feierte, wieder mit von der Partie ist. Wer die internationale Bühne betritt, nachdem er den Online-Pass eingelöst hat (Kommentar dazu: siehe hier), der wird auch sogleich feststellen, dass Ubisoft hier doch einiges an Arbeit geleistet hat, um das Erlebnis zu verfeinern. So gibt es nun satte zehn Spielmodi, darunter natürlich wieder das klassische Deathmatch. Auf neun verschiedenen Karten kann man mit einem der zahllosen Charaktermodelle sein Glück versuchen und erneut in das gelungene Multiplayer-Erlebnis eintauchen, das mich schon in Brotherhood überzeugen konnte. Außerdem gibt es jetzt ein umfangreiches Rangsystem sowie eine überarbeitete Menüführung und sogar einen kleinen erzählerischen Rahmen, der zwar nicht begeistert, aber das Konzept wenigstens passabel erklärt. Der Multiplayer wird dadurch zwar nicht revolutioniert, aber - wie auch das Hauptspiel - sinnvoll verbessert. Ubisoft dreht eben nur an kleinen Schrauben, erzielt dadurch aber ein gutes Resultat.




Tim

Fazit von Tim:

Aus und vorbei - es gibt kein weiteres Assassin's Creed mit Ezio und Altair! Assassin's Creed: Revelations beendet zwar nicht die spannende Desmond-Geschichte, aber sie führt die Handlungsstränge der beiden Assassinen zu einem überzeugenden und befriedigenden Ende. Ich hatte wirklich das Gefühl, ein kleines Finale zu erleben, obwohl mir der Abspann eher den Eindruck vermittelt hat, dass es jetzt erst richtig losgeht. Revelations ist ein tolles Spiel, das mich lange und sehr gut unterhalten hat. Langsam wird es aber dennoch Zeit, auf eine neue Engine umzusteigen und in eine neue Epoche einzutauchen: Noch ein Spiel in der Renaissance würde mich enttäuschen. Keine Frage, Konstantinopel sieht wunderschön aus und die Spielmechanik zündet nach wie vor. Ich wünsche mir aber für Assassin's Creed III einen spielerischen, inhaltlichen und technischen Fortschritt. Revelations ist allerdings trotz dieser kleinen Kritik ein faszinierendes, sehr gut spielbares und erzählerisch überraschend starkes Action-Adventure, das die Ezio-Trilogie würdig abschließt. Nach anfänglicher Skepsis hat es mich schließlich doch noch gepackt. Ezio - Requiescat in Pace.

Assassin's Creed: Revelations führt die Geschichten von Altair und Ezio zu einem überzeugenden Ende und leitete gleichzeitig bereits das große Finale von Teil III ein. Für das nächste Spiel sind spielerische und technische Fortschritte allerdings Pflicht!

Besonders gut finde ich ...
  • offenes, wunderschönes Konstantinopel
  • Ezio, Altair und Desmond sind spielbar
  • bekanntes Gameplay sinnvoll erweitert
  • erzählerisch sehr gute Inszenierung
  • Hakenklinge sorgt für frischen Wind
  • unterhaltsames Tower-Defense-Minispiel
  • wieder einmal sehr guter Soundtrack
  • verfeinerter Multiplayermodus mit dabei
  • PS3-Version enthält Assassin's Creed
Nicht so optimal ...
  • teils herbe technische Schwächen (Tearing, Pop-Ups, Animationen)
  • Stadt erinnert zu sehr an Rom
  • Wow-Effekt ist etwas geschwunden
  • langsam spannungsarmes Kampfsystem
  • Online-Pass für Multiplayer nötig

Tim hat Assassin's Creed: Revelations auf der PlayStation 3 gespielt.
Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Ubisoft zur Verfügung gestellt.

Assassin's Creed: Revelations - Boxart
  •  
  • Entwickler:Ubisoft Montreal
  • Publisher:Ubisoft
  • Genre:Action-Adventure
  • Plattform:PC, PS3, Xbox360
  • Release:15.11.2011
    (PC) 01.12.2011

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Kommentare & Likes

Deine Meinung ist gefragt.
  • DarkRaziel
    #1 | 2. Dezember 2011 um 18:59 Uhr
    Habe hier zu Hause noch Assassin's Creed: Brotherhood und auch Assassin's Creed: Revelations liegen, aber noch nicht Geschaft wegen meinen Schichtsystem in der Xbox360 seine Runden drehen zu lassen.
    Denn ich habe Teil Zwei noch nicht ganz durch und um die volle Geschichte zu erfahren lasse ich sie Liegen. Ein Verfallsdatum gibt es ja nicht bei Games   
  • Darius
    #2 | 5. Dezember 2011 um 21:38 Uhr
    Och menno, die Ezio-Serie ist schon fertig und ich hab erst den ersten Teil gespielt (noch nicht mal fertig), aber alle Teile da - glaube, da muss was passieren      

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